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Bucknerfest-Eröffnung mit einem Plädoyer für Demokratie

Heute, 11:20 · Lesedauer 4 min

In Linz ist am Sonntag das Internationale Brucknerfest mit einem Festakt offiziell eröffnet worden. Festrednerin Jagoda Marinić widmete sich ebenso wie Wissenschaftsministerin Eva-Maria Holzleitner (SPÖ), Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) und Bürgermeister Dietmar Prammer (SPÖ) der Wehrhaftigkeit der Demokratie. "Resilienz und Reflexionsfähigkeit" seien wesentlicher Baustein, so die Ministerin. Ebenso forderten alle ein Miteinander ein.

Ausgangspunkt für eine offene Gesellschaft und eine liberale Demokratie sei die Freiheit. Freiheit von Kunst, Kultur und Wissenschaft sei aber kein Selbstzweck, verwies Holzleitner auf "die Grundreglements der Ethik, des Vertretbaren und des Zulässigen, die Teil eines gesellschaftlichen Aushandlungsprozesses" seien. Er basiere auf einem breiten Konsens und einer fairen Debatte. Angriffe durch politisch radikalisierte Ideologie gelte es daher immer abzuwehren.

"Demokratie ist ein lebendiger Organismus, alle müssen gehört werden und Dissonanzen rechtzeitig beseitigt werden", sagte auch der Landeshauptmann. Kultur zeige, "wie ein Miteinander geschaffen werden kann". Denn: "Der Zusammenhalt macht ein Land stark." Aber es benötige auch Bilder von einer Zukunft und dazu gehöre für Stelzer die Künstliche Intelligenz (KI). Sie habe "aber keine Seele und muss daher Werkzeug sein", rief er auf, das Instrument zu nutzen.

Bürgermeister Dietmar Prammer (SPÖ) warnte indes vor der Macht der "Digital-Konzerne", deren Bestreben es sei, dass "wir uns in sozialen Medien unschöne Dinge an den Kopf werfen: Denn Feindschaft bringt mehr Profit als Freundschaft". Er appellierte daher, zu versuchen, einander zu verstehen. Dies erfordere einen Perspektivenwechsel. Die Kunst etwa nehme die unterschiedlichsten Blickwinkel ein und habe daher eine "fundamentale Bedeutung für die Demokratie", knüpfte er eine Verbindung zur Festrede von Marinić.

Plädoyer für Demokratie

Die Schriftstellerin, Publizistin und Podcasterin Jagoda Marinić hielt in ihrer Festrede ein Plädoyer für die Demokratie, die sich angesichts des "Wiedererstarkens autoritärer Kräfte" in der realen Welt sowie der "Manipulation" in der digitalen Welt zu Wehr setzen müsse. Sie richtete damit auch einen Weckruf an die Gesellschaft: "Es muss etwas Größeres geben als die Resignation."

Damit Demokratien entstehen und leben können, brauche es Visionen. Durch ein Fehlen guter Ideen und aufrichtiger Versprechen als "Motor der Demokratie" sei in den vergangenen Jahren "ein ausgehöhlter Raum mit Unversprechen" von Reaktionären entstanden, erklärte sie das Erstarken von Donald Trump und seinen "digitalen Bros", den "Broligarchen" Elon Musk oder Jeff Bezos.

Dagegenreden stärke paradoxerweise Rechtsaußen

Auch reines Reden gegen Rechtsaußenbewegungen, so habe sich gezeigt, sei nicht nur zu wenig, im Gegenteil, durch ein Dagegenreden würden paradoxerweise diese Kräfte gestärkt, da deren Standpunkte ständig wiederholt würden. Marinić sieht als eine mögliche Antwort darauf die "sanfte Radikalität" als eine Haltung, die radikal für die demokratischen Werte stehe, aber sanft im Umgang miteinander sei. Es gelte wieder "visionäre Bilder in eine Gesellschaft hineinzutragen", die "radikal besser sein könnten, als das, was heute ist", meinte sie. Anton Bruckner, Namensgeber des Festivals, anlässlich dessen sie ihre Rede hielt, habe mit seiner Musik gezeigt, dass es gehe, "über das Alltägliche hinaus" zu blicken: "Wir müssen es wagen, zu sehen, was noch nicht ist", ermutigte sie nicht nur die Gäste im Großen Saal des Brucknerhauses.

Musikalisch gestaltet wurde der Festakt vom Oberösterreichischen Jugendsinfonieorchester unter der Leitung von Katharina Wincor. Es hatte neben Kompositionen des Namensgebers sowie von Richard Strauss, Gustav Mahler und Arnold Schönberg auch Musik jener Komponistin auf dem Programm, die 1997 als erste Frau einen Oscar für Filmmusik gewann: Rachel Portmans "Endangered". Das Klassik-Festival, das mit Bruckners Geburtstag am 4. September beginnt und mit seinem Todestag am 11. Oktober endet, hat sich mit dem Motto "Augen auf, Musik! Klänge sehen - Bilder hören" neu positioniert und bespielt neue Orte in der Stadt. Es spannt den Bogen von Symphonien bis hin zu Filmmusik.

Zusammenfassung
  • Festrednerin Jagoda Marinić rief angesichts des Wiedererstarkens autoritärer Kräfte und digitaler Manipulation zu einer "sanften Radikalität" und zu visionären Ideen als Motor für die Demokratie auf.