APA/Belvedere/Salvador Dalí,Fundació Gala-Salvador Dalí / Bildrecht,Wien 2022 / Photo White Images/Scala,Florence

Belvedere zeigt Einfluss Freuds auf Dalís Bildsprache

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Salvador Dalí und Sigmund Freud - eine Paarung, die alles andere als naheliegend scheint. Hier der exzentrische Surrealist aus Spanien, dort der Vater der Psychoanalyse aus Wien. Doch Dalí (1904-1989) war in jungen Jahren geradezu besessen von Freud (1856-1939), fand auch durch dessen "Traumdeutung" zu seiner typischen Ikonografie und schaffe es schließlich sogar, seinen Mentor in London zu treffen, wie man in der spannenden "Ausstellung "Dalí - Freud. Eine Obsession" lernt.

"Die Story ist wirklich gut", meinte Belvedere-Generaldirektorin Stella Rollig am Donnerstag in einer Pressekonferenz: "Dalí ist ein Künstler, den die ganze Welt zu kennen meint. Wir nehmen mit dieser Ausstellung seine frühen Jahren unter die Lupe und zeigen, wie er zu diesem Künstler wurde." In fünf chronologisch geordneten Kapiteln mit insgesamt knapp 100 Exponaten spannt die in der Orangerie im Unteren Belvedere angesiedelte Schau, die nach einem Soft-Opening am Freitag dann am kommenden Montagabend noch offiziell vom spanischen Königspaar Felipe VI. und Letizia in Begleitung von Bundespräsident Alexander Van der Bellen eröffnet wird, einen zeitlichen Bogen von Dalís Kindheit bis zur Begegnung mit Freud 1938, ein Jahr vor dessen Tod, in London.

Es sei belegt, dass Dalí sich spätestens ab 1926 mit Freuds drei Jahre zuvor ins Spanische übersetzten Schriften und insbesondere der "Traumdeutung" beschäftigt habe, sagte Kurator Jaime Brihuega: "Diese Lektüre war so bedeutend, weil sie eine Pforte geöffnet hat. Er war erleichtert, dass er mit seinen Neurosen nicht alleine war und fand nun eine Legitimation, sich zu seinem Bilderkosmos im Kopf auch zu bekennen." Das Gemälde "Das düstere Spiel" (1929) - laut Brihuega eines der Highlights der Ausstellung - sei ein Beispiel jener frühen Arbeiten, in denen Anspielungen auf unterdrückte Begierden, sexuelle Frustrationen oder die Angst vor der Überschreitung von Tabus ihren Niederschlag finden.

Unter dem Einfluss von Freuds Theorien und den Begegnungen mit den Surrealisten und zuvor mit Strömungen wie dem Kubismus, dem Futurismus oder der Neuen Sachlichkeit legte Dalí die Grundbegriffe seiner typischen Bildsprache. "Schlafende Frau in der Landschaft", "Die Einsamkeit" oder "Reue. Sphinx im Sand begraben", alle aus 1931, zeugen von einer Stimmung von Verlassenheit und damit von einer psychisch labilen Lage des Künstlers, der in "komplexe Familienverhältnisse" hineingeboren worden sei, wie der Kurator erklärte, und von seinem Vater verstoßen wurde.

Mitte der 1930er-Jahre entwickelte Dalí schließlich seine - in der Ausstellung ebenfalls genau beleuchtete - "paranoisch-kritische Methode". Sie geht davon aus, dass der jeweilige Bildeindruck, den der Betrachter hat, durch den Einfluss eines irrationalen Moments geprägt wird und er so gewissermaßen nur das sieht, was er sehen will. In der Praxis setzt Dalí dafür Kippbilder ein: Je nachdem, welches Bildmotiv fokussiert wird, stellen sie Verschiedenes dar - etwa in "Schwäne spiegeln Elefanten wider" (1937).

Dalí wollte Freud seine Theorie unbedingt vorstellen und reiste 1937 in der Hoffnung auf ein Treffen nach Wien. Vergeblich. Doch Brihuega hat die - wie er selbst sagt - unbelegte Vermutung, dass der Maler zumindest die Antiquitätensammlung in der Wohnung seines Mentors besichtigt haben könnte. Als Indiz zeigt das Belvedere eine antike Bronzefigur - eine Leihgabe des Freud Museums in London - einer Hand, die ein Ei hält. Daneben ist Dalís aus 1937 stammende Vorstudie zu seinem Gemälde "Metamorphose des Narziss" ausgestellt, die tatsächlich frappante Ähnlichkeit mit dem römischen Original aufweist.

Zum tatsächlichen einzigen Aufeinandertreffen der beiden kam es schließlich auf Vermittlung von Stefan Zweig und des Mäzens Edward James am 19. Juli 1938, als Freud bereits ins Londoner Exil geflohen war. "Dalí wollte unbedingt Anerkennung für seine 'paranoisch-kritische Methode', aber die hat Freud wenig interessiert", berichtete der Kurator. Schon eher spannend habe er die "Metamorphose"-Skizze gefunden, die der Künstler ebenfalls dabei hatte. Und Dalí konnte Freud, der das "fanatische Temperament" seines Besuchers faszinierend fand, immerhin vom Surrealismus überzeugt. Diesem sei der Vater der Psychoanalyse immer skeptisch gegenüber gestanden, Dalí habe ihn eines Besseren belehrt, teilte Freud Zweig im Anschluss in einem Brief mit. Sein langjähriger Fan wird sich wohl sehr darüber gefreut haben, sollte er je davon erfahren haben.

(S E R V I C E - Dalí - Freud. Eine Obsession" im Unteren Belvedere, Orangerie, ab Freitag und bis 29. Mai, offizielle Eröffnung durch das spanische Königspaar am 31. Jänner, www.belvedere.at)

ribbon Zusammenfassung
  • Salvador Dalí und Sigmund Freud - eine Paarung, die alles andere als naheliegend scheint.
  • Hier der exzentrische Surrealist aus Spanien, dort der Vater der Psychoanalyse aus Wien.