Ballett im Nest erspürt Walzerkönig Strauss im Jahr 2225
Basis für das einstündige Ballett des kanadischen Choreografen Robert Binet sind eigens von Autorinnen und Autoren angeforderte Texte über eine Welt im Jahr 2225. Darauf aufbauend wurden junge Komponistinnen und Komponisten beauftragt, Neukompositionen anzufertigen, die Walzerkönig Strauss in der Zukunft denken.
"Ich bin mir sicher, dass sie (Anm. die Menschen) zum ersten Mal gemeinsam Musik machten, indem sie einfach mit ihren Händen eine Art Rhythmus erzeugten", heißt es im Libretto zum ersten Teil, auf Basis dessen Gity Razaz das Streichquartett "Crossroads" schuf und sich dabei vom Walzer "Wo die Zitronen blühen" inspirieren ließ. Die insgesamt zwölf Tänzerinnen und Tänzer der Jugendkompanie der Ballettakademie klopfen sich immer wieder auf die Brust, lassen ihr Herz den Takt vorgeben, während das Stück zusehends an Fahrt aufnimmt, aber nicht zwingend an das Jahr 2225 denken lässt.
Das gilt auch für den zweiten, mit "Blind Colors" von Annamaria Kowalsky für ein Streichquintett unterlegten Teil, der das junge Ensemble des Wiener Staatsballetts klassische und zeitgenössische Elemente verweben lässt. Dabei stecken sie - für den ganzen Abend - in hautengen, unterschiedlich bunten Kostümen mit Auslassungen und manch glitzernder Stelle, was mitunter an eine Körperwelten-Ausstellung erinnert.
Spiegelspiele und ein geisterhafter Kuss
Zum Anfang der zweiten Hälfte räumen die Musiker unter Leitung von Dan K. Kurland vorübergehend die Bühne. Elektronische Klänge von Gediminas Zygus übernehmen das Kommando und vermitteln mal industriell-stampfend, mal fast wie im Club, mal atmosphärisch kalt erstmals eine Ahnung von der Zukunft. Auf der Bühne ist für schöne Spiegelspiele gesorgt - inklusive geisterhaftem Kuss, der auch ein zärtlicher Gruß von Strauss selbst sein könnte, wabern seine Melodien doch verzerrt durch den Raum.
Zum Abschluss wird über die Klimakrise und eine anschließende Rückkehr zu einem Leben im Einklang mit der Natur sinniert. Die Tänzerinnen und Tänzer finden sich in einem von der Decke hängenden Meer aus Pflanzen wieder. Elektronische und akustische Klänge sind in einem Streichquartett von Claire M Singer nun vereint. Melancholisch-schön schwillt das Stück immer weiter an, während auf der Bühne ein herausragender Pas de deux geboten wird, der sich klar zum emotionalen Höhepunkt des Abends aufschwingt.
Lautstarker Applaus
Empfohlen ist "Strauss 2225: Dances for the Future" für ein Publikum ab zehn Jahren. Abseits der jugendlichen Energie der Tänzerinnen und Tänzer, die etliche Gelegenheiten nutzen, ihr Talent unter Beweis zu stellen, merkt man dem Ballett aber kaum einen speziellen Anstrich für junges Publikum an. Ein kurzweiliger Abend, der speziell mit der zweiten Hälfte zu punkten weiß. Das Premierenpublikum spendete lautstarken Applaus.
(Von Lukas Wodicka/APA)
(S E R V I C E - "Strauss 2225: Dances for the Future" von Robert Binet im Nest. In Kooperation mit dem Strauss-Festjahr. Musikalische Leitung: Dan K. Kurland, Choreografie: Robert Binet, Komposition: Annamaria Kowalsky, Gity Razaz, Claire M. Singer, Gediminas Zygus. Karlsplatz 5, 1010 Wien. Weitere Aufführungen am 12., 14., 16., 17., 18., 23., 24., 25. und 26. Oktober. www.nest.at)
Zusammenfassung
- Das Ballett 'Strauss 2225: Dances for the Future' wurde anlässlich des 200. Geburtstags von Johann Strauss am Freitag im Nest uraufgeführt und blickt 200 Jahre in die Zukunft.
- Zwölf junge Tänzerinnen und Tänzer der Ballettakademie interpretierten in vier Teilen mit Streichquartett, Streichquintett und elektronischen Klängen Zukunftsvisionen, darunter Themen wie Klimakrise und Rückkehr zur Natur.
- Das Premierenpublikum spendete lautstarken Applaus, weitere Aufführungen finden an neun Terminen im Oktober statt und das Stück ist für Besucher ab zehn Jahren empfohlen.