APA/Wolfgang Huber-Lang

Ausstellung der Biennale-Künstlerin Anna Jermolaewa in Wien

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Anna Jermolaewa hat sich keine Pause gegönnt. Drei Wochen nach der Eröffnung des von ihr bespielten Österreich-Pavillons auf der Kunstbiennale in Venedig präsentierte sie gestern, Dienstag, in ihrer Wiener Ausstellung "Assemblé" in den Räumen von Phileas am Opernring keineswegs nur Ergänzungen zu der dort gezeigten Installation "Rehearsal for Swan Lake", sondern auch eine ganz neue Videoarbeit, die erst vor wenigen Tagen in Paris entstanden ist.

Dafür hat sie jene mittlerweile in der französischen Hauptstadt lebende Polin, die ihr 1989 geholfen hatte, ihre Flucht aus der Sowjetunion zu organisieren und zu finanzieren, wiedergetroffen. "Alexandra Wysokinska/20 Jahre danach" heißt ein 2009 entstandenes Video eines ersten Treffens. Dieses habe sie zum 35. Jahrestag ihrer Flucht mit neuen Eindrücken ergänzen wollen und sei daher direkt von Venedig nach Paris geflogen, erzählte Jermolaewa im Gespräch mit der APA. Die beiden Videos werden in der Ausstellung auf nebeneinander aufgestellten Screens gezeigt. Wie emotional die Wiederbegegnung war, wird schon in dem Moment klar, als sich die Wohnungstür vor der mit einem Blumensträußchen erschienenen Künstlerin öffnet. Die beiden Frauen fallen einander in die Arme und versichern einander: "Du hast Dich überhaupt nicht verändert!"

Für Gabriele Spindler, die diesjährige Kuratorin des Österreich-Auftritts in Venedig, ist das Video Teil einer Trilogie, die sich mit Jermolaewas Fluchterfahrungen befasst. Im Hof des Hoffmann-Pavillons sind Telefonzellen aus dem Flüchtlingslager Traiskirchen aufgestellt, von denen aus sie damals Kontakt mit ihrer Familie hielt, und in der Videoarbeit "Research for Sleeping Positions" fühlt sie ihre ersten Wiener Nächte auf Westbahnhof-Bänken nach. Bei Phileas sind nun Zeichnungen dazu zu sehen.

Auch die für Venedig neu erarbeitete Installation "Rehearsal for Swan Lake" wird in Wien nun ergänzt - mit 180 während der Proben entstandenen Polaroids, einem Klavierauszug, Keramik-Figurinen und Zeichnungen der Tänzerinnen, die nicht nur Phileas-Chef Jasper Sharp an Edgar Degas erinnern. Auch die ukrainische Balletttänzerin und Choreografin Oksana Serheieva, die in den Eröffnungstagen der Biennale täglich drei Performances gab und bis Biennale-Ende immer wieder für Live-Auftritte nach Venedig kommen wird, zeigte bei der gestrigen Vernissage eine Kostprobe ihrer "Schwanensee"-Interpretation. Und schließlich haben auch einige der in ihrer Installation "Ribs" gezeigten, in der Sowjetunion für Plattenaufnahmen illegaler West-Musik umfunktionierten Röntgenbilder, per Diplomatenpost den Weg nach Wien gefunden.

Jermolaewa berichtete von großartiger Aufnahme ihrer Arbeit in Venedig und unzähligen Gesprächen mit Besuchern. "Ich bin aus dem Reden gar nicht mehr herausgekommen. Und zuletzt hat mich auch meine Linzer Uni-Klasse besucht", erzählte die Professorin für Experimentelle Gestaltung an der Linzer Kunstuniversität. Am 14. Mai und am 18. Juni (jeweils um 18 Uhr) gestalten aktuelle und ehemalige Studierende zwei vom Künstler Christian Kosmas Mayer kuratierte Abende, die als "eine lebendige Mischung aus Konzerten, Performances und Videos" angekündigt werden.

Und noch etwas hat Anna Jermolaewa für die bis 14. September geöffnete Ausstellung aus Venedig mitgebracht: In der Glaswerkstatt von Adriano Berengo wurden zehn ihrer 2021 entstandenen Aquarelle "Famous Pigeons" zu kleinen gläsernen Tauben-Skulpturen verarbeitet, die sich unauffällig und stubenrein im Ausstellungsraum verteilen. Sie wolle das "gesellschaftliche Bild der Tauben" ein wenig verbessern, meint Jermolaewa. Kunst mit Engagement und Humor eben.

(S E R V I C E - "Anna Jermolaewa: Assemblé", Ausstellung bei Phileas - The Austrian Office for Contemporary Art, Wien 1, Opernring 17, 8. Mai bis 14. September, Dienstag - Freitag 11 - 17 Uhr und Samstag 11 - 15 Uhr)

ribbon Zusammenfassung
  • Anna Jermolaewa eröffnete ihre neue Ausstellung 'Assemblé' bei Phileas in Wien, nur drei Wochen nach ihrer Teilnahme an der Kunstbiennale in Venedig.
  • Die Ausstellung präsentiert eine neue Videoarbeit und ergänzt ihre Biennale-Installation 'Rehearsal for Swan Lake' mit 180 Polaroids und Keramik-Figurinen.
  • 'Assemblé' ist bis zum 14. September in der Phileas-Galerie, Opernring 17, geöffnet; Öffnungszeiten sind Dienstag bis Freitag von 11 bis 17 Uhr und Samstag von 11 bis 15 Uhr.

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