ATV-Sendung "Geschäft mit der Liebe" verletzte Menschenwürde
Mit dem Reality-TV-Format "Das Geschäft mit der Liebe" zeigt ATV Singles, die zumeist im Ausland nach intimen Beziehungen suchen. Besagte Folge war lediglich von 19. bis 23. März online abrufbar. Denn es kam zu lauter Kritik - auch vonseiten der Politik -, wonach es sich um "frauchenverachtenden Müll" und eine "Verharmlosung von Rape-Culture" handle. ATV reagierte darauf und nahm die Folge offline, da "die Qualitätskontrolle versagt" habe. Auch wurde die 11. Staffel ausgesetzt und später in überarbeiteter Form wieder ausgestrahlt.
In der Folge war neben einer Wortwahl aus der untersten Schublade u.a. zu sehen, wie ein Protagonist seine Begleiterin trotz deren offensichtlicher Gegenwehr in eine Toilette zog, wo er sexuelle Handlungen andeutete, um die offenbar schwer alkoholisierte Frau zum Oralsex aufzufordern. Später warf er sich die schreiende Frau über eine Schulter und schleppte sie davon.
Nach Ansicht der KommAustria vermittelten Aussagen und Handlungen der Protagonisten in der Folge einem durchschnittlichen Publikum, dass "Frauen grundsätzlich jederzeit, auch gegen Widerstand, sexuell gefügig zu sein haben, ihre Einwilligung in sexuelle Handlungen ohnehin nicht erforderlich sei und die sexuellen Handlungen sogar mit Gewalt erzwungen werden könnten". Die Herbeiführung sexueller Handlungen gegen den Widerstand der Frauen werde in Szenen der Sendung unverhohlen dargestellt und schaffe damit "einen Anreiz zu Gewalt". Nicht entscheidend sei laut der Behörde, dass es laut einer Stellungnahme von ATV "hinter den Kulissen" bei den Dreharbeiten nicht wirklich zu den angedeuteten Handlungen gekommen sei oder die betroffenen Frauen die verbalen Entgleisungen der Männer nicht hätten verstehen können. Es komme allein auf die Ausstrahlung und dementsprechende Wirkung der Sendung auf das Publikum an.
Mit der Bereitstellung der Sendung auf Abruf verstieß ATV auch gegen Jugendschutzbestimmungen des AMD-G. "Die drastischen Aussagen und Verhaltensweisen der Protagonisten und das in der Sendung insgesamt transportierte, entwürdigende Frauenbild, welches Frauen zu bloßen Sexualobjekten degradiert, sowie die Darstellung des wiederholten und exzessiven Alkoholkonsums können nach Ansicht der KommAustria jedenfalls eine Desorientierung und mögliche Beeinträchtigung der Entwicklung Minderjähriger bewirken", heißt es. Die Folge war im Bereitstellungszeitraum ohne Einschränkungen abrufbar.
Veröffentlichung der Entscheidung aufgetragen
ATV muss die Entscheidung binnen sechs Wochen in einem mindestens eine Minute und 30 Sekunden langen Video veröffentlichen und mindestens zwei Wochen lang abrufbar halten. Zuvor kann ATV aber noch Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht gegen den Bescheid einlegen. Auf eine APA-Anfrage reagierte der Sender nicht, betonte aber einst in einer Stellungnahme, dass man Kritik ernst nehme. Man entschuldigte sich dafür, mit "einer Reihe zu Recht kritisierter Szenen die Grenzen des ethisch Vertretbaren überschritten zu haben". Unterhaltung dürfe keinesfalls menschenverachtendes und frauenfeindliches Verhalten fördern, weshalb eine zusätzliche redaktionelle Qualitätskontrolle für Unterhaltungsformate eingerichtet werde. Für "Das Geschäft mit der Liebe" wurde keine weitere Staffel in Auftrag gegeben. Ein Relaunch wurde im September aber nicht ausgeschlossen.
(S E R V I C E - Entscheidung der KommAustria unter https://www.rtr.at/Geschaeft_mit_der_Liebe abrufbar.)
Zusammenfassung
- Die ATV-Sendung "Das Geschäft mit der Liebe" (11. Staffel, Folge 5) verstieß laut KommAustria schwerwiegend gegen das Audiovisuelle Mediendienste-Gesetz, indem Frauen massiv zu Objekten degradiert und deren Menschenwürde verletzt wurden.
- Die beanstandete Folge war vom 19. bis 23. März online abrufbar und zeigte unter anderem, wie ein Protagonist eine offenbar alkoholisierte Frau trotz Gegenwehr zu sexuellen Handlungen drängte, was auch gegen Jugendschutzbestimmungen verstößt.
- ATV muss die Entscheidung der KommAustria innerhalb von sechs Wochen in einem mindestens 1:30 Minuten langen Video veröffentlichen und zwei Wochen lang online halten; zudem wurde angekündigt, keine weitere Staffel der Sendung zu produzieren.
