APA/Sonja Harter

Architekturbiennale rückt Beiträge aus Afrika ins Zentrum

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Die 18. Architekturbiennale von Venedig versteht sich als "Labor der Zukunft". Für Lesley Lokko, Kuratorin der internationalen Ausstellung, ist die Schau ein "Agent des Wandels". Für sie sind "Fragen der Produktion, der Ressourcen und der Repräsentation von zentraler Bedeutung für die Art und Weise, wie eine Architekturausstellung in die Welt kommt". Nicht zuletzt deshalb rückt sie diesmal erstmals Afrika sowie die afrikanische Diaspora ins Licht.

"Es wird oft gesagt, dass Kultur die Summe der Geschichten ist, die wir uns selbst über uns erzählen. Das ist zwar richtig, doch fehlt in dieser Aussage jegliches Eingeständnis dessen, wer das betreffende 'Wir' ist", so Lokko in den Presseunterlagen. Gerade in der Architektur seien bisher "große Teile der Menschheit ignoriert" worden, weshalb "die Geschichte der Architektur" unvollständig sei. Mehr als die Hälfte der eingeladenen Teilnehmerinnen und Teilnehmer stammen aus Afrika. In den insgesamt 89 Beiträgen, die größtenteils von Einzelarchitektinnen und -architekten sowie von kleinen Teams stammen, gehe es vor allem um die Vorstellung einer Architektur, die gleichzeitig Dekolonisierung und Dekarbonisierung vorantreibt.

Die Präsentation im zentralen Pavillon in den Giardini steht unter dem Motto "force majeure" (Höhere Gewalt) und untersucht das Bauen in Zeiten, in denen vom Klimawandel bedingte Katastrophen nicht mehr als "unvorhergesehen" betrachtet werden können und die Architektur entsprechend präventiv agieren muss. So widmet sich etwa das Hood Design Studio in "Native(s) Lifeways" dem Umgang mit Erosion zwischen North Carolina bis Florida, während Kéré Architecture daran erinnert, dass der afrikanische Kontinent für weniger als vier Prozent der weltweiten Treibhausgase verantwortlich ist und nun in der einmaligen Position sei, "in Ruhe" über künftige Formen des nachhaltigen Bauens nachzudenken, das das Wissen der Vorfahren miteinbezieht.

Im Arsenale werden die Besucher unter dem übergreifenden Motto "Dangerous Liaisons" von einem "poetischen Handlungsaufruf" begrüßt, in dem der Multimediakünstler Rhael "LionHeart" Cape in seiner filmischen Installation "Those With Walls for Window" eine Mediation über die "Gesetze der Freiheit" unternimmt. Abstrakt ist auch der Beitrag des aus Ghana stammenden Künstlers Serge Attukwei Clottey, der mit "Times and Chance" ein extra für Venedig gestaltetes Werk aus seiner Reihe "Afrogallonism" zeigt. Dabei handelt es sich um ein künstlerisches Konzept, um den Zusammenhang zwischen der Verbreitung der gelben Ölgallonen im Hinblick auf den Konsum und der Notwendigkeit im Leben des modernen Afrikaners zu untersuchen. Aus quadratischen Plastik-Teilen dieser Gallonen schafft er einen Wandteppich, der erst bei genauerem Hinsehen seinen Ursprung enthüllt.

Der in Frankreich aufgewachsene senegalesische Architekt Doudou Deme stellt in dem Film "Bunt Ban" von Chérif Tall und Nzinga Biegueng Mboup seine Firma "Elementerre" vor, mit der er versucht, in seinem Geburtsland für ökologische Baustoffe zu werben. Dafür hat "Elementerre" gepresste Erdziegel zur Verfügung gestellt, um das Vorherrschen von Beton, Glas und Stahl zu konterkarieren. Unterdessen dokumentiert das "Laboratoire d'architecture" in seinem Film "Nomandland" nomadische Architektur in Afrika und Europa, konkret an der Grenze zwischen Tunesien und Algerien sowie in der Schweiz. Dazu heißt es: "Ziel unseres Beitrags ist es zunächst, die erzwungene Demütigung nomadischer Lebensbedingungen anzuprangern und die Möglichkeiten einer Architektur des Widerstands und der Gastfreundschaft aufzuzeigen."

Jene aus Afrika stammenden Rohstoffe, aus denen New Yorker Skyscraper gebaut sind, nimmt wiederum der aus einer Audio- und Videoinstallation bestehende Beitrag "Office for Political Innovation" von Andrés Jaque in den Fokus, denn: "Die Materialgewinnung ist für die Architektur der Weg, sich an der Entstehung der Segregation zu beteiligen." Gänzlich anders auf das Thema Architektur blickt Anusha Alamgir, die in "Porda" die "Architektur der Verschleierung" in der Fokus nimmt. "Der Schleier ist viel mehr als Stoff", heißt es dazu im Katalog. "Er trägt architektonische Vorstellungen von Privatsphäre, Spaltung und Abschottung und projiziert diese auf den Körper einer Frau." Übrigens: 50 Prozent der an der internationalen Ausstellung teilnehmenden Akteure sind weiblich.

(S E R V I C E - 18. Architekturbiennale Venedig, 20. Mai bis 26. November: www.labiennale.org/en)

ribbon Zusammenfassung
  • Die 18. Architekturbiennale von Venedig versteht sich als "Labor der Zukunft".
  • Für Lesley Lokko, Kuratorin der internationalen Ausstellung, ist die Schau ein "Agent des Wandels".
  • Nicht zuletzt deshalb rückt sie diesmal erstmals Afrika sowie die afrikanische Diaspora ins Licht.
  • Mehr als die Hälfte der eingeladenen Teilnehmerinnen und Teilnehmer stammen aus Afrika.
  • "Der Schleier ist viel mehr als Stoff", heißt es dazu im Katalog.