Albertina würdigt Brigitte Kowanz mit Blick ins Unendliche
Der Hauptraum selbst ist durch das Entfernen einiger Zwischenwände kaum wiederzuerkennen. Die Weite, die dadurch entsteht, ermöglicht die Präsentation mehrerer wichtiger Werkgruppen, die so miteinander in Beziehung treten und neue, ins Unendliche reichende Spiegelungen erschaffen. "Brigitte Kowanz verwandelt Sprache in Licht und verwendet Licht als Sprache", so Albertina-Direktor Ralph Gleis am Donnerstag beim Presserundgang. "Es geht um Codierung, um die räumliche Wirkung von Licht und darum, wie die heutige Gesellschaft kommuniziert. Es ist eine Auseinandersetzung mit Formen des Sehens, des Erkennens und des Reflektierens."
Kuratiert hat die Schau, die 88 Werke umfasst, Albertina modern-Direktorin Angela Stief in enger Zusammenarbeit mit Adrian Kowanz, dem Sohn der Künstlerin, der den Nachlass verwaltet. Den großen Hauptraum bespielt man mit vergleichsweise jüngeren Arbeiten wie dem Biennale-Beitrag "Infinity and Beyond" aus dem Jahr 2017, in dem Kowanz mit Morse-Codes unterlegte verschlungene Neonschleifen vor Spiegel präsentiert, die auf wesentliche Daten des Internetzeitalters verweisen. Darunter etwa ist die Arbeit "www 12.03.1989 06.08.1991" (2017), in der sie Bezug auf das Datum der erstmaligen Vorstellung des "World Wide Web" im CERN, sowie jenen Tag, als die erste Website online ging, Bezug nimmt. Zu der Werkgruppe gehören auch kleinere Arbeiten wie "Wikipedia 17.01.2001", "iPhone 09.01.2007 und "Google 15.09.1997".
Erstaunliches Frühwerk
Bewegt man sich in den unteren Halbstock, entfaltet sich Kowanz' erstaunliches Frühwerk, das erst auf den zweiten Blick an die späteren Neon-Skulpturen erinnert. Auch hier spielte das Licht bereits eine zentrale Rolle. Dreidimensionale Gemälde aus den 1980er Jahren aus Holz, bestrichen mit phosphoreszierender und fluoreszierender Farbe, entwickeln ihre Strahlkraft in jenem Moment, in dem der sie beleuchtete Scheinwerfer für Momente abgeschaltet wird. Die Abwesenheit von Licht spielt auch in einem Werk eine Rolle, das 2019 entstand: So verrät die großformatige Aluminium-Arbeit "light never stays" erst seine Faszination, wenn man sie mit Blitz fotografiert - wozu die Besucher (Gleis: "Ausnahmsweise!") auch aufgefordert werden.
Nach wie vor beeindruckend ist auch die ikonische Arbeit "Light Steps" von 1990, die in einem Raum mit Schwarzlicht eine Treppe bildet, während die Schriftzüge von Mode-Akronymen wie "asap", "fyi" oder "omg" aus dem Jahr 2021 einmal mehr verdeutlichen, wie sehr Kowanz stets am Puls der Zeit arbeitete. "Brigitte Kowanz' herausragendes Oeuvre kreist um die Dematerialisierung des Kunstobjekts sowie um die Visualisierung von Immaterialität", schreibt Stief im Begleittext. Hat man den Streifzug durch Kowanz' Licht-Kosmos absolviert, kann es durchaus sein, dass man auch eine Vorstellung von Unendlichkeit bekommen hat.
(S E R V I C E - Ausstellung "Light is what we see" in der Albertina, Basteihalle, 18. Juli bis 9. November. Der gleichnamige Katalog umfasst 240 Seiten und kostet 32,90 Euro. www.albertina.at)
Zusammenfassung
- Die Albertina präsentiert mit 'Light is what we see' die erste posthume Personale von Brigitte Kowanz und zeigt dabei 88 Werke der 2022 verstorbenen Künstlerin vom 18. Juli bis 9. November.
- Im Fokus der Ausstellung stehen monumentale Licht- und Spiegelinstallationen sowie jüngere Arbeiten wie 'Infinity and Beyond' (2017), die mit Morse-Codes und Neon-Schleifen zentrale Daten des Internetzeitalters visualisieren.