APA/APA/Jitka Hanzlová/Wien 2025

Albertina: "Befremdliche Bilder" mit "poetischem Glanz"

10. Juli 2025 · Lesedauer 3 min

"Es ist die Essenz der Essenz, die hier zu sehen ist", sagte Albertina-Generaldirektor Ralph Gleis am Donnerstag über die neue Schau "Jitka Hanzlová - Identities". Es ist die erste Museumsausstellung der tschechischen Fotografin in Österreich, die ab Freitag zu sehen ist. "Beim Fotografieren denke ich nicht viel", so die Künstlerin. "Das Denken kommt nachher."

Deutlich, unterkühlt und aufgeräumt erscheinen viele ihrer Fotografien, aber je länger man die Bilder von Jitka Hanzlová betrachtet, desto mehr entfalten sie ihre Poesie. "Es sind Bilder, die befremden, aber auch Bilder, die einen poetischen Glanz haben und uns mit Fragen des Reellen konfrontieren", betonte Gleis bei einer Presseführung.

Eine Fotografie zeigt ein vom Boden fast verschlucktes Kolosseum inmitten einer verschneiten Schneelandschaft, etwas, das aussieht wie "ein Schraubverschluss in der Erde", so der Albertina-Chef. Er führte gemeinsam mit der Künstlerin durch die Schau in der Pfeilerhalle, die zehn Serien aus den Jahren 1990 bis heute beheimatet.

Der Titel der Schau, "Identities", ist auch ein zentrales Motiv im über dreißigjährigen Schaffen der Fotografin, und ihr Werk untrennbar verbunden mit ihrer Biografie. Im Jahr 1982 floh Hanzlová im Alter von 15 Jahren aus der Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik nach Westdeutschland, wo sie bis heute lebt.

Ihr Oeuvre ist eine persönliche Auseinandersetzung mit Heimat, Verlust und Exil. Mit der Kamera erkundete sie in ihrer ersten großen Serie "Rokytnik" (1990-1994) ihr gleichnamiges tschechisches Heimatdorf und ein vom Sozialismus geprägtes Leben auf dem Land.

"Auch Farbe kann hörbar sein"

Ihre Rückkehr beschreibt die Fotografin als "einen Zusammenprall zweier Welten". "Der Kommunismus war schwarz-weiß im Denken und graubraun in den Farben". Dementsprechend verblassend und erdfarben ist diese Serie von Menschen, die sich ihrer Identitäten nicht mehr sicher sein können. "Ich sage gerne, ich fotografiere mit den Ohren", lächelte Hanzlová. "Auch Farbe kann hörbar sein."

Ihrem neuen Umfeld widmete sie später die eindrucksvolle Serie "Hier" (1998, 2003-2010). Darin zeigt sie vor allem eine vom Menschen gestaltete Landschaft, in der die Natur verdrängt wird. Eine braune Kuh steht unter einer Autobahn. Birkenstämme sind durch Luftverschmutzung gefärbt.

"Grenzgängerin zwischen Ost und West"

In die Serie "Bewohner" (1994-1996) hat sie den Widerstand, der ihr im Leben widerfuhr, miteinfließen lassen. Die noch nicht abgeschlossene Serie "Bohdanka" zeigt eine Familie mit neun Kindern - wieder in ihrem Heimatdorf, aber diesmal in leuchtenden Farben. Als eine "Grenzgängerin zwischen Ost und West", beschrieb Kurator Walter Moser die Künstlerin.

In "Female" (19997-2000) widmete sich die bildgewaltige Chronistin formal klaren Porträts junger Frauen. Man kann in der Schau aber auch eintauchen in lagunenblaues Wasser (die Serie heißt "Water) und in meisterlich fotografierte Wälder ("Forest") mit filigranen Spinnen, "fruchtbare Unfälle", wie es die Künstlerin schmunzelnd nennt. "Man muss eintauchen", so Hanzlová, "und im Moment sein".

(S E R V I C E - Ausstellung "Jitka Hanzlová - Identities" von 11. Juli bis 26. Oktober in der Pfeilerhalle, Albertina, Albertinaplatz 1, 1010 Wien, täglich von 10 bis 18 Uhr, Mittwoch und Freitag bis 21 Uhr; www.albertina.at)

Zusammenfassung
  • Die Albertina zeigt ab 11. Juli bis 26. Oktober die Ausstellung "Jitka Hanzlová - Identities" mit Werken aus zehn Serien der Jahre 1990 bis heute.
  • Die tschechische Fotografin Jitka Hanzlová, die 1982 im Alter von 15 Jahren aus der Tschechoslowakei nach Westdeutschland floh, thematisiert in ihren Fotografien Identität, Heimat, Verlust und Exil.
  • Die Schau in der Pfeilerhalle der Albertina präsentiert unter anderem die Serien "Rokytnik", "Hier", "Bewohner" sowie Porträts und Naturaufnahmen, die durch eine poetische, oft unterkühlte Bildsprache bestechen.