Wiener Lokal muss für fehlende barrierefreie Toilette zahlen

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Wegen einer fehlenden barrierefreien Toilette ist ein bekanntes Wiener Innenstadt-Lokal nach dem Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz schuldig erkannt und rechtskräftig zu einer Entschädigung verurteilt worden. Das Landesgericht für Zivilrechtssachen (ZRS) sprach einem Rollstuhlbenützer, der das Restaurant nach einem Lokalbesuch geklagt hatte, einen Schadenersatz von 1.000 Euro zu, bestätigte Gerichtssprecherin Michaela Heinrich-Bogensberger der APA.

Hans-Jürgen Groß - gerichtlich zertifizierter Sachverständiger für barrierefreies Bauen und Präsident des ÖZIV Burgenland, einer Interessensvertretung von und für Menschen mit Behinderungen - hatte im Juli 2019 mit seiner Ehefrau das Lokal besucht. Zuvor hatte er sich telefonisch erkundigt, ob es eine barrierefreie Toilette-Anlage gibt, was ihm bestätigt wurde. Seinen Angaben zufolge wurde das im Lokal vom Personal noch ein Mal bekräftigt. Als er allerdings ein WC benötigte, musste Groß feststellen, dass keine seinen Bedürfnissen entsprechende Anlage vorhanden war.

Groß klagte darauf hin und bekam Anfang 2022 vom Bezirksgericht Döbling recht, das eine mittelbare Diskriminierung feststellte. Dagegen legte das Lokal Rechtsmittel ein und begründete dies unter anderem damit, der Einbau einer barrierefreien Toilette sei aufgrund der historischen und beengten Räumlichkeiten sowie der Lage der Steig- und Abfallstränge eine unzumutbare Belastung. Eine solche konnten aber weder das Erstgericht noch das ZRS erkennen, das der Berufung jetzt keine Folge gab. Das Erstgericht sei "ohne Rechtsirrtum zu dem Ergebnis gekommen, nicht feststellen zu können, dass eine Unzumutbarkeit (...) vorliegt", heißt es im 14-seitigen schriftlichen Urteil des ZRS. Vielmehr wäre das Lokal verpflichtet gewesen, seit dem 1. Jänner 2016 - seit diesem Zeitpunkt besteht eine rechtlich durchsetzbare Verpflichtung zur Herstellung der Barrierefreiheit - eine barrierefreie Sanitärräumlichkeit für seine Gäste zur Verfügung zu stellen.

Zur Diskriminierung, die dem Mann widerfuhr, merkt das ZRS an: "Wenn auch die Dauer der Diskriminierung eine kurze war, so ist doch das Ausmaß der Beeinträchtigung ein großes. Ohne dass es näherer Ausführungen bedarf, ist es offensichtlich, dass die Situation für den Kläger eine besonders erniedrigende und peinliche war."

"Ich bin froh, dass endlich geklärt ist, dass eine barrierefreie Toilette als zentraler Bestandteil zu einem gastronomischen Angebot gehört", meinte Groß am Dienstag im Gespräch mit der APA. Bedauerlich sei dagegen, dass das Lokal auf mehrfache Gesprächsangebote von seiner Seite nicht reagiert habe: "Ich habe nie mehr etwas gehört." In seiner Funktion als ÖZIV-Präsident merkte Groß an: "Ich hoffe sehr, dass hiermit der Startschuss für eine selbstverständliche Einrichtung erfolgt ist und viele Betriebe zum Umdenken angeregt werden. Es stärkt uns in der Argumentation und wir werden sehr genau die weiteren vor allem gastronomischen Maßnahmen beobachten, um zukünftig Diskriminierungen zu unterbinden."

Das betroffene Lokal betonte auf telefonische Anfrage, man sei "ein mehrfach ausgezeichnetes Unternehmen im Bereich der behinderten Arbeit". In einer der APA übermittelten schriftlichen Stellungnahme hieß es weiter: "Wir beschäftigen derzeit fünf Mitarbeiter mit besonderen Bedürfnissen, dies ist ein wichtiger Teil unserer Unternehmenskultur. Wir nehmen das Urteil zur Kenntnis und werden uns in diesem Bereich auch weiterhin stark engagieren."

ribbon Zusammenfassung
  • Wegen einer fehlenden barrierefreien Toilette ist ein bekanntes Wiener Innenstadt-Lokal nach dem Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz schuldig erkannt und rechtskräftig zu einer Entschädigung verurteilt worden.
  • Seinen Angaben zufolge wurde das im Lokal vom Personal noch ein Mal bekräftigt.
  • Das betroffene Lokal betonte auf telefonische Anfrage, man sei "ein mehrfach ausgezeichnetes Unternehmen im Bereich der behinderten Arbeit".

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