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Versuchter Doppelmord am Wiener Reumannplatz angeklagt

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Nach einer Messerstecherei mit zwei Schwerverletzten am Reumannplatz in Wien-Favoriten hat die Staatsanwaltschaft einen 22-Jährigen und dessen 45 Jahre alten Vater wegen versuchten zweifachen Mordes angeklagt. Die beim Landesgericht eingebrachte Anklageschrift ist bereits rechtskräftig, bestätigte Gerichtssprecherin Christina Salzborn auf APA-Anfrage. Bei den beiden Männern handelt es sich um gebürtige Tschetschenen, die Opfer im Alter von 18 und 21 Jahren stammen aus Syrien.

Das inkriminierte Geschehen hatte sich am Abend des 1. März 2024 abgespielt, nachdem es zwischen dem 22-jährigen Tschetschenen und einem der beiden Syrer wenige Stunden zuvor zu ersten Tätlichkeiten gekommen war. Der 22-Jährige fühlte sich laut Anklage von diesem provoziert, weil ihn der ihm an sich völlig unbekannte Mann "angestarrt" haben soll. Es kam deswegen zunächst zu einer verbalen Auseinandersetzung, die in Handgreiflichkeiten überging. Der bedrängte Syrer soll dem Tschetschenen schließlich einen Kopfstoß versetzt und daraufhin einen Faustschlag kassiert haben. Um weitere Schläge zu verhindern, setzte der Syrer einen Pfefferspray ein, womit die Schlägerei ein Ende fand.

Um 22.45 Uhr liefen sich die Kontrahenten allerdings am Reumannplatz erneut über den Weg, wobei der Syrer von neun Landsleuten begleitet wurde und der Tschetschene seinen Vater dabei hatte. Der Anklage zufolge zog der junge Tschetschene ein Klappmesser mit einer Klingenlänge von elf Zentimetern und ging damit auf seinen Kontrahenten los, während sein Vater mit einem ebenfalls gezückten Messer die anderen Syrer in Schach hielt und daran hinderte, ihrem Freund zu Hilfe zu kommen. Der 22-Jährige versetzte seinem Widersacher - vermutlich aus Rache für die nachmittägliche Auseinandersetzung, bei der er den Kürzeren gezogen hatte - einen Stich in die Brust. Dann versuchten Vater und Sohn vom Tatort zu flüchten.

Einer der Syrer, der die Attacke auf seinen Freund mitansehen musste, nahm jedoch die Verfolgung auf, als die Tschetschenen in der Menschenmenge an der nahe gelegenen U-Bahn-Station untertauchen wollte. Er lief ihnen nach und holte sie ein, worauf auch er niedergestochen wurde. Dass er den Angriff überhaupt überlebte, ist insofern erstaunlich, als ein Stich die Brusthöhle eröffnete und in die Brustschlagader ging. Auch die Lunge wurde beschädigt. Dank einer funktionierenden Rettungskette und rascher notfallmedizinischer Versorgung konnte der Mann gerettet werden. Allerdings hatten Schaulustige die Einsatzkräfte an der Erste-Hilfe-Leistung behindert. Ebenso wurde die Polizei bei der Amtshandlung und an der Durchsetzung der Festnahmen der beiden Tatverdächtigen gestört.

Für die Staatsanwaltschaft steht fest, dass der 22-Jährige in beiden Fällen jeweils in Tötungsabsicht zugestochen hat. Sein Vater wurde wegen Beitragstäterschaft zur Anklage gebracht. Wann gegen die beiden Tschetschenen verhandelt wird, steht noch nicht fest. Ein konkreter Prozesstermin muss noch festgelegt werden, meinte Gerichtssprecherin Salzborn.

Infolge dieser verfahrensgegenständlichen und weiterer Messerstechereien am Reumannplatz - am 11. März wurde vor dem bekannten Eissalon Tichy ein Grundwehrdiener niedergestochen, der bedrängten Frauen zu Hilfe kommen wollte, am 18. März wurde ein 20-Jähriger mit einem Messer attackiert, nur drei Tage später ein 32-Jähriger - wurde für den Reumannplatz und die angrenzenden Bereiche eine großflächige Waffenverbotszone verhängt. Seit deren Inkrafttreten sind die Straftaten in Favoriten - Wiens bevölkerungsreichstem Bezirk - laut einer ersten Bilanz der Polizei im Zeitraum 30. März bis 13. Mai um 62 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum zurückgegangen.

ribbon Zusammenfassung
  • Ein 22-jähriger Tschetschene und sein Vater wurden wegen versuchten zweifachen Mordes am Wiener Reumannplatz angeklagt.
  • Die Opfer, zwei junge Syrer im Alter von 18 und 21 Jahren, erlitten schwere, teils lebensgefährliche Verletzungen.
  • Nach mehreren Gewaltvorfällen wurde am Reumannplatz eine Waffenverbotszone eingerichtet, die zu einem Rückgang der Straftaten um 62% führte.