Urteil nach Dreifach-Bluttat: Angeklagter wird eingewiesen
Der dreifache Mord kann dem Afghanen nicht vorgeworfen werden. Aufgrund einer ausgeprägten paranoiden Schizophrenie war der Mann zum Tatzeitpunkt nicht zurechnungsfähig.
Das Urteil lautet auf Einweisung in ein forensisch-therapeutisches Zentrum. Der Angeklagte hat das Urteil angenommen. Die Staatanwaltschaft hat noch keine Erklärung abgegeben.
Hexe "verführte" ihn
Der psychiatrische Sachverständige Peter Hofmann hält den Mann aufgrund seiner nachhaltigen und schwerwiegenden Störung für hochgefährlich. Der 27-Jährige gab bei der Begutachtung an, er habe in Serbien auf der Flucht aus seiner Heimat eine europäische Hexe, eine Satanistin getroffen, die ihn dazu verführen wolle, von seiner Religion - der Mann ist Muslim - abzufallen.
In Wahrheit war es eine Flüchtlingshelferin, die streng christlich war und sich mit dem Mann eine Beziehung wünschte. Aufgrund seines Glaubens war er laut seinem Verteidiger Philipp Springer hin- und hergerissen, weil für ihn vorehelicher Sex einer Todsünde gleichkam.
Sie sei nicht nach Österreich mitgekommen, man könne jemanden aber auch über das Handy weiterverhexen. Sie hätte ihn telepathisch beherrschen wollen.
Er ging im Herbst 2023 nach Kärnten und dann weiter nach Wien, wo die Krankheit immer mehr durchbrach. Eigentlich war er bei einem Bekannten untergebracht, doch "dann eskalierte es völlig", sagte sein Verteidiger. "Die Hexe war in meinem Kopf und hat geredet", sagte der Betroffene. "Sie hat mich gefragt, ob ich ihre Mächte anerkenne." Daraufhin schlief er im Freien und kaufte sich drei Messer.
Mehr lesen: Dreifach-Bluttat im Bordell: Vierte Kollegin als Ohrenzeugin
Er glaube, nach wie vor verhext zu sein, sagte er vor Gericht am Montag selbst. Sie und die Stimme eines Jungen hätten mit ihm geredet. Sie hätten gewollt, dass er zurück nach Afghanistan geht. Im März hätte er nach Teheran zurückfliegen sollen. Zuvor hatte seine Familie sogar versucht, seine Dämonen aus der Ferne mit einem Exorzisten auszutreiben.
Aus Sicht des 27-Jährigen hätten die Sexarbeiterinnen mit der Hexe zusammengearbeitet, sagte er. "Gott wäre nicht einverstanden mit dem Tod dieser Prostituierten", sagte er dann am Montag vor Gericht.
Keine Erinnerung
Zudem erklärte er, sich an nichts mehr erinnern zu können. Als er wieder zu sich kam, hatte er Schnittverletzungen an der Hand und seine Kleidung war blutdurchtränkt. Er wisse auch nichts mehr von der Festnahme. Er gab sich verwundert über seine eigenen Taten: "100 Stiche, wie kann das sein? Ist das möglich?".
-
Mehr lesen: Bluttat im Bordell: Beschuldigter "gefährlich"
Gegenüber dem Gutachter Hofmann hatte er im Vorfeld des Prozesses schon gesagt, dass er konkret vorhatte, diese Frauen zu töten. "Das kann man als Massaker bezeichnen", meinte der Sachverständige. Hofmann betonte, dass Psychosen schon Gedächtnisstörungen verursachen können, aber "aus medizinischer Sicht äußerst unwahrscheinlich, dass man sich an null erinnern kann".
Der Betroffene blieb dabei, dass er sich an nichts erinnern könne. "Ist es für Sie die angenehmere Strategie ist, sich an nichts zu erinnern", fragte Hofmann, weil nach seiner Festnahme meinte er noch, dass es "Gottes Auftrag war, die Frauen zu töten". "Das weiß ich nicht", meinte der 27-Jährige.
Betroffener richtete Blutbad an
Der 27-Jährige hatte am 23. Februar diesen Jahres in dem Etablissement in der Engerthstraße ein Blutbad angerichtet. Am Abend ging er in das Studio. Die Betreiberin - eine Österreicherin - öffnete ihm die Tür und wies ihm ein Zimmer zu. Als daraufhin eine Prostituierte zu ihm ging, stach er 16 Mal brutal auf sie ein. Die Chinesin starb noch an Ort und Stelle.
Dann ging er ins Nebenzimmer und ging auf eine weitere chinesische Sexarbeiterin los und stach 30 Mal auf sie ein. Dann tötete er mit 60 Stichen die Betreiberin des Studios, die sich noch ins Badezimmer flüchten wollte. Der 27-Jährige suchte nach weiteren Opfern, konnte jedoch niemanden finden und verließ das Studio.
Er führte die Stiche vor allem gegen das Gesicht, sagte Gerichtsmediziner Nikolaus Klupp. "Es ist kein schöner Anblick", warnte er beim Prozess vor den Fotos. Der 27-Jährige habe die Stiche "mit massiver Wucht geführt", so der Gutachter. In erster Linie führte er das Messer gegen das Gesicht, aber auch gegen den Hals, Nacken und Oberkörper, was Entstellungen zur Folge hatte. Von zwei Messern waren die Spitzen der Klinge aufgrund der Wucht abgebrochen.
In einem Nebenraum war noch eine weitere Frau mit einem Kunden. Die beiden verhielten sich jedoch so leise, dass sie von dem Afghanen nicht entdeckt werden konnten. Der Kunde lief davon, er konnte nie ausgeforscht werden. Die einzig überlebende Prostituierte rief ihren Lebensgefährten an und sagte ins Telefon: "Blut, böse Menschen, bitte komm schnell." Der Mann setzte daraufhin die Rettungskette in Gang.
"Ich hörte die Schreie"
Sie wurde Ohrenzeugin des Gewaltverbrechens und erlitt einen schweren Schock. "Ich hörte die Schreie", sagte die Frau vor Gericht als Zeugin. Als nach 20 Minuten draußen wieder alles ruhig war, sperrten sie die Tür auf und gingen aus dem Zimmer. "Ich bin so dankbar, dass ich noch am Leben bin", sagte die 57-jährige Zeugin. "Ich bin rein in das Studio, hab' die Blutspuren gesehen. Ich bin zurück, um nicht irgendwelche Spuren zu verwischen", sagte der 65-jährige Ehemann.
Der Verdächtige wurde in einem Gebüsch vis-à-vis des Rotlichtlokals festgenommen, zu dem eine Blutspur führte, mit der Tatwaffe noch in der Hand.
Sind Sie Opfer von Gewalt oder kennen Sie jemanden? Hier finden Sie Hilfe:
Frauen-Helpline: 0800/222 555
Gewaltschutzzentrum: 0800/700 217
24-Stunden-Frauennotruf der Stadt Wien: 01/71719
Frauenhaus-Notruf: 05 77 22
Männerberatung Wien: 01/603 28 28
Rat auf Draht - Hilfe für Kinder & Jugendliche: 147
Im Fall von akuter Gewalt: Polizei-Notruf: 133
Video: Lautstark gegen Frauenmorde
Zusammenfassung
- Ein 27-jähriger Mann stand vor Gericht, weil er am 23. Februar in Wien-Brigittenau drei Sexarbeiterinnen in einem Asiastudio getötet hat.
- Das Gericht sprach ihn am Montag schuldig und verhängte die Einweisung in ein forensisch-therapeutisches Zentrum.
- Der psychiatrische Sachverständige stuft den Mann als hochgefährlich ein, da er glaubt, von einer 'europäischen Hexe' verfolgt zu werden.
- Vor Gericht wiederholte der Betroffene, dass er glaube, verhext zu sein. Die drei Prostituierten hätten mit der Hexe zusammengearbeitet.