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"1.000 OPs in der Pipeline": Lorenz-Böhler-Ärzte für Container-Spital

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Die kurzfristig verlautbarte vorübergehende Schließung des ehemaligen Lorenz-Böhler-Spitals (nunmehr AUVA Traumazentrum Wien-Brigittenau) sorgt seit vergangener Woche für Aufruhr. Die Verlegung ins AKH und ins Traumazentrum Meidling ist für den Unfallchirurgen Heinz Brenner keine Lösung. Er spricht sich für ein Container-Spital aus.

Die Räumung des AUVA-Traumazentrums Wien-Brigittenau, umgangssprachlich meist noch als UKH Lorenz Böhler bekannt, hätte mit Stichtag Montag vollzogen werden sollen. Die stationären Leistungen hätten unverzüglich ins Allgemeine Krankenhaus (AKH) Wien sowie dem Traumazentrum Meidling verlegt werden sollen. Doch noch am Montag standen sowohl das ärztliche Personal im Lorenz-Böhler sowie im AKH und jene Patient:innen, für die in diesen Tagen Operationen anberaumt waren, im Dunkeln. 

Am Montag kam es zu intensiven Gesprächen mit der Generaldirektion. Am Dienstag hofft man auf einen "Tag des Durchschnaufens", sagt der Wiener Fachgruppenvertreter der Österreichischen Gesellschaft für Unfallchirurgie, Heinz Brenner, im Gespräch mit PULS 24. Doch dies dürfte nur die Ruhe vor dem Sturm sein, wie Brenner ankündigt. "Morgen (Mittwoch, Anm.) wird der Protest einen neuen Höhepunkt erreichen", betont er und erklärt, dass das Personal des Lorenz-Böhler-Spitals "laut werden" will. 

Ärzte stellen Container-Spital in Aussicht 

Dass das Lorenz-Böhler quasi ins AKH und in den Standort Meidling "einzieht", sieht Brenner nicht als optimale Lösung an. "Wir haben keinen Platz, wo sollen wir denn hin?". 

Alle weiteren unfallchirurgischen Abteilungen in Wien seien "am oder über dem Limit". "Wie soll das funktionieren?", fragt sich der Unfallchirurg. Man könne keine Stationen herzaubern, die von der AUVA verlautbarten Pläne seien schlichtweg "unrealistisch"

Das ärztliche Personal habe sich Anfang der Woche ebenso nach Optionen umgeschaut, so Brenner. "Wir haben ein Angebot eingeholt, wo wir in ein bis zwei Monaten ein fix fertiges Container-Spital mit 65 Betten, so wie bisher, mit OPs und allem, was wir brauchen, hätten", meint er. Nun sei die Stadt Wien und die AUVA an der Reihe. "Gebt uns einen Platz und wir arbeiten so weiter wie bisher, mit der vollen Leistung und Mannschaft", betont Brenner. 

Auch aus Sicht der Patient:innen sei die von der AUVA vorgestellt Lösung besorgniserregend. "Wir hätten 1.000 OP-Termine in der Pipeline, die Leute sind besorgt, die warten schon seit Monaten", sagt er. Außerdem würde hinter einem OP-Termin viel logistischer Aufwand stehen. Wenn die Leistung in ein anderes Spital verlegte werde, könnte drohen, dass alle vorhergehenden Untersuchungen und Planungen neu durchgeführt werden müssen

Personal hält bei Sanierungsplänen dagegen

Grund für die Kritik der Belegschaft ist vor allem der Umgang mit dem Personal rund um das Sanierungs-Vorhaben. Erst vergangene Woche wurde die Schließung publik, einen Tag darauf habe man Teile der Belegschaft informiert und die Räumung am Montag festgelegt. Die Pläne hätten das Personal kalt erwischt. Am Montag fürchtete man, dass "sie mit einem LKW kommen und uns quasi den OP wegräumen". 

Noch am Montag geht auch die MedUni Wien, die alleiniger Dienstgeber für das ärztliche Personal im AKH ist, auf die Barrikaden. Man sei in das Vorhaben, die Leistungen ins AKH zu verlegennicht eingebunden worden.

Das Lorenz-Böhler behandelte im Vorjahr rund 68.000 Patient:innen, führte rund 5.000 Operationen durch und beschäftigt rund 500 Mitarbeiter:innen. "Jeder vierte, der sich in Wien wehtut, kommt ins Böhler-Spital", hält Brenner fest. 

AUVA gesteht Säumnisse 

Dass das Traumazentrum geschlossen und saniert werden muss, steht seit rund einer Woche fest. Als Grund wurden bau- und brandschutztechnische Maßnahmen genannt. Der Sachverständige Erich Kern, der das entsprechende Gutachten verfasst hat, hat am Dienstag im Ö1-"Morgenjournal" erläutert, dass eine rasche Schließung nötig ist, weil die Mängel beim Brandschutz groß seien.

In einer Aussendung des AUVA vom Dienstag wird weiter festgehalten, dass der Betrieb "noch entschlossener, als bereits geplant", eingestellt wird. Ein Gutachten Ende Februar habe das brandschutztechnische Defizit offengelegt. "Diese Entwicklung hat ein entschlossenes und besonders rasches Einschreiten unabdingbar gemacht", so die AUVA. 

Alternative Standorte für alle OPs und Therapien

"Alle geplanten und akuten Operationen sowie notwendige Therapien werden an den alternativen Standorten durchgeführt werden", heißt es in der Aussendung weiter. Das Traumazentrum Wien-Meidling stehe hier zur Verfügung. Die endgültige Absiedelung in Brigittenau sei nun für Anfang April anberaumt. Anfang 2025 soll der Betrieb im Lorenz-Böhler-Spital wieder aufgenommen werden. 

Die AUVA bedauere weiters, die Mitarbeiter:innen und Patient:innen nicht immer rechtzeitig informiert zu haben. Am Dienstag sollen diesbezüglich weitere Gespräche mit dem Zentralbetriebsrat der AUVA und den Betriebsrät:innen vor Ort durchgeführt werden.

Video: Beide Seiten zum Lorenz-Böhler-Krankenhaus

ribbon Zusammenfassung
  • Die kurzfristig verlautbarte Räumung bzw. vorübergehende Schließung des ehemaligen Lorenz-Böhler-Spitals (nunmehr AUVA Traumazentrum Wien-Brigittenau) sorgt seit vergangener Woche für Aufruhr.
  • Die Belegschaft sowie die Patient:innen seien kalterwischt worden.
  • Die Leistungen sollen ins AKH und ins Traumazentrum Meidling verlegt werden.
  • Für den Unfallchirurgen Heinz Brenner keine Lösung. Er spricht sich für ein Container-Spital aus.
  • In einer Aussendung vom Dienstag bestätigt die AUVA noch die Dringlichkeit der Sanierung.
  • Man will mit der Absiedelung in Brigittenau Anfang April starten.