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Ticket-Schlichtungsstelle mit neuem Rekordwert für Reisende

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Die Agentur für Passagier- und Fahrgastrechte (apf), die Schlichtungs- und Durchsetzungsstelle für den Bahn-, Bus-, Schiffs- und Flugverkehr in Österreich, hat 2023 rund 2,5 Millionen Euro bzw. 472 Euro pro Verfahren erzielt. Es ist die bisher höchste Summe an Rückerstattungen, Entschädigungen und Strafnachlässe für Fahrgäste. Das bedeutet zudem eine Steigerung von 53 Prozent gegenüber 2022, als die Summe noch bei 1,6 Millionen Euro lag.

2023 brachte auch ein Plus von zwölf Prozent mehr eingebrachten Anträgen, das sind 18 pro Tag und insgesamt 6.610 Anträge auf Schlichtung, bilanzierte Maria-Theresia Röhsler, Leiterin der apf bei einer Pressekonferenz am Donnerstag in Wien. Die bisher zweithöchste Zahl gab es für die seit Mitte 2005 tätige Schlichtungsstelle im Flugbereich, einen neuen Rekord gab es bei der Bahn.

Von den Anträgen und Anfragen bei der apf (2022: 5.896) entfiel mit 5.219 die Mehrheit auf den Flugbereich (2022: 4.697), 1.307 auf den Bahnbereich (2022: 1.120), die verbleibenden 77 Anträge und Anfragen waren im Fernbusbereich (2022: 69) und sieben im Schiffsbereich (2022: zehn) zu verorten. "Bus und Schiff spielen weiterhin keine große Rolle, ersteres Verkehrsmittel wegen der niedrigen Preise", so Röhsler unter Hinweis auf die dadurch geringere Motivation für Fahrgäste hier tätig zu werden.

Nicht jeder Antrag führt zu einem Verfahren, 4.878 wurden tatsächlich eröffnet, das sind 13 Verfahren täglich und im Schnitt bekomme der Kunde innerhalb eines Tages eine Antwort, erläuterte Röhsler. Abgeschlossen wurden 14 Verfahren pro Kalendertag, was sich durch Rückstand aus dem 4. Quartal 2022 erkläre - und nur drei Prozent der Verfahren mussten ohne Einigung beendet werden.

Was die Verfahrensgründe im Flugbereich betrifft, so ging es beim Gros um ausgefallene Flüge (58 Prozent), 38 Prozent betrafen Verspätungen. "Vor Corona lag das Verhältnis hier bei rund 50/50, dann gab es nur Annulierungen, dann erfolgte wieder ein Angleich, vier Prozent der Verfahrensgründe betrafen die Nichtbeförderung, etwa wegen Überbuchung", sagte Röhsler. Auch waren verfrühte Abflüge - jene gilt ab einer Vorverlegung um mehr als zwei Stunden - Anlass von Problemen. Grundsätzlich rät die Agentur ab, Flüge bei Internetportalen zu buchen. Hier habe man derzeit noch keine Zuständigkeit, hingegen gebe es bei Reisebüros gute Erfahrungen. Insgesamt dauere die Bearbeitung bei Flugreisen länger, da Flugunternehmen immer wieder außergewöhnliche Umstände geltend machen wollen. Hier sei dann die Einzelfallprüfung notwendig, letztendlich wurden in zwölf Prozent der Fälle diese Außergewöhnlichkeit dann auch anerkannt.

Waren es 2023 immer wieder Streiks von Sicherheitspersonal bis beim Personal der Fluglinie selbst, die sich als Auslöser bemerkbar machten, so könne zu den aktuellen Streiks bei der AUA noch keine Angaben über die Auswirkungen gemacht werden. Der Grund dafür ist, dass Kunden sich erst beim Unternehmen melden müssen, das dann sechs Wochen Zeit zu reagieren habe, erst dann werde die apf tätig - und zwar immer kostenlos für den Fluggast.

"Wir sind aber nicht nur schlichter, sondern auch Durchsetzungsorgan - und reagieren die Unternehmen nicht, bringen wir Anzeigen bei der Bezirksverwaltungsbehörde ein", so Röhsler. Verwaltungsstrafen bis 22.000 Euro können da die Folge sein, die dann vom CEO oder Geschäftsführer zu begleichen sind - und 2023 wurden dann auch 152 derartiger Anzeigen eingebracht. Der Schwerpunkt sei hier bei der ungarischen Billigfluglinie WizzAir gelegen, zwar käme es dann auch in diesem Fall immer wieder zu Ergebnissen, der Aufwand sei jedoch größer. Insgesamt gab es 2023 jedoch erneut bei den Austrian Airlines die meisten Verfahren, verzeichnet die Fluglinie ja auch die meisten Flüge in Österreich (35 Prozent), WizzAir folgte mit 23 Prozent und Ryanair mit elf Prozent bei der prozentualen Verteilung der Verfahrensparteien. Grundsätzlich sei die Kommunikation und Fluggastbetreuung im Falle von Problemen bei Billigfluglinien ausbaufähig.

Bei der Bahn verzeichne die apf hingegen eine "sehr positive Zusammenarbeit" mit den Firmen. Hier wurden im Vorjahr 978 Verfahren abgeschlossen, was einer Erfolgsquote von 96 Prozent entspricht. Reisende wandten sich mit 39 Prozent am häufigsten wegen Ticketerstattungen an die afp, 22 Prozent betrafen Strafen bzw. Gebühren, gefolgt von Entschädigungszahlungen und Verspätungen. Ein Unikum in Österreich seien die per PDF erstatteten Tickets, auch Herabstufungen beim Nachtzugverkehr waren ein Thema sowie Strafen bei falsch gekauften Tickets - wenn etwa bei Flughafentickets davon ausgegangen wird, dass hier die Wien-Zone ausreichen würde. Das größte Bahnunternehmen ÖBB ist auf Schiene mit 95 Prozent die führende Verfahrenspartei. Zwei Prozent Anteil hat die Westbahn, ein Prozent hat One Mobility, zuständig für den Vertrieb des Klima-Tickets. Hier wurde das komplexe Verfahren im Falle einer Rückerstattung kritisiert, das aus apf-Sicht einfacher gestaltet werden könne.

(S E R V I C E - Die apf bitten Beschwerden schriftlich mittels der auf der Homepage www.passagier.at erhältlichen Formularen einzubringen. Nur so sei die schnelle Verfahrensführung möglich. Musterbriefe zur Kontaktaufnahme mit den Unternehmen sind dort ebenfalls erhältlich, telefonische Rückfragen sind möglich.)

ribbon Zusammenfassung
  • Die Agentur für Passagier- und Fahrgastrechte (apf) erreichte 2023 mit 2,5 Millionen Euro eine Rekordsumme an Rückerstattungen und Entschädigungen für Reisende, eine Steigerung um 53 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
  • Die Zahl der Schlichtungsanträge stieg um zwölf Prozent auf 6.610, wobei der Großteil der Fälle den Flugverkehr betraf und die meisten Verfahren gegen Austrian Airlines geführt wurden.
  • Bei den Flugverfahren dominierten Anträge wegen ausgefallener Flüge und Verspätungen, während bei Bahnverfahren eine hohe Erfolgsquote von 96 Prozent erzielt wurde.
  • Streiks waren 2023 ein wesentlicher Grund für Beschwerden im Flugbereich; die apf wird erst nach einer sechswöchigen Reaktionsfrist der Unternehmen aktiv.
  • Die apf fungiert auch als Durchsetzungsorgan und brachte 2023 insgesamt 152 Anzeigen gegen säumige Unternehmen ein, mit Schwerpunkt auf der Fluglinie WizzAir.

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