Strategiesuche gegen Waldbrände angesichts drohender Zunahme
Am IIASA in Laxenburg bei Wien trafen einander gestern, Dienstag, die Protagonisten des mehrjährigen Projekts - neben dem IIASA sind dies mehrere beteiligte Institute der Universität für Bodenkultur (Boku) und das Bundesforschungszentrum für Wald (BfW) - u.a. mit Vertretern des Landwirtschaftsministeriums, der Österreichischen Bundesforste (ÖBF), von Behörden und Tourismusverbänden sowie Förster. An einer gemeinschaftlichen Herangehensweise an die auch in unseren Breiten virulenter werdende Problematik seien "alle interessiert", sagte Kraxner im Vorfeld des Treffens.
Österreich folge dem Europa-Trend in Richtung häufigere und intensive Waldbrände. Vor allem in den vergangenen Jahren gebe es etwa in Kärnten, der Steiermark, in Tirol oder auch in Niederösterreich zunehmend großflächigere Brände. Im Jahresmittel gibt es bundesweit rund 200 "erwähnenswerte" derartige Feuer. Begünstigt wird deren Zunahme durch den Klimawandel mit u.a. trockeneren Sommern und Wintern mit weniger Schnee, sowie von Veränderungen in der Landnutzung und die zunehmenden Aktivitäten von Menschen in bewaldeten Gebieten. Immerhin 85 Prozent der Brände hierzulande sind auf menschliche Aktivitäten zurückzuführen, Blitzschlag spielt eine deutlich untergeordnete Rolle, erklärte Kraxner, der mit einem Team um Andrey Krasovskiy mit ausgeklügelten Simulationen nach künftigen Waldbrand-Hotspots sucht.
Das Thema stärker in Erinnerung gerufen hat vielen Österreichern der große Waldbrand in Hirschwang in der Marktgemeinde Reichenau an der Rax (NÖ) im Herbst 2021 mit rund 120 Hektar verbranntem Forst. Im vergangenen Jahr gab es zum Beispiel in Wildalpen (Steiermark) und im Raum Gänserndorf (NÖ) Brände mit 90 bzw. 30 Hektar Größe. Das sind für unsere Breiten schon "Extrembrände", sagte Kraxner. An der Abschätzung solcher Ereignisse arbeitet man mit einem eigenentwickelten Modell namens "FLAM". Damit berechnet man die Brand-Wahrscheinlichkeit, die potenzielle Ausdehnung, Intensität und die Emissionen von Schadstoffen durch die Feuer unter verschiedenen Klimaszenarien. All das unter Berücksichtigung der regionalen Bevölkerungsentwicklung und Wald-Bewirtschaftungsformen für die kommenden Jahrzehnte.
Waldbesucher wollen Informationen, aber eher keine Sperren
In dem vom Klima- und Energiefonds geförderten AFF-Projekt widmete man sich übergeordnet der Schnittstelle zwischen Wald und Mensch im immer wärmer werdenden Alpenbogen. Ein Schwerpunkt liegt auf dem Rax- und Schneeberggebiet, wo Forscherinnen und Forscher von der Boku im Jahr 2023 auch rund 1.000 Erholungssuchende befragt haben. In dem Gebiet in relativer Nähe zu Wien sind oft viele Menschen unterwegs. Das Bewusstsein für die Gefahr durch Waldbrände ist der Untersuchung zufolge auf jeden Fall ausbaufähig.
Rund ein Drittel der Befragten fühlt sich nicht ausreichend informiert. Ein Großteil gab an, sich an Regeln zu halten, wie etwa das Rauchen in Trockenzeiten im Wald zu unterlassen. Welches Verhalten das Brandrisiko erhöht, ist vielen Leuten prinzipiell klar, ebenso gaben viele an, eine Art Schmerz zu empfinden, wenn Wälder abbrennen. Während etwa die Akzeptanz für Informationsschilder zu Gefahren und Risiken oder für Strafen bei Regelverstößen recht groß ist, werden Maßnahmen, wie das temporäre Sperren von Wanderwegen im Sinne der Brandvermeidung und Personenschutz deutlich kritischer gesehen, erklärte Kraxner. Ein weitgehendes Verständnis dafür, wie es das etwa bei Lawinengefahr in Skigebieten gibt, ist noch wenig etabliert.
Umgang mit Feuer lernen
Punkto Bewusstseinsbildung bei Waldbesuchern ist also noch etwas zu tun. Ein Stück weit fehle Teilen der Bevölkerung in Österreich auch eine Art "Verbundenheit mit dem Feuer" und die Erfahrung mit Lagerfeuern und dem fachgerechten Löschen selbiger. In Zeiten steigender Waldbrandgefahr brauche es auch Möglichkeiten, den Umgang mit Feuer zu erlernen. Eine wichtige Rolle spielen hier die Freiwilligen Feuerwehren, die sich auch zunehmend auf Waldbrände vorbereiten werden müssen und das auch schon teils tun, meinte der Forscher.
Seitens der Wissenschaft würde man jedenfalls versuchen, möglichst alle Stimmen zu hören und eine breitere Diskussion rund um das größer werdende Thema mit möglichst allen Betroffenen zu führen. Das AFF-Projekt sei hier "ein Anfang", so Kraxner.
(S E R V I C E - Infos zum "Austria Fire Futures"-Projekt: https://iiasa.ac.at/projects/austria-fire-futures und https://www.klimafonds.gv.at/projekt/austria-fire-futures)
Zusammenfassung
- Bis zum Jahr 2100 muss in Österreich mit einer Verdoppelung der Waldbrandgefahr gerechnet werden.
- Im Schnitt gibt es jährlich rund 200 erwähnenswerte Waldbrände, wobei 85 Prozent auf menschliche Aktivitäten zurückzuführen sind.
- Klimawandel, veränderte Landnutzung und mehr Freizeitaktivitäten im Wald fördern die Zunahme und Intensität der Brände.
- Eine Umfrage unter rund 1.000 Erholungssuchenden zeigte, dass ein Drittel sich nicht ausreichend informiert fühlt und Informationsschilder eher akzeptiert werden als temporäre Wegsperren.
- Das Forschungsprojekt 'Austria Fire Futures' entwickelt mit dem Modell 'FLAM' Prognosen zu Brandwahrscheinlichkeit, Ausdehnung und Emissionen, um künftige Hotspots zu identifizieren.
