Steirischer Landtag mit Gedenksitzung für Opfer von Amoklauf
Für die Gedenksitzung im Landtag waren fast alle Abgeordneten in schwarzer Kleidung, die Männer mit schwarzen Krawatten gekommen. Schon vor der Beginn der Sitzung zeichnete sich eine besonnene, fast bedrückende Stimmung in der sonst sehr quirligen Landtagsstube ab. Es gab herzliche Begrüßungen, vor allem für die Mitglieder der Grazer Stadtregierung, angeführt von Bürgermeisterin Elke Kahr (KPÖ), die im Zuschauerraum Platz nahm. Am Rednerpult sowie neben der steirischen Landesflagge in Weiß-Grün war ein schwarzes Trauerband angebracht.
Die Gedenksitzung wurde von Landtagspräsident Gerald Deutschmann (FPÖ) mit einer Schweigeminute eröffnet. Anschließend meinte er, dass die Landeshauptstadt der Steiermark immer noch "unter Schock" stehe. Die Erlebnisse würden die Zeugen und Opfer nie vergessen, doch "wir Steirerinnen und Steirer stehen zusammen". Diesen Worten folgten durch die Bank sämtliche Fraktionen. Das Miteinander wurde in den Vordergrund gestellt. Landeshauptmann Mario Kunasek (FPÖ) sprach mit ruhigen, sanften Worten und zeigte viel Gefühl: "Das Grüne Herz wird noch lange brauchen, bis die Narben vom Dienstag heilen." Er versprach, dass das Land niemanden zurücklasse und Hilfe anbiete: "Nehmen Sie die Hilfe an", appellierte er an die Opfer und Zeugen.
Mit der Vorbereitung zum Finden der richtigen Worte habe er sich ebenso wie viele andere Redner schwer getan: "Aber es geht nicht immer um Worte, sondern um das Zuhören oder das Dasein." Das sei ihm bei den bisherigen Trauerveranstaltungen aufgefallen. Es sei oft sehr ruhig. Es sei nun Zeit zum Innehalten und erst in einer nächsten Phase müsse man die richtigen Schlüsse aus dem Amoklauf ziehen und die politische Arbeit aufnehmen.
"Eine kranke, verletzte Seele hat ihnen das Leben genommen"
Landeshauptmannstellvertreterin Manuela Khom (ÖVP) zählte oft genannte Phrasen auf, die Eltern morgens ihren Kindern zur Schule mitgeben: "Tschüss, bis zu Mittag. Busserl, bis später. Ich habe diese Worte sicher auch oft gesagt", meinte sie und fügte hinzu, dass es nun aber für manche dieses "Später" nicht mehr gab. "Eine kranke, verletzte Seele hat ihnen das Leben genommen. Das zerreißt mir fast das Herz", dabei könne sie das Ausmaß und den Schmerz, wie ihn die Eltern der getöteten Schülerinnen und Schüler empfinden müssen, gar nicht ermessen.
FPÖ-Klubobmann Marco Triller, ansonsten bekannt für durchaus laute und umstrittene Worte im Landtag, konnte seine Emotionen in seiner Rede kaum zurückhalten. Mit gebrochener Stimme und unter Tränen meinte auch er, als Vater dreier Kinder, eines davon im Alter der getöteten Jugendlichen, dass es ihm "das Herz zerrissen" habe. Er spreche nicht als Klubobmann und nicht als Politiker, sondern als Mensch und im Namen seiner Fraktion. Er wünschte den betroffenen Familien Kraft. "Graz ist verwundet, aber Graz steht zusammen, die Steiermark steht zusammen."
"Zutiefst persönliches Mitgefühl" von NEOS-Klubchef Swatek
SPÖ-Chef Max Lercher meinte bei aller Trauer: "Die dunkelste Stunde hat gezeigt, wie wunderbar der Mensch sein kann, wenn man zusammenhält." Grünen-Klubobfrau Sandra Krautwaschl musste in ihrer Rede mehrfach tief durchatmen und betonte: "Der Zusammenhalt hilft uns in der Verzweiflung." NEOS-Klubchef Niko Swatek sagte, dass keine Worte den 10. Juni rückgängig machen könnten, "aber Schweigen würde sich falsch anfühlen". Er wolle nicht vergleichen, doch er wisse, wie es sich anfühlt, ein Kind zu verlieren: "Ich bin kürzlich zum zweiten Mal Vater geworden, aber mein zweiter Sohn ist viel zu früh von uns gegangen." Sein Mitgefühl sei daher "zutiefst persönlich".
Swatek sprach nur kurz an, dass es strengere Waffengesetze brauche und meinte: "Wer dem Heer nicht dienen darf, weil er psychisch instabil ist, der darf auch privat niemals eine Waffe bekommen. Wenn Behörden wichtige Informationen nicht miteinander teilen, und Menschen deswegen ihr Leben lassen müssen, dann hat der Staat versagt." Er nahm auch Medien in die Pflicht, die nicht alle angemessen berichtet hätten. Das unterstrich auch KPÖ-Klubobfrau Claudia Klimt-Weithaler: "Es ist jetzt nicht der Raum hier, um Politik zu machen, aber nicht alle Medien haben sich vorbildlich verhalten. Das ist beschämend." Auch sie kämpfte in ihrer Rede mit den Tränen und meinte abschließend: "Wir halten zusammen."
Zusammenfassung
- Der steirische Landtag hat am Dienstag in einer Gedenksitzung der zehn Todesopfer des Amoklaufs von Graz gedacht.
- Parteivertreter aller Fraktionen verzichteten auf politische Diskussionen und betonten stattdessen Zusammenhalt und Mitgefühl.
- Die Sitzung begann mit einer Schweigeminute, fast alle Abgeordneten trugen schwarze Kleidung, und die Atmosphäre war von tiefer Betroffenheit geprägt.
- Landeshauptmann Mario Kunasek (FPÖ) versprach Unterstützung und appellierte an die Opfer und Zeugen, die angebotene Hilfe anzunehmen.
- Strengere Waffengesetze und Behördenversagen wurden nur am Rande angesprochen, konkrete politische Maßnahmen blieben aus.