Rot-weiß-roter Weltraum-Quantenrechner: Zehn Jahre Vorsprung
Ausgehend von den Arbeiten von Physik-Nobelpreisträger Anton Zeilinger habe man an der Universität Wien Fähigkeiten mit Quantensystemen mit Licht entwickelt, die das Tor zu Technologieanwendungen wie Quantenkryptographie oder Quantencomputer aufstoßen, erklärte Walther. "Wir können mit Quantensystemen spielen und haben dabei ein unglaubliches Level an Sicherheit erreicht - das ist eine neue Technologiewelt, wo Österreich eine Führungsrolle hat." Zudem habe man zeigen können, dass sich Quantencomputer "extrem gut für Maschinelles Lernen und Anwendungen im Bereich Künstliche Intelligenz eignen", weil sie schneller als derzeitige Systeme seien und weniger Strom brauchen.
Das erklärt auch den Schritt der Wiener Physiker ins All: Dort gebe es derzeit 1.500 Erdbeobachtungssatelliten, und Prognosen zufolge sollen es in einem Jahrzehnt 10.000 sein, die sehr effizient Daten aus der Beobachtung etwa von Waldbränden oder Meeresströmungen prozessieren. "Wenn man hier einen Boost durch Quantentechnologien erzielen kann, ist man in einer sehr interessanten Technologieschiene drinnen", sagte Walther.
Seine Vision sei, Erdbeobachtungsaufgaben zu übernehmen und zu zeigen, dass der Quantencomputer dabei schneller arbeite als herkömmliche Rechner und dabei weniger Strom benötige. Dies sei nicht nur für Satelliten interessant, sondern auch für Drohnen oder autonome Fahrzeuge.
Der Quantencomputer-Satellit ist ein wichtiger Schritt dahin. Das Team um Walther hat es geschafft, die ganzen Komponenten, die im Labor einen Experimentiertisch mit einer Größe von drei mal einem Meter, Schwingungsabsorption und viel Energie benötigen, in einen schuhschachtelgroßen Zylinder mit den Maßen 150 x 150 x 453 Millimeter und einem Gewicht von 9,5 Kilogramm zu packen - und das alles auch noch sehr energieeffizient zu betreiben.
Rein österreichische Finanzierung
Stolz ist Walther auch darauf, dass der Satellit, der in der Rekordzeit von 18 Monaten entwickelt wurde, rein österreichisch finanziert wurde. Rund zwei Mio. Euro kamen von der Forschungsförderungsgesellschaft FFG, zudem habe die Universität Wien maßgeblich mitgezahlt.
Bei den bisherigen Tests habe man gesehen, dass alle Bauteile funktionieren, "das war eine große Erleichterung, weil die Belastungen beim Start für Quantenbauteile enorm sind". Das Forschungsteam habe auch gelernt, mit den Weltraumbedingungen - also den abwechselnden Phasen mit viel Licht und großer Hitze sowie Dunkelheit und Kälte - umzugehen und das Gerät operativ zu betreiben. Nun sei man in der Phase, das Experiment zu justieren. Bis Ende des Jahres wollen die Wissenschafterinnen und Wissenschafter Kernschritte des Quantencomputers demonstrieren, also Rechenoperationen mit Quantenlicht, "und wenn alles klappt, einen Schritt weitergehen und Daten prozessieren, die von der Bordkamera eingelesen werden", so Walther zur APA.
Derzeit lerne man sehr viele Sachen, die man am Boden nicht wissen konnte. Als Beispiel nannte Walther störende Lichtteilchen, die trotz aller Abschirmungen bis ins Innere des Satelliten vordringen und die empfindlichen Experimente mit einzelnen Lichtteilchen stören. All das soll "definitiv in die nächste Generation einfließen", denn Walther plant bereits den nächsten Satelliten, der in zwei bis drei Jahren folgen könnte.
"Intensive Verhandlungen" zum FTI-Pakt
Ob das Forschungsteam einen zweiten Satelliten realisieren kann, wird möglicherweise auch vom nächsten sogenannten Forschungs-, Technologie- und Innovationspakt (FTI-Pakt) abhängen. Dieser legt fest, welches Budget den zentralen Forschungsförderagenturen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen in den Jahren 2027 bis 2029 zur Verfügung steht. Diese Summe müssen die zuständigen Ressorts (Wissenschafts-, Infrastruktur- und Wirtschaftsministerium) bis Jahresende mit dem Finanzministerium aushandeln.
Für Holzleitner ist der Quantencomputer-Satellit "das beste Beispiel dafür, dass es einen starken FTI-Pakt braucht". Denn im Grundlagenforschungsbereich werde die Basis dafür geschaffen, in den kommenden Jahren und Jahrzehnten unseren Wohlstand zu sichern. "Das betonen wir gemeinsam gegenüber dem Finanzministerium vielfach", so die Ministerin. Hanke meinte, dass "wir im finanziellen Input-Bereich schon einen weiten Weg gegangen sind", und verwies auf die 620 Mio. Euro, die im nächsten Jahr für die angewandte Forschung vorgesehen seien, sowie weitere 300 Mio. Euro für den Schwerpunkt Weltraum. "Und wie man sieht, ist das lohnend", sagte er unter Hinweis auf den Satelliten.
Bei der Frage, ob es gegenüber den rund fünf Mrd. Euro für den laufenden FTI-Pakt 2024-2026 ein Plus geben werde, wie es auch das Forschungsfinanzierungsgesetz vorsieht, das eine "langfristige, wachstumsorientierte Finanzierung" festschreibt, wollten sich die Minister nicht festlegen. "Die Deadline ist der 31. Dezember, die Verhandlungen bis dahin werden sicher noch sehr intensiv, noch kann man abschließend nichts fix sagen", so Holzleitner.
Zusammenfassung
- Im Juni wurde der weltweit erste Quantencomputer, entwickelt an der Universität Wien, ins All geschickt.
- Projektleiter Philip Walther sieht Österreich mit etwa zehn Jahren Vorsprung in der Quantenforschung und betont die Führungsrolle bei Quantensystemen mit Licht.
- Der Quantencomputer-Satellit ist schuhschachtelgroß (150 x 150 x 453 mm), wiegt 9,5 Kilogramm und wurde in nur 18 Monaten entwickelt.
- Die Entwicklung wurde ausschließlich mit österreichischen Mitteln finanziert, darunter rund zwei Millionen Euro von der FFG und maßgebliche Beiträge der Universität Wien.
- Bis Jahresende sollen erste Rechenoperationen mit Quantenlicht im All demonstriert werden, während die Planung für einen zweiten Satelliten von den Budgetverhandlungen zum FTI-Pakt abhängt.