RH rügt Personal- und Finanzmanagement der Gerichtsmedizin
Bei der Überprüfung der gerichtsmedizinischen Leistungen in der Strafrechtspflege von 2019 bis Ende 2023 fiel dem RH auf, dass keines der vier Institute eine strategische Personalplanung angestellt hatte. Dabei lag auch das Durchschnittsalter der mehr als zwei Dutzend eingetragenen Sachverständigen für Gerichtsmedizin, die außerhalb der Institute als externe Fachkräfte zur Verfügung standen, mit 62 Jahren nahe am gesetzlichen Pensionsantrittsalter. Angesichts der langen Ausbildungsdauer von Gerichtsmedizinerinnen und -medizinern, die vom Studienbeginn an zumindest zwölf Jahre dauert, empfiehlt der RH daher den Trägern der gerichtsmedizinischen Institute, den Personalbedarf in den Fokus zu richten, um eine qualitätsvolle Gerichtsmedizin zukunftssicher entwickeln zu können.
Wie eine Stichproben-Prüfung ergab, benötigte die Grazer Gerichtsmedizin im Schnitt 77 Tage für das Übermitteln von schriftlichen Obduktionsergebnissen an die Staatsanwaltschaft. Bei der Wiener Gerichtsmedizin betrug die Wartezeit demgegenüber durchschnittlich 152 Tage. Der RH appelliert daher an die Wiener Gerichtsmedizin, gezielt Maßnahmen zu setzen, um die Laufzeiten zu verkürzen, wobei dem Institut zugebilligt wird, dass die Ausbildung von Fachärztinnen und -ärzten sowie die umfassende Qualitätssicherung einen zeitlichen Mehraufwand darstellt.
Mehr als 70 Millionen Euro haben vor allem das Wissenschaftsministerium sowie das Justizministerium zwischen 2019 und 2023 für die Leistungen der gerichtsmedizinischen Institute und ihrer Bediensteten bezahlt. Dass die Zahlungen des Justizministeriums nur zu weniger als einem Drittel den Universitäten bzw. den Instituten zugute kamen und im überwiegenden Teil zusätzlich zum laufenden Entgelt bei den Bediensteten bzw. Sachverständigen blieben, ist dem RH ein Dorn im Auge. "Nach Ansicht des Rechnungshofes sollten die Zahlungen, die von der Justiz geleistet werden, vorrangig der zukunftssicheren und nachhaltigen Finanzierung der gerichtsmedizinischen Institute dienen", heißt es in dem am Freitag veröffentlichten Bericht.
RH für flächendeckende Errichtung von Gewaltambulanzen
Ausdrücklich begrüßt werden vom RH die Gewaltambulanzen, die sich mittlerweile an den gerichtsmedizinischen Instituten der Medizinischen Universitäten Graz und Wien im Probebetrieb befinden. Diese bieten in Fällen von häuslicher oder sonstiger Gewalt kostenlos gerichtsmedizinische Untersuchungen an, die der Beweissicherung dienen. Aus Sicht des RH sind Gewaltambulanzen zweckmäßig, insbesondere im Hinblick auf eine effektive Strafverfolgung, Verfahrensbeschleunigung und den Opferschutz.
Der RH spricht sich deshalb für die flächendeckende Errichtung von Gewaltambulanzen aus. Dem Justizministerium wird folglich empfohlen, in Abstimmung mit den anderen Ressorts, die an der Finanzierung beteiligt sind, auszuloten, wie sich die gerichtsmedizinischen Institute in Innsbruck und Salzburg sowie sonstige relevante Stellen am Pilotbetrieb beteiligen können.
Zusammenfassung
- Der Rechnungshof kritisiert das Fehlen einer strategischen Personalplanung in den gerichtsmedizinischen Instituten, wo Anfang 2024 nur 18 Fachärztinnen und -ärzte beschäftigt sind und die Hälfte davon bald das Pensionsalter erreicht.
- Die durchschnittlichen Wartezeiten auf Obduktionsergebnisse lagen in Graz bei 77 Tagen und in Wien bei 152 Tagen, weshalb der RH gezielte Maßnahmen zur Verkürzung fordert.
- Zwischen 2019 und 2023 wurden über 70 Millionen Euro für die Leistungen der Institute ausgegeben, wobei weniger als ein Drittel der Justizzahlungen direkt an die Institute floss, was der RH kritisiert.