Pressefreiheitsindex
Pressefreiheitsindex: Österreich steigt auf, aber bei weitem "nicht alles gut"
Mit 78,12 Punkten (plus 3,43 Punkte gegenüber 2024) landet Österreich im Mittelfeld der als "zufriedenstellend" eingestuften Länder.
Sechs Pressefreiheitspunkte fehlen auf die Top Ten, in denen Österreich seit 2015 nicht mehr aufscheint. Eine Rückkehr dorthin "wird nicht einfach sein", meint Hausjell.
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"Kontinuierliche Arbeit für einen stärkeren Journalismus" sei dafür nötig. Dafür müsse jedoch die Medienpolitik erstmals aus ihrem "stiefmütterlichen Dasein" herausgeführt werden, sagt Wassermair. Derzeit ortet er nur eine geringe Beachtung und kaum Wertschätzung für diesen Bereich.
Das könne sich aber ändern, zieht der Generalsekretär einen Vergleich zu Estland, das sich mittlerweile auf Platz zwei im Ranking vorgearbeitet habe und vor wenigen Jahrzehnten noch Teil eines totalitären Systems gewesen sei.
Haushaltsgabe als positive Änderung
Dass es hierzulande mit dem Score bergauf ging, hat mit hohen Unterstützungszahlungen im Bereich des Qualitätsjournalismus oder auch der digitalen Transformation zu tun. Auch die Entscheidung der Regierung, die ORF-Finanzierung mit einer Haushaltsabgabe abzusichern, wirkte sich positiv aus.
"Bitterer Wermutstropfen ist, dass diese bis 2029 gedeckelt ist", sagt Hausjell. Durch dieses Einfrieren des ORF-Beitrags ist das öffentlich-rechtliche Medienhaus mit zusätzlichem Sparzwang konfrontiert.
"Das hat schwächende Auswirkungen auf den Journalismus, wenn man Topleute mit Handshake in Frühpension schicken muss. Für die journalistische Branche ist das ein Schlag in die Magengrube", sagt der RSF-Österreich-Präsident.
Inseratenschaltungen an Qualität koppeln
Kritisch sieht er, dass ein großer Brocken der Fördergelder weiterhin an Boulevardmedien fließt und neue wie auch digitale Medien fast komplett durch die Finger schauen.
Auch die Inseratenschaltungen der Regierung, die von Experten immer wieder als willkürlich kritisiert werden, sieht er mit Skepsis. Sie sollten als Teil der Medienförderung an Qualitätskriterien gekoppelt werden.
"Damit wäre gewährleistet, dass sie völlig losgelöst von der Frage, ob kritisch oder freundlich über die Regierung berichtet wird, vergeben werden. Das wäre ein Segen für Politik und Journalismus", meint Hausjell etwa mit Blick auf die Inseratencausa, welche die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) weiterhin beschäftigt.
Blau-türkise Verhandlungen als "sehr scharfe Warnung"
Mit Blick auf das Verhältnis von Politik und Journalismus zeigt sich der RSF-Präsident erleichtert, dass es nun doch nicht zu einer blau-türkisen Regierung gekommen ist. "Das muss uns für die nächsten Jahre eine sehr scharfe und bleibende Warnung sein", sagt Hausjell etwa mit Blick auf gewälzte Pläne zu einem Zitierverbot aus Strafakten oder auch der Reduzierung des ORF auf einen "Grundfunk".
Bei einem Teil der Bevölkerung habe sich die Haltung der FPÖ, die kritische Medien wiederholt als "Lügenpresse" oder "Systemmedien" abstempelte, aber eingeschrieben, warnt Wassermair.
Es werde eine "große Herausforderung", die Wertschätzung gegenüber Medien und deren Wert für die Demokratie wieder zu verbessern. Noch dazu, weil "die FPÖ sicherlich keine Ruhe geben" werde.
Medienkompetenz und -vielfalt stärken
Die Antwort der Medienpolitik darauf müsse sein, die Medienkompetenz im Land zu stärken. Das Bekenntnis dazu sei im Regierungsprogramm vorhanden, ein konkretes Konzept aber nicht, so Hausjell.
Der ORF sowie nicht-kommerzielle und privatwirtschaftliche Medien sollten durch Förderprogramme in die Lage versetzt werden, einen "neuen Medienbildungsjournalismus" zu entwickeln, empfiehlt der Medienexperte.
Handlungsbedarf ortet er auch in puncto Medienvielfalt. In den vergangenen Jahren sank die Anzahl der Tageszeitungen auf nunmehr zwölf. "Wo ist die rote Linie für die Medienpolitik erreicht? Ab wann wird massiv gegengesteuert und in neue Vielfalt investiert?", fragt er.
RSF wünscht sich, dass die Regierung auch Initiativen in Richtung Europa setzt und Verbündete in anderen Kleinstaaten sucht, um gemeinsame Vertriebskanäle im Digitalen aufzubauen. Derzeit werde bei der Verbreitung von journalistischen Inhalten weiterhin zu stark auf Plattformen von internationalen Tech-Giganten gesetzt.
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Kritik am RSF-Ranking
In den vergangenen Jahren wurde wiederholt Kritik am Pressefreiheitsranking von RSF laut. So schüttelten einige Beobachter angesichts der Vorjahresplatzierung von Österreich auf Platz 32 zwischen Moldau und Mauretanien den Kopf. Die Vermutung von mancher Partei, aber auch Kommentatoren des Mediengeschehens war, dass mit dem Ranking Parteipolitik betrieben werde.
"Die Vorstellung, dass der Präsident von RSF Österreich das Ergebnis bestimmen würde, ist schlicht falsch", hält Hausjell nun dazu fest.
"Ich könnte Evaluatoren, die meiner Meinung nach nicht angemessen evaluieren, nicht ausschließen oder umgekehrt keine hineindrängen. Ausschließlich die fachliche Qualifikation der Personen motiviert uns, sie als Evaluatoren vorzuschlagen", so Hausjell.
"Wir müssen keinesfalls 'everybodys darling' sein. Es ist nicht unsere Aufgabe, für Annehmlichkeiten zu sorgen", sagt Generalsekretär Martin Wassermair und bittet darum, RSF Österreich nicht an Dingen zu messen, auf welche die NGO keinen Einfluss habe.
"Wir verstecken uns nicht. Wir haben einiges in nächster Zeit vor, an dem man uns messen kann", so der Generalsekretär.
Zusammenfassung
- Im Vorjahr belegte Österreich im Pressefreiheitsindex von Reporter ohne Grenzen (RSF) Platz 32 - ein historischer Tiefststand.
- Heuer ist das Ranking etwas besser, immerhin Platz 22 wurde es.
- "Es ist bei weitem nicht alles gut", warnt RSF-Österreich-Präsident Fritz Hausjell aber und gibt als Ziel aus, wieder in den Topplätzen aufzuscheinen.