Abrechnung
Reiterer nach ORF-Aus: Nach Karenz "nicht ansehnlich genug"
27 Jahre lange war Claudia Reiterer für den ORF tätig. Nun musste sie sich vom Öffentlich-Rechtlichen verabschieden. Man habe ihr gesagt, sie müsse vom Bildschirm und der politischen Berichterstattung weg, sagte sie im Interview mit der "Presse".
"Die politische Berichterstattung war immer meins", meinte Reiterer, die jahrelang bei "Im Zentrum" moderierte. Sie habe sich zwischen "Sicherheit und Freiheit" entscheiden müssen und sich für Freiheit entschieden.
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"Schwer gekränkt"
"Ich habe - auch schriftlich - die Frage nach dem Grund gestellt: Ist es das Aussehen? Das Alter? Die Leistung?" Einen Grund habe man ihr dennoch nicht genannt.
Danach sei sie nach Sri Lanka geflogen und habe Ayurveda gemacht. "Und ich war so circa zehn Tage schon noch schwer gekränkt", meint sie. Sie habe dann viel geschrieben - eine Keynote und ein Sachbuch.
ORF: Zu viel zugenommen fürs Moderieren
Als Frau beim ORF habe sie sich oft ungerecht behandelt gefühlt, packt sie nun aus. Vor allem nach der Geburt ihres Sohnes im Jahr 2004. "Bis ich meinen Sohn bekommen habe, hatte ich mehr das Gefühl von Gleichberechtigung. Aber ab dem Zeitpunkt war es aus", sagte sie.
Ihr Vorgesetzter hätte wollen, dass sie nur Teilzeit zurückkomme. Das habe sie aber nicht gemacht, da sie Angst hatte, ihren Job zu verlieren. "Den habe ich trotzdem verloren", erzählt sie.
Sie habe zuvor bei "Report" gearbeitet. Nach ihrer Karenz habe sie einmal die "Pressestunde" gemacht, danach sei ihr ausgerichtet worden: "Dass ich zu viel zugenommen hätte, dass ich für die Zuschauer nicht ansehnlich genug sei. Und ich wurde abgesetzt".
Danach sei sie zur Gleichbehandlungsanwaltschaft gegangen und habe danach das "Hohe Haus" moderieren dürfen. Ihr Anwältin habe sie damals gewarnt, dass sie zwar gewinnen, aber gleichzeitig ihren Job verlieren könnte. "Aber in meiner Position so eine Ungerechtigkeit durchgehen lassen, das ging nicht."
Sie wurde bereits zuvor einmal bei einer Sendung abgesetzt, weil sie sich weigerte, die Haare zu schneiden.
Keine freien Tage
Beim ORF sei das Arbeitspensum für sie und ihr Team kaum zu stemmen gewesen. "An manchen Tagen habe ich 50 Telefonate geführt. Es war so anstrengend. Am Wochenende habe ich gestrebert wie wild, bis ich das Thema intus hatte", sagte die langjährige Moderatorin von "Im Zentrum".
Freie Tage habe sie nicht gehabt. Nur im sendungsfreien Sommer konnte sie Energie tanken.
Ihre berufliche Zukunft hält sie sich offen. Sie schließt auch nicht komplett aus, einmal in der Politik Fuß zu fassen.
Reiterer kam 1997 zum ORF. Sie moderierte 2.700 Sendungen. Über acht Jahre lang moderierte sie "Im Zentrum", das heuer durch "Das Gespräch" ersetzt wurde. 2009 gewann sie die ORF-Tanzshow "Dancing Stars".
Video: Bombendrohung beim ORF
Zusammenfassung
- Die langjährige Moderatorin Claudia Reiterer musste dem ORF Adé sagen.
- Einen Grund, warum sie nicht mehr vor der Kamera stehen dürfe, nannte man ihr nie.
- Mit etwas Abstand findet sie in einem Interview nun viel Kritik am Sender.
- So habe man sie nach ihrer Karenz abgesetzt, weil sie zugenommen habe.