Dreieinhalb Jahre Haft für Raser nach Flucht vor Polizei
Ursprünglich hatte die Staatsanwaltschaft gegen den 33-Jährigen sogar wegen versuchten Mordes ermittelt. Der dem Mann unterstellte Tötungsvorsatz wurde von der Anklagebehörde erst vor wenigen Wochen fallen gelassen. Von einem Schöffensenat für schuldig befunden wurde er nun der versuchten schweren Körperverletzung, der Gefährdung der körperlichen Sicherheit und des Widerstands gegen die Staatsgewalt. Sowohl Verteidiger Christian Werner, der von einer "unnötigen, völlig vertrottelten Aktion" gesprochen hatte, als auch die Staatsanwältin waren mit dem Urteil einverstanden.
Die Besatzung einer Funkstreife hatte den 33-Jährigen erkannt, der wegen offener Verwaltungsstrafen in Höhe von 33.000 Euro zur Fahndung ausgeschrieben war, als dieser mit seiner Lebensgefährtin und der gemeinsamen vier Monate alten Tochter am Beifahrersitz in Wien-Leopoldstadt unterwegs war. Mit Blaulicht und Folgetonhorn folgten sie dem Pkw und signalisierten dem Fahrer, dieser solle stehenbleiben. Stattdessen drückte dieser aufs Gas, bog in der Wehlistraße gegen die Einbahn ein, verlor dabei infolge überhöhter Geschwindigkeit die Herrschaft über sein Fahrzeug und krachte in einen anderen Pkw. Dieser Fahrer erlitt ein Schleudertrauma und Prellungen am der linken Schulter.
Ungeachtet des Crashs gab der 33-Jährige nicht klein bei. Laut Anklage steuerte er einen Polizeibeamten, der sich ihm mit gezogener Pistole in den Weg stellte, mit 13 km/h an. Nur weil der Beamte rechtzeitig zur Seite sprang, sei der Polizist nicht niedergefahren bzw. -gestoßen worden, schilderte die Staatsanwältin. Ein Außenspiegel des Pkw streifte ihn am rechten Arm. Die Raserei des 33-Jährigen hatte erst ein Ende, als er mit seinem Fahrzeug ins Schleudern kam, in eine Baustelle krachte und der Pkw zwischen einem Bauzaun und einer Betonsäule eingeklemmt wurde.
Selbst jetzt drehte der Angeklagte den Motor noch nicht ab. Erst vier Schüsse, die ein Polizist in die Reifen des Pkw abgab, bewogen ihn zur Aufgabe. Frau und Kind des 33-Jährigen entstiegen unverletzt dem Auto, der Lenker musste von der Polizei mit Gewalt aus dem Fahrzeug befördert werden.
Angeklagter machte Angst vor Geföngnis geltend
Der Angeklagte machte nun vor Gericht Angst vor dem Gefängnis als Motiv geltend. Ihm sei klar gewesen, dass er aufgrund mangelnden Bargelds die für die offenen Verwaltungsstrafen vorgesehene sechswöchige Ersatzfreiheitsstrafe zu verbüßen gehabt hätte: "Ich habe die Zelle schon vor mir gesehen." Das Eingesperrtsein habe er unbedingt vermeiden wollen: "Ich hatte Angst, dass ich den Job verlier und meine Frau mit dem Kind allein bleibt."
Im Nachhinein tue ihm sein Verhalten "sehr leid. Es brennt mir im Herzen", versicherte der neunfach Vorbestrafte. Er schwöre "beim Leben meiner Tochter", dass er den Polizisten nicht verletzen habe wollen.
Zusammenfassung
- Ein 33-jähriger, amtsbekannter Raser wurde nach einer Flucht vor der Polizei am 16. September 2024 in Wien, bei der er einen Unfall verursachte und einen Polizisten mit 13 km/h anfuhr, zu dreieinhalb Jahren unbedingter Haft verurteilt.
- Der Mann war zur Fahndung ausgeschrieben, weil er Verwaltungsstrafen in Höhe von 33.000 Euro offen hatte, und wurde wegen versuchter schwerer Körperverletzung, Gefährdung der körperlichen Sicherheit und Widerstands gegen die Staatsgewalt verurteilt.
- Die Polizei stoppte die Flucht erst nach vier Schüssen auf die Reifen; Frau und vier Monate alte Tochter des Angeklagten blieben unverletzt, das Urteil wurde von Verteidigung und Staatsanwaltschaft akzeptiert.