Oberkärntner Sorgen um Passverbindung nach Italien
Der Bürgermeister der Grenzgemeinde Kötschach-Mauthen, Josef Zoppoth (SPÖ), forderte im Gespräch mit der APA Umsatzersätze ähnlich wie in der Coronazeit für Firmen, die diese nachweisen können. Auch beklagten örtliche Firmen den weiten Ausweichweg. Der in der Region wichtige Holzhandel mit Italien leide darunter besonders. Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) stellte Hilfen auf Nachfrage in Aussicht, brachte den Kärntner Wirtschaftsförderungsfonds (KWF) ins Spiel. Der Kärntner Verkehrsreferent Martin Gruber (ÖVP) verwies auf die Zuständigkeit Italiens respektive Friauls und eine bilaterale Expertengruppe. Er gehe davon aus, dass die italienische Ansage halte - nämlich eine provisorische Lösung für die Verbindung in äußerst schwierigem geologischen Gebiet bis Ende 2024 zu schaffen.
"Wir haben bereits Stützungsmaßnahmen für die Betriebe beschlossen", sagte die Verkehrsbeauftragte der Region Friaul Julisch Venetien, Cristina Amirante, der APA. Geholfen werde besonders unter der Straßenschließung Leidenden mit insgesamt einer halben Million Euro. Sie bekräftigte, dass die Wiederöffnung als Provisorium heuer noch klappen werde. Zuletzt gab es wie berichtet die Sprengung eines 500 Kubikmeter großen Felsblocks oberhalb der Straße.
Auf der hiesigen Seite der Grenze gibt es Zweifel zum Wiedereröffnungszeitplan der hiesigen B 111 und italienischen SS 52, die Oberdrauburg mit Tolmezzo verbindet. "Wir rechnen eher nicht mit einer Reparatur noch heuer - und zieht der Winter ein, dann droht eine Eröffnung erst Mitte 2025", befürchtet Bürgermeister Zoppoth. "Dann ist vor allem auch Thema, wie eine dauerhafte Lösung ausschauen könnte."
Amirante: "Wir haben mit dem Bau von Steinschlagbarrieren der jüngsten Generation begonnen, außerdem wurden in zwei Straßentunnels Sicherheitsmaßnahmen ergriffen. Sensoren messen die kleinsten Bodenbewegungen." Doch geologische Studien zeigten eine enorme Instabilität der Umgebung, die eine kurzfristige Lösung schwierig macht und zusätzlich eine andere, langfristige erfordert, verwies die Italienerin auch auf die Erdbebengefahr im Gebiet.
Geprüft würden drei Lösungen, die jeweils zwischen 100 Millionen und 700 Millionen Euro kosten könnten, erklärte Amirante. "Die Expertengruppe kommt im September zusammen, bei dem Treffen sollen die verschiedenen Möglichkeiten erörtert werden." Für die Kosten sollen die Region Friaul-Julisch Venetien, Kärnten, der italienische Staat und vor allem auch Brüssel aufkommen, da es sich um eine grenzüberschreitende Achse von internationaler Relevanz handle. Vom Land Kärnten wurde mit Friaul politisch einvernehmlich vereinbart, gemeinsam und ohne Denkverbote verschiedene Varianten einer dauerhaften, sicheren und finanzierbaren Lösung der Straßenverbindung zu untersuchen.
"Das Wichtigste ist, dass die Straße wieder aufgeht", sagte Markus Lamprecht, der seine Gasthof-Pension Lamprechtbauer nahe der Grenze auf Kärntner Seite führt, der APA. Dabei habe er selbst noch das Glück, viele Stammgäste zu haben, die trotz der Sperre ab der Grenze kämen. Schlussendlich seien für die Straße alle Lösungen recht. Es gebe aber "viele Gerüchte und wenig Information". Auch der direkte Austausch mit den Nachbarn gehe ab: "Sie kommen Speck essen und Bier trinken - und wir gehen Nudeln essen und Wein trinken."
Die wirtschaftliche Bedeutung der Straße wird fürs betroffene italienische Gebiet in Gesprächen allgemein als etwas stärker bewertet. Vor allem die Gastronomie sowie Hotels und Pensionen sind betroffen. "Die 1.900-Einwohner-Gemeinde Paluzza lebt vom Durchgangsverkehr. Uns fehlen die vielen Urlauber aus Österreich, Deutschland und den Niederlanden, die auf der Durchfahrt in den Süden bei uns angehalten haben", sagt der Bürgermeister Luca Scrignaro zur APA. "Wir hoffen, dass die Straße so bald wie möglich wieder geöffnet wird. Der Gedanke, dass wir zu einem Sackgassen-Tal geworden sind, ist bedrückend." Im Tal namens Valle del But leben insgesamt 18.000 Menschen.
Die Langfristlösung könne aus Sicht ein Scheiteltunnel und eine Mautstraße sein, um so die Erhaltung zu finanzieren, argumentiert Lokalpolitiker Zoppoth. Die Planung würde aber Jahre dauern, befürchtet er. Als möglichen Betreiber bringt der Oberkärntner die Felbertauernstraße AG ins Spiel, die sich für den etwaigen Betrieb interessiere. Ob Rom das fördert, darf bezweifelt werden. Die Gemeinde habe gemeinsam mit dem Straßenbetreiber auch eine Studie bei Joanneum Research beauftragt, um die volkswirtschaftlichen und betriebswirtschaftlichen Effekte der Sperre zu analysieren.
Hydrologen sollen APA-Informationen zufolge Tunnellösungen aufgrund des vielen Wassers im Berg für schwer umsetzbar halten. Es gibt Sorge einhergehend rund um die Wasserversorgung der Region.
Die neue Straße könne viel einfacher auf der anderen Seite des Tales errichtet werden, sagt Zoppoth. Dort lag schon die alte, heutzutage sogenannte Römerstraße Via Iulia Augusta. Die jetzige Trasse und Straße waren nach den Erfahrungen aus dem Ersten Weltkrieg und dem dortigen Frontverlauf vor Österreich "sicher" auf der baulich deutlich schwierigeren Seite errichtet worden. Insgesamt fühle man sich vom Land "stiefmütterlich" behandelt und der Informationsfluss sei schwach, monierte Zoppoth. Jetzt könnte man auch aufgrund der Sperre die österreichische Passseite sanieren, die das dringendst notwendig habe.
Die Plöckenverbindung sorgt übrigens auch für ein kleines geografisches Kuriosum. Gemeinden wie Kötschach-Mauthen oder Irschen haben durch sie nämlich Udine als nächstgelegene Großstadt nach Straßenkilometern, nicht nur nach Luftlinie - und nicht etwa die Landeshauptstadt Klagenfurt. Es geht um 20 bis 30 Kilometer Unterschied auf der Straße.
Der Plöckenpass (Passo di Monte Croce Carnico), liegt auf einer Seehöhe von 1.357 Metern über Adria. Die eigentliche Passstraße ist 37 Kilometer lang und überwindet den Karnischen Hauptkamm zwischen Kötschach-Mauthen und Timau (Tischelwang).
Die Via Iulia Augusta, errichtet unter Kaiser Augustus, verband Aquileia über Iulium Carnicum (bei Zuglio) mit Salzburg und war nach einer Kreuzung namens Ursen (bei Irschen) für die Römerstädte Teurnia (bei Spittal) und Aguntum (bei Lienz) im damaligen Noricum auf nunmehr südösterreichischem Gebiet sehr bedeutend.
(Von Philip Stotter/APA und Micaela Taroni/APA)
Zusammenfassung
- Der Plöckenpass in Oberkärnten ist wegen Steinschlags gesperrt, was den Tourismus und Handel stark beeinträchtigt.
- Bürgermeister Josef Zoppoth fordert Umsatzersätze für betroffene Firmen, ähnlich wie in der Coronazeit.
- Cristina Amirante von Friaul Julisch Venetien verspricht eine provisorische Lösung bis Ende 2024 und finanzielle Unterstützung in Höhe von 500.000 Euro.
- Es gibt Zweifel an der Wiedereröffnung der Straße bis Ende 2024, da die geologische Instabilität des Gebiets eine Herausforderung darstellt.
- Drei langfristige Lösungen, die zwischen 100 und 700 Millionen Euro kosten könnten, werden geprüft.