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Nur jeder fünfte Mensch mit Behinderung hat einen Job

Heute, 06:01 · Lesedauer 4 min

Etwa jeder sechste Mensch auf unserem Planeten hat eine Behinderung. Bei rund 8,3 Milliarden Menschen im Oktober 2025 waren das knapp 1,4 Milliarden. Nur 20 Prozent der Menschen mit Behinderungen haben einen Job, von dem sie leben können. 80 Prozent sind beschäftigungslos oder zumindest unterbeschäftigt. Darauf machte Iram Bahawal, Expertin für inklusive Beschäftigung bei "Licht für die Welt" aus Nairobi, zum Welttag der Menschen mit Behinderungen (3. Dezember) aufmerksam.

"Dabei ist zu sagen, dass arme Länder wie die afrikanischen Staaten deutlich stärker betroffen sind", betonte Bahawal im APA-Gespräch. Das liege schon alleine an der schlechteren Gesundheitsversorgung. In Bezug auf die Arbeitswelt in den afrikanischen Ländern sei zu sagen: Wenn Menschen mit Behinderungen Jobs haben, gebe es die Tendenz, sie in Arbeiterberufen zu beschäftigen.

Grundsätzlich gibt es Bahawal zufolge oft die Angst oder Bedenken von Arbeitgebern, ob Menschen mit Behinderungen ihren Job machen können. "Wenn sie dann Menschen mit Behinderungen beschäftigen, sind sie sehr zufrieden und fragen, ob sie mehr haben könnten."

Besonders Mädchen und Frauen mit Behinderungen sind in afrikanischen Ländern benachteiligt, betonte Bahawal: "Die Frage beginnt damit, wie viel Bildung bekommst du: Ein Bub wird zuerst in die Schule gehen, dann ein Mädchen, dann ein Bub mit einer Behinderung und zuletzt ein Mädchen mit einer Behinderung."

Öffentlicher Verkehr als Barriere

Ein weiteres großes Hindernis für Menschen mit Behinderungen ist vor allem in armen Ländern, wie sie überhaupt zu ihrem Arbeitsplatz kommen. "Zum Beispiel wie ich meinen Rollstuhl in den Bus bekomme und was das kostet und wie sich die Fahrtkosten erhöhen, wenn ich umsteigen muss", umriss Bahawal einige der Probleme. Da benötige es Gesetze für den öffentlichen Verkehr.

Grundsätzlich sei es ein Fehler der Gesellschaft und ganz besonders der Unternehmen, Menschen mit Behinderungen als eine große Gruppe zu sehen, ohne Differenzierungen. "Da geht es sehr darum, Aufmerksamkeit für das Thema zu schaffen. Das ist etwas, was wir (zum Beispiel NGOs wie 'Licht für die Welt', Anm.) tun können", sagte Bahawal. "Wir haben zum Beispiel Menschen mit Autismus und Menschen mit Downsyndrom." Auch Gehörlose sind wohl nicht mit Rollstuhlfahrern zu vergleichen. "Wir schaffen Aufmerksamkeit für die verschiedenen Arten von Behinderungen und dafür, dass viele dieser Behinderungen kaum Umbauten erfordern."

Vorbilder sollen Vorurteile abbauen

"Natürlich ist hier noch ein weiter Weg zu gehen", sagte die Inklusionsexpertin. Eine Möglichkeit, hier weiterzukommen, sei das Schaffen von Vorbildern, die Arbeitgebern vor Augen führen können, was sie durch die Einstellung von Menschen mit Behinderungen gewinnen können. "Ich will, dass alle Arbeitgeber ja dazu sagen", wünschte sich Bahawal. "Geben wir Menschen mit Behinderungen die Chance, im Job zu lernen."

Alex Buchinger, Geschäftsführer von "Licht für die Welt" Österreich, wies zum Internationalen Tag der Menschen mit Behinderungen darauf hin, dass in der Behindertenrechtskonvention der UNO in Artikel 27 das Recht auf Arbeit verankert ist. Dies beinhalte das Recht auf die Möglichkeit, den Lebensunterhalt durch Arbeit zu verdienen. In der Realität werde oft auch jenen Menschen mit Behinderungen das Recht auf angemessene Arbeit verwehrt, die gerne produktiv sein möchten.

Förderung der wirtschaftlichen Unabhängigkeit

"Wer ein eigenes Einkommen hat, kann sich und seine Familie versorgen. Wer aber kein Einkommen hat, ist auf andere angewiesen oder armutsgefährdet. Als 'Licht für die Welt' ermöglichen wir Menschen mit Behinderungen in Afrika ein selbstbestimmtes Leben, in dem wir ihre wirtschaftliche Unabhängigkeit fördern", betonte Buchinger.

Auch er machte darauf aufmerksam, dass Frauen mit Behinderungen "aufgrund der Überschneidung von Diskriminierungen" - Geschlecht und Behinderung - mehrfach diskriminiert würden. "Sie werden oft daran gehindert, gleichberechtigt an der Arbeitswelt teilzunehmen und haben eine geringere Chance als Männer eine Ausbildung zu machen." Dazu komme, dass Frauen und Mädchen mit Behinderungen auch mindestens dreimal so oft körperliche oder seelische Gewalt als Frauen ohne Behinderungen erleben würden.

(S E R V I C E - weitere Informationen und Spenden unter http://www.licht-fuer-die-welt.at )

Zusammenfassung
  • Weltweit leben etwa 1,4 Milliarden Menschen mit Behinderung, doch nur 20 Prozent von ihnen haben einen Job, von dem sie leben können, während 80 Prozent beschäftigungslos oder unterbeschäftigt sind.
  • Frauen und Mädchen mit Behinderung sind besonders benachteiligt, da sie nicht nur schlechtere Chancen auf Bildung und Arbeit haben, sondern auch mindestens dreimal so häufig Gewalt erfahren wie Frauen ohne Behinderung.
  • In ärmeren Ländern wie in Afrika erschweren schlechte Gesundheitsversorgung und mangelnde Barrierefreiheit im öffentlichen Verkehr zusätzlich den Zugang zum Arbeitsmarkt für Menschen mit Behinderung.