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NGOs kämpfen mit Aufklärung für Gleichberechtigung in Kenia

25. Juli 2025 · Lesedauer 4 min

Gewalt gegen Frauen grassiert in Kenia. Gegen die hohe Zahl an Femiziden arbeitet eine Taskforce, doch die Schuld werde noch oft bei den Opfern gesucht, kritisierte Mercy Kamau, Expertin für sexuelle und reproduktive Gesundheit sowie Geschäftsführerin der Organisation Mathare Children Fund (MCF) Panairobi, gegenüber der APA. Mit der österreichischen NGO The Rain Workers kämpft sie gegen Stereotype und für bessere Chancen für Frauen. Für einen Wandel braucht es auch Männer.

Die Taskforce mit 42 Fachleuten wurde Anfang des Jahres von der Regierung gegründet, nachdem es im Vorjahr zu Protesten wegen zahlreicher Frauenmorde gekommen war. Sie soll sich dem Problem der geschlechtsspezifischen Gewalt und der hohen Zahl an Femiziden annehmen: 2024 wurden in Kenia 170 Frauen getötet, davon wurden 127 Fälle als Femizide eingestuft, wie Zahlen von Africa Data Hub zeigen.

Doch in der Bevölkerung sind laut Kamau Stereotype verbreitet, die den Opfern die Schuld geben: "Wenn eine Frau in einer Beziehung mit einem Mann ist und ermordet wird, gibt es immer das Klischee, dass diese Frau bei diesem Mann nach Geld gesucht hat und deshalb ermordet wurde." Laut der Fachfrau gibt es auch Regierungsmitglieder, die solche Narrative unterstützen. Sie forderte, dass das Thema Femizide von einem "unvoreingenommenen Standpunkt" aus behandelt werde. "Diesen Frauen, die ermordet wurden, muss Gerechtigkeit zuteil werden."

Gewalt gegen Frauen ist in Kenia weit verbreitet. Zahlen des kenianischen Statistikamts aus dem Jahr 2022 zeigten, dass 34 Prozent der Frauen zwischen 15 und 49 Jahren physische Gewalt erlebt haben. Vier von zehn Frauen waren demnach schon emotionaler, körperlicher oder sexueller Gewalt durch ihren Partner ausgesetzt.

In Mathare, einem Slum in Nairobi, setzt sich Kamaus Organisation MCF Panairobi für ein besseres Leben für Frauen ein. Etwa eine halbe Million Menschen leben hier in engen Gassen, mit mangelndem Zugang zu Sanitäreinrichtungen und medizinischer Versorgung. Das durchschnittliche Bildungsniveau ist niedrig, die Armut hoch. Und die Rollenverteilung von Mann und Frau ist klar: Frauen seien hier für die Care-Arbeit und den Haushalt zuständig und finanziell von Männern abhängig, erklärte Kamau. "Meistens sind Frauen in Mathare aus wirtschaftlichen Gründen mit geschlechtsspezifischer Gewalt konfrontiert."

Gemeinsam mit der österreichischen NGO The Rain Workers will MCF Panairobi den Frauen helfen, Kontrolle zu gewinnen: über ihre Körper, aber auch über ihre Finanzen. Die Hilfsorganisationen bieten Schulungen speziell für Teenager-Mütter an, in denen sie Informationen zu ihrem Zyklus, Verhütungsmitteln und Schwangerschaften, aber auch zu sexuell übertragbaren Krankheiten bekommen. Ihre Kinder werden währenddessen betreut. Außerdem erhalten sie Unterstützung bei der Berufsorientierung und Fortbildung. Ziel sei es, dass Frauen ökonomisch unabhängig werden, hieß es von der Organisation The Rain Workers.

Ohne Männer ist "Kampf nicht zu kämpfen"

Die Aufklärungsarbeit gestalte sich aber mitunter schwierig, wie Magdalena Hassek der APA aus Nairobi berichtete. Sie leitet die Projektarbeit von The Rain Workers, einer Organisation, die in Kenia und anderen afrikanischen Ländern Fachleute von lokalen Partnern ausbildet, die in ihren Communitys sexualpädagogische Aufklärung betreiben. "Die Rain Workers stehen vor großen kulturellen und oft auch religiös verankerten Herausforderungen, Tabuisierungen, Ungerechtigkeiten, Ungleichheiten und auch ganz oft Stigmatisierungen", sagte Hassek. In Kenia sei es zum Beispiel verboten, das Wort "Kondom" zu benutzen. Bei Verhütungsmitteln gebe es laut der Projektleiterin noch tief verankerte Vorbehalte, wie beispielsweise: "Wenn ein Kondom benutzt wird, dann nur in Sex mit Prostituierten".

Die Degradierung von Frauen sei tief verankert. Umso wichtiger sei auch, Männer an Bord zu holen - als Rain Worker und Vorbilder. Männer würden oft eine starke Meinung vertreten, beispielsweise zu Genitalverstümmelung. Man müsse sie dann direkt adressieren und ihnen klar machen: Eine Beschneidung ist kein Muss für eine Frau, so Hassek. Oder: "Es ist die Entscheidung der Frau, wie sie mit ihrem Körper umgehen möchte." Ihnen komme im Kampf gegen Gewalt an Frauen eine große Rolle zu: "Ohne Männer ist dieser Kampf nicht zu kämpfen. Denn sie sitzen an den Hebeln der Meinung und der Macht".

Gewalt bei aktuellen Protesten

Der Weg zur Gleichberechtigung scheint noch weit. Aktuell würden die Proteste, die seit einem Jahr gegen ein von der Regierung erlassenes Steuergesetz stattfinden, Gefahren für Frauen mit sich bringen, berichtete Kamau. Einerseits komme es immer wieder zu Zusammenstößen zwischen Polizei und Demonstranten. Dutzende Menschen kamen dabei ums Leben. Kamau berichtete aber auch von sexueller Gewalt gegen Frauen, die während der Proteste ausgeübt worden sein soll. Lokale Medienberichte sprachen von bis zu 20 Vergewaltigungen, zu denen es im Juni im Zuge der Proteste gekommen sei. Der Kampf gegen geschlechterbasierte Gewalt dauert also noch an.

Zusammenfassung
  • In Kenia wurden 2024 laut Africa Data Hub 170 Frauen getötet, davon 127 als Femizide eingestuft.
  • Eine von der Regierung eingesetzte Taskforce mit 42 Fachleuten soll geschlechtsspezifische Gewalt bekämpfen, nachdem es im Vorjahr zu zahlreichen Frauenmorden kam.
  • Laut Statistikamt haben 2022 rund 34 Prozent der Frauen zwischen 15 und 49 Jahren physische Gewalt erlebt, vier von zehn Frauen waren emotionaler, körperlicher oder sexueller Gewalt durch ihren Partner ausgesetzt.
  • Die NGOs MCF Panairobi und The Rain Workers bieten in Mathare gezielte Schulungen für Teenager-Mütter zu sexueller Gesundheit, Verhütung und Berufsperspektiven an, um Frauen ökonomisch unabhängiger zu machen.
  • Aktuelle Proteste gegen ein Steuergesetz führten laut Medienberichten im Juni zu bis zu 20 Vergewaltigungen, was die anhaltende Gefahr geschlechterbasierter Gewalt unterstreicht.