Naturlandschaften nehmen weniger Stickstoff auf als gedacht
Stickstoff (N) ist für alle Lebewesen ein lebensnotwendiges Element und wird etwa für den Aufbau von Eiweißstoffen und des Erbguts gebraucht. "In seiner elementaren Form macht er 78 Prozent der Erdatmosphäre aus", erklärte Weber, die am Institut für Biologie der Universität Graz forscht, der APA. Aus der Luft können ihn aber weder Pflanzen noch Tiere oder Menschen direkt aufnehmen. Das schaffen nur Mikroben.
"Stickstoff-fixierende Bakterien wandeln Stickstoff-Gas etwa zu Ammonium um, den Pflanzen verwenden, um zu wachsen, gesund zu bleiben und sich zu vermehren", so die Leiterin der Studie, Carla Reis Ely von der Oregon State University (USA), in einer Aussendung: "In natürlichen Ökosystemen verbessert die Stickstofffixierung die Bodenfruchtbarkeit und unterstützt das Pflanzenwachstum, wodurch die Kohlenstoffspeicherung erhöht wird."
"Weltweit findet laut unseren Berechnungen in natürlichen Landschaftsformen, wie in Wäldern und Böden ohne menschliche Nutzung, mehr als die Hälfte der Stickstoff-Fixierung durch Mikroorganismen statt, nämlich 56 Prozent", berichtete Weber: "26 Prozent davon werden von freilebenden Mikroorganismen im Boden fixiert, die ihn damit düngen, was später den Pflanzen zugute kommt." Auch sogenannte Bodenkrusten haben mit 18 Prozent der Stickstoff-Bindung in Naturlandschaften eine bisher nicht berücksichtigte Bedeutung, erklärte sie: "Diese Gemeinschaft von Bakterien, Pilzen, Moosen, Flechten und Algen kommt überall in Trockengebieten vor und sorgt gewissermaßen als lokaler Dünger dafür, dass sich andere Pflanzen ansiedeln können und dadurch die Wüstenbildung unterbinden."
19 Prozent der Stickstoff-Bindung in natürlichen Ökosystemen passiert in Bäumen, die mit Stickstoff-fixierenden Mikroben kooperieren, 17 Prozent in Kräutern und neun Prozent in Sträuchern, so die Wissenschafterinnen. Die restlichen 11 Prozent werden in Streu, in Totholz, in bodenwachsenden Moosen und in Flechten fixiert. Insgesamt werden dort überall 65 Millionen Tonnen Stickstoff pro Jahr gebunden. "Das ist aber um ein Viertel bis zwei Drittel niedriger, als vorige Abschätzungen angenommen haben", erklärte Weber: "Das heißt also auch, dass dieser Stickstoff bei der Fixierung von CO2 und somit bei der Bekämpfung des Klimawandels fehlt." Dies müsse man in den Klimamodellen berücksichtigen und diese an die neuen Erkenntnisse anpassen.
Landwirtschaftliche N-Fixierung nicht nur positiv zu sehen
Auch in landwirtschaftlichen Flächen wird Stickstoff von Bakterien fixiert. Sie leben dort vor allem in Wurzelknöllchen von "Schmetterlingsblütler"-Pflanzen wie Bohnen, Erbsen, Linsen, Sojabohnen, Erdnüssen, Lupinen und Klee. Dort gab es sogar einen 75-prozentigen Anstieg in den vergangenen zwei Jahrzehnten, wie die Wissenschafter herausfanden. Das habe zwei Gründe: Erstens wurde der Anbau intensiviert, außerdem pflanzt man heutzutage mehr Sojabohnen. "Der Soja-Anbau ist mittlerweile für 60 Prozent der Stickstoff-Bindung im Agrarbereich verantwortlich", so Weber: "33 Prozent entfallen wiederum auf Wiesen und Weiden, vor allem durch Klee". Alle anderen Agrarprodukte kommen zusammen nur auf sieben Prozent.
Die erhöhte Stickstoff-Fixierung in der Landwirtschaft ist nicht nur positiv zu sehen, so die Forscherinnen. "Der Einsatz stickstoffbindender Pflanzen im Wechselanbau kann die Bodengesundheit langfristig fördern und Umweltschäden durch chemische Düngemittel reduzieren", erklärte Reis Ely: "Zu viel Stickstoff stört jedoch das Nährstoffgleichgewicht im Boden und kann ins Grundwasser gelangen oder in Seen und Flüsse abfließen, was zu Algenblüten führt und das Wasserleben schädigt."
"Wenn Landwirte mehr Dünger ausbringen, als von den Pflanzen aufgenommen werden kann, führt das zusätzlich zur Freisetzung von Stickstoff-Gasen mit unterschiedlicher Wirkung", berichtete Weber. So wären die Stickoxide NO und NO2 etwa giftige Reizgase, Lachgas (N2O) wiederum ein hochpotentes Treibhausgas. "Dieselben Effekte werden auch im Sojaanbau beobachtet", erklärte sie: "Dies kommt vor allem davon, wenn nach der Ernte die übrig bleibende Biomasse verrottet."
(S E R V I C E - Fachpublikation: https://www.nature.com/articles/s41586-025-09201-w)
Zusammenfassung
- Naturlandschaften binden laut einer neuen Studie jährlich nur 65 Millionen Tonnen Stickstoff, was um ein Viertel bis zwei Drittel weniger ist als bisher angenommen.
- 56 Prozent der Stickstoff-Fixierung in natürlichen Ökosystemen erfolgt durch Mikroorganismen, wobei 26 Prozent im Boden und 18 Prozent in Bodenkrusten gebunden werden.
- Im Agrarbereich ist der Sojaanbau mittlerweile für 60 Prozent der Stickstoffbindung verantwortlich, während die Fixierung in der Landwirtschaft in den letzten zwei Jahrzehnten um 75 Prozent gestiegen ist.