20 Jahre Haft im Mordprozess um in Koffer abgestellte Leiche
Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Während der 28-Jährige auf Rechtsmittel verzichtete, gab der Staatsanwalt vorerst keine Erklärung ab.
Bei der Strafbemessung fielen die "heimtückische Begehungsweise" und die "niedrigen Beweggründe" erschwerend ins Gewicht. Der Angeklagte habe "aus reiner Habgier" gehandelt und die Tat "ganz genau geplant", sagte der vorsitzende Richter in der Urteilsbegründung. Dennoch entging der 28-Jährige einer lebenslangen Freiheitsstrafe. "Nur aufgrund des Geständnisses konnte gerade noch mit einer 20-jährigen Freiheitsstrafe das Auslangen gefunden werden", betonte der Richter.
"Jedes Wort, das der Staatsanwalt in seiner Anklage sagt, ist richtig", hatte Verteidiger Philipp Wolm eingangs der Verhandlung die nunmehr geständige Verantwortung des Angeklagten avisiert. Das mache seinen Mandanten "nicht sympathischer", aber er habe "den Mut und den Anstand", ein Geständnis abzulegen. "Die Tat ist leider so passiert", stellte Wolm klar.
Die Leiche des zum Tatzeitpunkt 59-jährigen Opfers war zwei Tage nach der Tat von einem Arbeiter in einem Koffer auf der Quellenstraße in Wien-Favoriten gefunden worden. Dem Angeklagten wurde vorgeworfen, den Mann an den Tatort gelockt und dort vorsätzlich getötet zu haben. Der Staatsanwalt sprach von einem "absolut qualvollen Tod". Der Angeklagte - ein österreichischer Staatsbürger mit ägyptischen Wurzeln - habe "heimtückisch" und "perfide" gehandelt.
Opfer war "sehr einsam"
Schulden in Höhe von insgesamt 15.000 Euro waren das ausschlaggebende Motiv. Der Angeklagte und das Opfer hatten sich im Februar 2023 in einem Hotel in Döbling kennengelernt, wo der 28-Jährige als Rezeptionist arbeitete und der 59-Jährige als Dauergast eingemietet war. "Er war sehr einsam", schilderte ein Bekannter des Opfers als Zeuge. Daher sei der Mann ins Hotel gezogen und habe dort zunächst ein, zwei Jahre "nur auf seinem Zimmer verbracht". Später sei er tagelang in der Lobby gesessen und habe dort teilweise auch geschlafen: "Er hat versucht, Kontakte aufzubauen."
Das dürfte der Angeklagte ausgenützt haben, der in dem Hotel zu arbeiten begonnen hatte, nachdem er sein Medizin-Studium geschmissen hatte. Der Rezeptionist und der Dauergast freundeten sich nach außen hin an. Jedenfalls dürfte der 59-Jährige diesen Eindruck vermittelt bekommen haben. Er borgte dem Angeklagten Geld, als dieser dem 59-Jährigen seine finanziellen Nöte schilderte.
Zunächst wechselten im Juli 2024 10.000 Euro den Besitzer. Eine Rückzahlung war bis Jahresende vereinbart. In weiterer Folge kam es zu zwei weiteren Geldübergaben, wobei der Rezeptionist dem 59-Jährigen vormachte, er benötige das Geld zum Bezahlen eines Detektivs bzw. zur Abwendung eines Exekutionsverfahrens.
Opfer soll auf Schuldschein bestanden haben
Die Rückzahlung war dem 28-Jährigen laut Anklage jedoch nicht möglich, da er auch anderweitig offene Verbindlichkeiten hatte. Ende November bestand der 59-Jährige dann auf der Ausstellung eines Schuldscheins, nachdem er vom 28-Jährigen immer wieder vertröstet wurde, als er das Geld zur Sprache brachte.
Weil ihm das nicht möglich war, war der 28-Jährige laut Anklage "gezwungen, das Problem anderweitig zu lösen". Er mietete kurzzeitig über eine Buchungsplattform eine Wohnung in der Humboldtgasse an, besorgte sich in einem Baumarkt Abfallsäcke der Größe XXL, Kabelbinder und graues Gewebeband und lockte den 59-Jährigen am 26. Februar unter der Vorgabe eines amikalen Treffens in die Wohnung. Dort angelangt, soll er den Mann überwältigt, ihm eine Schlafmaske über die Augen gezogen, mit einem Geschirrtuch und einem Panzertape geknebelt und mit einem Kabelbinder erdrosselt haben.
Angeklagter: "Das hat sich so entwickelt"
"Ich hatte nicht die Absicht, ihn umzubringen. Das hat sich so entwickelt. Das war nicht geplant. Es ist dazu gekommen", erklärte der Angeklagte in seiner Einvernahme. Er habe im Sinn gehabt, dem 59-Jährigen "klaren Wein einzuschenken und falls er mich abweist, ihn zu töten". Im Gespräch in der Wohnung sei man sich "nicht einig" geworden: "Da hab' ich den Kabelbinder genommen."
Recht detailliert schilderte der Angeklagte die Tötungshandlungen. Er habe das Gesicht des Opfers mit einem Geschirrtuch bedeckt: "Ich hab's nicht ausgehalten, ihm ins Gesicht zu schauen." Er habe die Leiche dann wegbringen wollen, "aber der Koffer war zu schwer".
Der Tote war zwei Tage in der Wohnung verblieben, weil der 28-Jährige laut Anklage unschlüssig war, wie er ihn loswerden sollte. Am 28. Februar endete das Mietverhältnis für das Appartement, so dass sich der 28-Jährige schließlich einen Hartschalenkoffer besorgte. Laut Anklage "packte er die Leiche mit gebeugten Hüft- und Kniegelenken kopfüber in den Hartschalenkoffer, nachdem er den Körper zuvor teilweise mit schwarzen Müllsäcken bedeckt hatte".
Auf die Frage des Richters, weshalb er den Toten gefesselt hätte, meinte der Angeklagte: "Damit er kompakt in den Koffer passt. Damit die Hände nicht rausschauen."
Arbeiter sah menschlichen Fuß in nicht ganz verschlossenem Koffer
Den Koffer platzierte der 28-Jährige bei Müllcontainern in der Quellenstraße, nachdem er aus der Wohnung ausgecheckt hatte. Kurz vor 15.00 Uhr fiel einem mit Entrümpelungsarbeiten beschäftigten Mann das Behältnis auf. Der Koffer war nicht ganz verschlossen, der Arbeiter bemerkte einen menschlichen Fuß und schlug Alarm. Im Zuge umfangreicher Erhebungen des Landeskriminalamts konnte der 28-Jährige als dringend Tatverdächtiger ausgeforscht und am 7. März festgenommen werden.
Wie sich herausstellte, hatte der Mann mit der Bankomatkarte des Getöteten nicht nur dessen Konto "leer geräumt", wie sich der Staatsanwalt ausdrückte, indem er täglich das maximal mögliche Limit von 3.000 Euro behob. Bis zu seiner Festnahme hatte er sich dadurch um 24.000 Euro bereichert. Zudem hatte er nach dem Verbrechen Verschleierungshandlungen gesetzt, indem er ans Handy des Toten WhatsApp-Nachrichten schickte, mit denen er den Eindruck erweckte, der 59-Jährige sei zu dem Treffen in der Wohnung nicht erschienen.
Zusammenfassung
- Der 28-jährige Angeklagte wurde am Landesgericht Wien wegen Mordes an seinem 59-jährigen Wohltäter zu 20 Jahren Haft verurteilt.
- Das Motiv für die Tat waren Schulden von insgesamt 15.000 Euro, die das Opfer dem Angeklagten geliehen hatte.
- Nach der Tötung am 26. Februar 2025 stopfte der Täter die Leiche in einen Koffer und stellte diesen auf der Quellenstraße in Wien-Favoriten ab.
- Bis zu seiner Festnahme am 7. März hob der Angeklagte mit der Bankomatkarte des Opfers rund 24.000 Euro ab.
- Das Urteil ist nicht rechtskräftig, da der Staatsanwalt vorerst keine Erklärung abgab, während der Angeklagte auf Rechtsmittel verzichtete.