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Mordprozess nach Messerattacke auf Vater vertagt

28. Apr. 2025 · Lesedauer 4 min

Der Prozess gegen einen 23-Jährigen, der seinen Vater mit neun Messerstichen getötet haben soll, ist am Dienstag im Landesgericht Ried neuerlich vertagt worden. Die Staatsanwaltschaft sieht einen Mord, der Verteidiger hingegen Notwehr, denn der waffentechnische Gutachter geht davon aus, dass das Opfer vor dem Messerangriff mit einer Langwaffe gezielte Schüsse abgegeben habe. Neben der Bluttat am Vater geht es auch um eine brutale Attacke auf einen Mithäftling.

Bevor in der Hauptverhandlung auf die Mordanklage weiter eingegangen wurde, erläuterte der Staatsanwalt noch die Ausweitung der Anklage. Er hielt dem jungen Mann vor, am 23. November in der U-Haft einem Mitinsassen zuerst Faustschläge und Tritte verpasst zu haben, bevor er mit einem Metallrohr gegen dessen Kopf und Unterschenkel geschlagen habe. Das Opfer erlitt dadurch unter anderem Rissquetschwunden, Prellungen und einen Knochenbruch an der Hand. Grund für diese "überschießende Aggressionshandlung" sei laut Staatsanwaltschaft ein "nichtiger Anlass" gewesen: Weil der Angeklagte offenbar vermutet hatte, dass der Mithäftling an seinem Handy - er besaß es in der U-Haft illegal - einfach einen Anruf entgegengenommen habe, sei es zu der "absichtlich schweren Körperverletzung" gekommen.

Der 23-Jährige wollte vor Gericht dazu nichts sagen, sein Verteidiger meinte jedoch mit Blick auf den Umgang hinter Gittern: "Ein Häf'n ist kein Kindergeburtstag." Sein Mandant sei dem späteren Opfer körperlich unterlegen, dieses habe gedroht, den Wachen von dem Mobiltelefon zu erzählen", begründete der Anwalt den Angriff, zu dem der Angeklagte voll inhaltlich geständig war.

Der attackierte Zellengenosse beschrieb den Angeklagten als "sehr aggressiv", andere Mitgefangene konnten nicht viel zur Erhellung des Sachverhalts beitragen. Eine selbst gebastelte Stichwaffe, die dem Angeklagten zugerechnet wird, will dieser noch nie gesehen haben. Die Verteidigung beantragte einen weiteren Zeugen. Sie will darlegen, dass das Opfer sein eigenes Verhalten schönrede.

Streit mit Vater um Lehre

Hauptvorwurf ist allerdings die Messerattacke auf den Vater: Am 19. Jänner 2024 sollte der Angeklagte eine Bäckerlehre antreten. Er stand aber so sehr unter Drogen, dass er nicht in der Lage war, arbeiten zu gehen. Sein Vater, der betrunken war, bemerkte das und machte ihm Vorwürfe. Es blieb jedoch nicht bei einem verbalen Schlagabtausch. Der Sohn soll den Vater geohrfeigt, dieser daraufhin ein Gewehr geholt haben. Mit der Waffe soll er zweimal in die Wand bzw. in die Luft geschossen haben. Schließlich habe der damals 22-Jährige zu einem Messer gegriffen und den 59-Jährigen mit neun Stichen so schwer verletzt, dass er wenig später starb.

Mehr als nur Warnschüsse vom Vater

Laut dem ballistischen Gutachten dürfte der Vater aber nicht nur Warnschüsse als Folge des Streites mit seinem Sohn abgegeben haben. Nachdem er im Obergeschoß eine Langwaffe geholt hatte, dürfte er im Stiegenhaus nach unten in Richtung seiner Frau im Erdgeschoss gefeuert haben. Der Schütze war stark alkoholisiert, das Licht im Stiegenhaus sei schlecht gewesen und der fehlsichtige Mann habe seine Brille nicht getragen. Daher habe er sein Ziel "nur schemenhaft gesehen", zudem sei er kein geübter Schütze. Aber: "Er wollte seine Frau treffen", geht aus dem Gutachten hervor.

Der nächste gezielte Schuss habe seinem Sohn gegolten, dieser ging Richtung Sofa, auf dem der 22-Jährige kurz zuvor noch gesessen sei. Danach sei es bei der Waffe zur Ladehemmung gekommen, weshalb der 59-Jährige nicht mehr schießen konnte. Der Angeklagte, der sich versteckt hatte, soll daraufhin seinen Vater mit dem Messer attackiert haben. Das Opfer schleppte sich schwer verletzt zu den Nachbarn, verstarb kurze Zeit später im Krankenhaus.

Im Falle eines Schuldspruchs im Sinne der Mordanklage drohen dem Angeklagten eine Freiheitsstrafe von zehn bis zu 20 Jahren oder lebenslang und zusätzlich eine Einweisung in ein forensisch-therapeutisches Zentrum. Ein Urteil wurde am Dienstag noch nicht gesprochen. Der Prozess wurde neuerlich vertagt und wird am 17. Juli fortgesetzt.

Zusammenfassung
  • Der Prozess gegen einen 23-Jährigen, der seinen Vater mit neun Messerstichen getötet haben soll, wurde erneut vertagt und wird am 17. Juli fortgesetzt.
  • Die Staatsanwaltschaft erhebt Mordanklage, während die Verteidigung auf Notwehr plädiert, da ein Gutachten nahelegt, dass der Vater gezielt auf seine Frau und seinen Sohn geschossen habe.
  • Zusätzlich wird dem Angeklagten eine brutale Attacke auf einen Mithäftling in der U-Haft vorgeworfen, die er aufgrund eines Handykonflikts gestanden hat.