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Lotto-Jackpot und dann? "Neid ist ein großes Thema"

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38 Personen knackten in Österreich im August den Euromillionen-Jackpot. Sie könnten in den nächsten Wochen Besuch vom Lotto-Hochgewinn-Betreuer erhalten. Er berät sie zum Umgang mit dem Gewinn, mit ihm können sie offen reden, denn Neid ist ein Problem für die Gewinner, sagt er im Gespräch mit PULS 24.

Erhard Glück, Herr L. - er hatte schon viele Namen. Gemeint ist jener Mann, der Lotto-Gewinnern freudige Nachrichten überbringt. Gewinnt man mehr als 80.000 Euro im Lotto, dann kann der Lotto-Hochgewinn-Betreuer Herr Glück vorbeikommen. Er berät jene, die einen großen Jackpot knacken, wie man mit dem Geldsegen am besten umgeht.

Diskretion ist in seinem Job deshalb sehr wichtig, sein Besuch soll geheim und er unerkannt bleiben. Darum sprach er mit PULS 24 auch nicht unter seinem richtigen Namen. Er ist übrigens die einzige Person mit diesem Job in Österreich.

Wer in Österreich im Lotto gewinnt, muss im ersten Schritt die Lotterien kontaktieren. Gewinnt man mehr als 80.000 Euro, kann man sich aussuchen, ob Erhard Glück vorbeikommt. 

"Ich würde nie wieder tauschen wollen", sagt Glück. Seit einigen Jahren macht er seinen aktuellen Job als Hoch-Gewinn-Betreuer, davor war er im Vertrieb tätig. Im Dienst fährt Herr Glück zu Gewinnerinnen und Gewinnern in ganz Österreich - rund 350 im Jahr, sagt er. Niemand wisse, wo er sei oder wohin er gehe. Seine Termine dauern "so lange, wie sie dauern". Es bleibt dann auch bei dem einen Beratungstreffen, es sei denn, die Gewinner gewinnen ein zweites oder drittes Mal – was auch schon passiert sei. 

Wer spielt und wer gewinnt

In Österreich sind es häufig ältere, ärmere Menschen, die Lotto spielen und manchmal auch gewinnen. In den Wiener Arbeiterbezirken wird viel gespielt, nicht so sehr in den Nobelbezirken, sagt Glück. Dort werde vielleicht beim Dreifach-Jackpot ein Tipp riskiert. Die Hoffnung sei in den einkommensschwächeren Bezirken größer.

Wer mehr spielt, gibt aber auch mehr für Glücksspiel aus. 932,15 Millionen Euro betrug der Bruttospielerertrag der österreichischen Lotterien 2022. Zum Vergleich: Das Budget für Frauen und Gewaltschutz des Frauenministeriums beträgt 2023 knapp 24,3 Millionen Euro.

Viele spielen schon lange die gleichen Zahlen, "sie können gar nicht mehr anders" sagt Glück.

Wer schweigt, hat mehr

Über die Jahre hätten sich die Wünsche der Menschen wenig verändert. Aktuell würde man nur einfach weniger für das Geld bekommen. Bei Gewinnen um die 100.000 Euro, wissen die Glücklichen bereits, was sie damit tun. Junge Menschen würden häufig ihre Schulden begleichen, zum Beispiel vom Hausbau. Das würde enorm helfen, weil ja auch alles teurer würde. 

Ältere würden eher auf andere schauen, denn sie hätten "eh schon alles". Geht der Gewinn über 100.000 Euro hinaus, dann bereitet das durchaus mehr Kopfzerbrechen. 

Kündigen nach Lotto-Gewinn ist selten

Ein Klischee stimmt jedenfalls nicht: Kaum jemand kündigt seinen Job. Ihm sei das in mehreren Jahren nur zweimal zu Ohren gekommen, sagt der Gewinn-Berater. "Wenn sie nicht ganz unglücklich sind, dann bleiben sie auch dort und sagen es niemandem."

Einen Lotto-Gewinn sollte man am besten für sich behalten, rät Herr Glück. "Aber das ist für viele schwierig", sagt er mehrmals. Mit ihm können sie über ihren Gewinn sprechen. 

Ich komme auch in kleine Gegenden, da ist jeder dem anderen alles neidig.

Erhard Glück

Der Neid ist ein großes Thema. "Das ist der Hauptgrund, warum ich sage, dass niemand etwas erzählen soll. Ich komme auch in kleine Gegenden und da ist jeder dem anderen alles neidig." Der Nachbar würde schauen, wie man sich plötzlich ein neues Auto leisten könne, es sei auf jeden Fall ein Gesprächsthema.

Es gibt auch Menschen, die diesen Ratschlag nicht befolgen. Ein Gewinner hatte bei Eintreffen des Beraters bereits seinem gesamten Stammtisch davon erzählt. Sie hätten sich alle gefreut, aber Herr Glück habe sich gedacht: "Na ja, schauen wir mal, wie lange er was davon hat". 

Unglaubliches Glück

Eine Studie vom Max-Planck-Institut in Deutschland nennt den Kauf eines Lotto-Loses "eine minimale Chance auf einen unerreichbaren Gewinn, der unerreichbaren Reichtum bringen würde". Das sei der Reiz beim Lotto. 

Gewinnt man und taucht in diese "Traumwelt" ein, so versucht man, sich das Glück auch zu erklären. Dabei gebe es die "wildesten Geschichten", erzählt Herr Glück. Der Mann einer Gewinnerin sei zum Beispiel kurz vor ihrem Gewinn gestorben, an seinem Geburtstag habe sie dann gewonnen. Die Dame sei der festen Überzeugung gewesen, dass das ein Zeichen war und ihr Ex-Gatte sich um sie kümmere

"Besonders schön, wenn kranke Menschen etwas gewinnen"

Erhard Glück

Ein anderer habe von seinem Opa vor dessen Tod einen Lotto-Schein bekommen. "Nach einem Jahr, am Todestag des Opas, hat er dann mit diesem Schein gewonnen." 

Glück selbst findet es "besonders schön, wenn kranke Menschen etwas gewinnen", die sich dann etwa ihre Wohnung barrierefrei umbauen lassen können. "Es gibt viele Leute, denen es nicht so gut geht und für die ist das dann wirklich ein Segen."

Mit Geld geht halt vieles leichter.

Erhard Glück

Unerwartete Geschenke

Gefragt nach dem skurrilsten Wunsch erzählt Glück von einem Gewinner, der sich in einem kleinen Dorf die Fußballmannschaft gekauft habe. So wurde dieser der Präsident des Vereins und konnte auch Spieler einkaufen, das Team hätte dann auch Spiele gewonnen. Wie es weiterging, das weiß Glück nicht, aber: "Mit Geld geht halt vieles leichter."

Außergewöhnliche Wünsche seien aber eher die Ausnahme. Die meisten wollen "Sicherheit, Beständigkeit und ein bisschen ein Polster für schlechtere Zeiten".

Niemals hätte Erhard Glück erwartet, einmal einen Job zu haben, bei dem er Menschen mit Geld glücklich macht. Er habe im Berufsalltag seit drei Jahren keinen Streit mehr gehabt.

"Da kann ich nicht nein sagen"

Am meisten überrascht hat ihn aber etwas anderes: Er bekommt kaum Sekt angeboten, aber sehr viel Kuchen, den er nicht ablehnen kann. Seine Frau sei darüber nicht so glücklich, aber Herr Glück freut sich, sagt er. Der Berater findet es "lieb", denn oft komme er "zu Menschen, wo sonst, glaube ich, niemand hinkommt. Da kann ich nicht nein sagen."

Sind Sie spielsüchtig oder kennen jemanden, der es ist? Hier finden Sie Hilfe:

ribbon Zusammenfassung
  • 38 Personen knackten in Österreich im August den Euromillionen Jackpot.
  • Sie könnten in den nächsten Wochen Besuch vom Lotto-Hochgewinn-Betreuer erhalten.
  • Herr Glück (sein richtiger Name ist geheim) kommt ab Gewinnen von 80.000 Euro vorbei.
  • Er rät Gewinnenden dazu, ihr Glück für sich zu behalten, denn: "Ich komme auch in kleine Gegenden und da ist jeder dem anderen alles neidig."