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Lobautunnel löst laut Experten keine Verkehrsprobleme

Heute, 10:55 · Lesedauer 3 min

Der geplante Lobautunnel würde laut wissenschaftlicher Evidenz die Verkehrsprobleme in Wien verschlimmern statt verkleinern, und kaum zur wirtschaftlichen Entwicklung der Stadt und Ostregion Niederösterreichs beitragen, erklärten Experten Donnerstag bei einer Online-Pressekonferenz. Beim Bauen würden auch zusätzliche Treibhausgasemissionen entstehen, die man anderswo einsparen müsste. Es gäbe aber keinen Plan, wo dies geschehen könnte.

"Wird das Projekt umgesetzt, vergrößert es die Verkehrsprobleme in Wien und dem Umland durch vermehrten Autoverkehr und Verringerung der Chancen für den öffentlichen Verkehr innerstädtisch und der Eisenbahnen landesweit", sagte Hermann Knoflacher vom Institut für Verkehrsplanung und Verkehrstechnik der Technischen Universität (TU) Wien.

Den Autoverkehr, der durch den geplanten Lobautunnel geführt werden soll, hieß der Mobilitätsexperte: "Die ineffizienteste, umweltschädigendste, sozialunverträglichste und die lokale Wirtschaft schädigendste Verkehrsart". Ein privater Pkw habe nämlich eine sehr geringe Transportdichte, so Knoflacher: Etwa eine Straßenbahn in der Stadt wäre hingegen aufgrund ihrer hohen Transportdichte von Personen ein Hochleistungsverkehrsmittel.

Auch wirtschaftlich könne man vom Lobautunnel gemäß wissenschaftlicher Evidenz keine messbaren Vorteile erwarten, erklärte Michael Getzner vom Forschungsbereich Finanzwissenschaft und Infrastrukturpolitik der TU Wien. Da Österreich bereits über ein hervorragend ausgebautes Straßennetz verfügt, würde eine zusätzliche Verbindung entweder gar keinen oder nur einen besonders kleinen Produktionsgewinn bringen. "Hier ist also schon ein Plafond erreicht", sagte er. Die Effekte eines solchen Baus könnten laut Studien sogar negativ sein, also wirtschaftliche Verluste bescheren.

"Investitionen im gleichen Ausmaß, also in Höhe des mit mindestens 2,7 Milliarden Euro veranschlagten Bauvolumens, in Forschung, Digitalisierung und Gesundheitsinfrastrukturen würden zu viel höheren Produktivitätsgewinnen führen", sagte Getzner: "Selbst die kurzfristigen Wertschöpfungs- und Beschäftigungswirkungen sind in anderen Ausgabenbereichen wie zum Beispiel dem öffentlichen Verkehr und der Klimasanierung von Gebäuden bedeutend höher". Nicht zuletzt würden die enormen Kosten des Tunnels die öffentlichen Haushalte bei der aktuell extrem angespannten Budgetlage zusätzlich belasten.

Lobautunnel-Bau würde Nationalpark und Klimaziele unterminieren

Der Bau des Lobautunnels würde auch die Klimaschutzpolitik in Wien und der Region untergraben. "Die dabei entstehenden Treibhausgasemissionen sind nicht in den derzeitigen Emissionsplänen enthalten", sagte Helga Kromp-Kolb vom Zentrum für Globalen Wandel und Nachhaltigkeit der Universität für Bodenkultur in Wien: "In anderen Bereichen müssten wir dann viel schneller Emissionen abbauen, um wie geplant bis zum Jahr 2040 Klimaneutralität zu erreichen". Es gäbe aber keinen Plan, wo man sie stattdessen reduzieren könnte.

Natürlich müsse man auch mit negativen Folgen für den Nationalpark Donau-Auen rechnen, erklärte Reinhold Christian vom Forum Wissenschaft & Umwelt (FWU): "Bei einem großen Bauwerk wie solch einem Tunnel ist nicht sichergestellt, dass die Wassersituation, von der solch ein Auwald lebt, unverändert bleibt". Die Pressekonferenz wurde vom FWU mit Sitz in Wien organisiert.

Zusammenfassung
  • Der geplante Lobautunnel würde laut Experten der TU Wien die Verkehrsprobleme in Wien und Umgebung verschärfen, weil er mehr Autoverkehr und weniger Chancen für den öffentlichen Verkehr bringt.
  • Die Baukosten des Tunnels werden mit mindestens 2,7 Milliarden Euro beziffert und könnten die öffentlichen Haushalte zusätzlich belasten, während Investitionen in andere Bereiche wie Forschung oder Klimasanierung wirtschaftlich sinnvoller wären.
  • Der Tunnelbau verursacht zusätzliche Treibhausgasemissionen, die nicht im aktuellen Klimaplan enthalten sind, und gefährdet zudem die ökologische Situation im Nationalpark Donau-Auen.