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Kritik an Diskriminierung HIV-Positiver bei Polizei

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Die SPÖ und die Aids Hilfe Wien orten in der Polizei Diskriminierung von HIV-Positiven. Denn: Wer positiv ist, wird vom Bewerbungsverfahren für den Polizeidienst ausgeschlossen. Dass der Zugang zur Polizei verwehrt wird, begründet man im Innenministerium damit, dass jede Erkrankung, die eine Dauermedikation erfordert, einen Ausschlussgrund darstellt. "Wir sehen das als Diskriminierung", sagte die Geschäftsführerin der Aids Hilfe Wien, Andrea Brunner, zur APA.

"Wenn man in Therapie ist, spricht nichts dagegen zu arbeiten", betonte Brunner. Ein Berufsverbot für HIV-positive Menschen gibt es eigentlich nur für Sexarbeit. In den allermeisten Fällen muss man seinem Arbeitgeber nicht mitteilen, dass man HIV-positiv ist. Ausnahmen können für Berufe gelten, bei denen tätigkeitsbedingt ein erhöhtes Risiko zum Austausch von Körperflüssigkeiten bestehen kann. Auch bei Berufen mit Reisetätigkeiten wie etwa Piloten und Pilotinnen kann es zulässig sein, dass Arbeitgeber nach dem HIV-Status fragen. Bewirbt man sich bei der Polizei, wird ein HIV-Test verlangt.

Dass Menschen, die das HI-Virus in sich tragen, nicht am Bewerbungsverfahren der österreichischen Polizei teilnehmen können, begründet man im Innenministerium damit, dass jede Erkrankung die eine Dauermedikation erfordert, einen Ausschlussgrund darstellt. Einige der möglichen Einsätze im Polizeiberuf wie beispielsweise Großdemonstrationen würden bedingen, dass eine "geordnete Medikamenteneinnahme und Nahrungsaufnahme nicht gewährleistet ist und somit bei diesem Personenkreis die körperliche Integrität gefährdet sein kann", heißt es in einer schriftlichen Stellungnahme des Innenministeriums gegenüber der APA. Das könne von Dienstgeberseite hinsichtlich der Fürsorgepflicht nicht riskiert werden.

Die meisten HIV-positiven Personen in Therapie würden derzeit eine Tablette täglich schlucken, sagte Brunner. "Ich kann mir keinen Einsatz vorstellen, bei dem ich nicht täglich eine Tablette nehmen kann". Ob Menschen, die zur Polizei möchten, auch dafür geeignet sind, solle individuell entschieden werden, "bei HIV-Positiven und -Negativen", forderte Brunner. Ob eine Person leistungsfähig genug sei, um Polizist oder Polizistin zu werden, habe nichts mit ihrem HIV-Status zu tun. "Denn HIV-Positive führen mittlerweile ein normales Leben mit normaler Lebenserwartung".

HIV-Erkrankungen von Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen während der Dienstzeit stellen per se keinen Kündigungsgrund dar, heißt es aus dem BMI. Im Falle einer Erkrankung während der Dienstzeit werde jedoch die Tauglichkeit für den Exekutivdienst beziehungsweise den Außendienst überprüft und gegebenenfalls Änderungen bei der Einsatzart des jeweiligen Mitarbeiters vorgenommen.

Eine Diskriminierung sieht das Innenministerium darin nicht. Zumal "Personen nicht aufgrund einer bestimmten Erkrankung, sondern aufgrund der erforderlichen und regelmäßigen Einnahme von Medikamenten nicht für den Exekutivdienst aufgenommen werden können". Das treffe auf eine Vielzahl von Erkrankungen zu, so etwa auch körperliche Beeinträchtigungen, die eine exekutive Verwendung verunmöglichen würden.

Keinen grundsätzlichen Ausschlussgrund stellt ein positiver HIV-Test beim Bundesheer dar, weder für den Grundwehrdienst, noch für eine Eignung als Berufssoldat, so ein Sprecher des Ministeriums auf Anfrage der APA. Der gesundheitliche Zustand sowie die medikamentöse Einstellung könne aber Einfluss auf die Tauglichkeit haben.

Im Gesundheitsministerium betonte man gegenüber der APA, dass es sich bei einer HIV-Infektion um keine meldepflichtige Erkrankung handle. Vielmehr sei es wichtig "seinen HIV-Status zu kennen und kein Mensch sollte aufgrund dessen benachteiligt werde". Dem Gesundheitsministerium seien keine Berufsgruppen im Gesundheitsbereich bekannt, bei denen eine HIV-Infektion zu einem grundsätzlichen Ausschluss der Berufsausübung führen würde.

Kritik gegenüber der Handhabe des Innenministeriums kam auch von der SPÖ. "Dass gerade bei der Polizei, wo wir händeringend engagierte Personen mit einem klaren Fokus auf die Menschenrechte suchen, Menschen aufgrund eines Virus, das unter richtiger Behandlung weder ansteckend noch gefährlich ist, ausgeschlossen werden, ist einfach inakzeptabel", sagte SPÖ-Gleichbehandlungssprecher Mario Lindner zur APA. Ihn erinnere diese Praxis "eher an die 1980er-Jahre, als an das 21. Jahrhundert und muss schnellstmöglich enden". Von Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) fordere er den "sofortigen Stopp der Diskriminierung HIV-positiver Personen" und richtete deshalb am Dienstag eine parlamentarische Anfrage an ihn. Denn "wer seinen Mitmenschen als Polizist helfen will, soll das ohne unwissenschaftliche Diskriminierung tun können", betonte Lindner abschließend.

ribbon Zusammenfassung
  • Dass der Zugang zur Polizei verwehrt wird, begründet man im Innenministerium damit, dass jede Erkrankung, die eine Dauermedikation erfordert, einen Ausschlussgrund darstellt.
  • Ob Menschen, die zur Polizei möchten, auch dafür geeignet sind, solle individuell entschieden werden, "bei HIV-Positiven und -Negativen", forderte Brunner.
  • Vielmehr sei es wichtig "seinen HIV-Status zu kennen und kein Mensch sollte aufgrund dessen benachteiligt werde".

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