Kein barrierefreies WC kostet Nobel-Lokal in Wien 1.700 Euro
Der Kläger Hans-Jürgen Groß, er ist auch Präsident des Behindertenverbands ÖZIV-Burgenland, hatte im Jänner 2023 ein Abendessen zum Jahrestag des Paares geplant. Das Paar konnte das Restaurant jedoch aufgrund fehlender Barrierefreiheit der WC-Anlagen nicht besuchen, teilte der Klagsverband am Mittwoch in einer Aussendung mit. Der Zugang war nur über drei Stufen möglich, mobile Rampe und Haltegriff waren zum Zeitpunkt der Reservierung nicht vorhanden. Der Mann fühlte sich dadurch diskriminiert, denn ein gleichwertiger Restaurantbesuch war ihm so nicht möglich, hieß es.
Das Paar klagte gemeinsam mit dem Klagsverband das gehobene Lokal auf Schadenersatz und gewann in erster Instanz. Nach einer Berufung bestätigte das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien das Urteil. Das Gericht stellte fest, dass nicht nur der Rollstuhlnutzer, sondern auch seine Ehefrau als nahestehende Angehörige diskriminiert wurde. Der Kläger erhielt 1.000 Euro Schadenersatz, seine Partnerin 700 Euro. Das Urteil ist rechtskräftig, eine Revision wurde ausgeschlossen, hieß es weiter.
"Für den Erstkläger war es demütigend, beim Toilettengang auf fremde Hilfe angewiesen zu sein", hieß es im erstinstanzlichen Urteil und der Entscheidung des Berufungsgerichts. "Er wollte als Mann und nicht nur aufgrund seiner Behinderung wahrgenommen werden und wollte nicht, dass stets jeder weiß, wann er die Toilette aufsuchen muss. Gerade anlässlich der Feier ihres gemeinsamen Jahrestages war es für den Erstkläger besonders kränkend und erniedrigend, nicht gleichberechtigt mit seiner Ehefrau in das Restaurant seiner Wahl gehen zu können."
Rampe mittlerweile vorhanden
Auf APA-Anfrage teilte das betroffene Restaurant mit, dass es die Bedürfnisse aller Gäste ernst nehme. "Wenngleich wir in der Sache die Position der Kläger nicht teilen, haben wir deshalb bereits direkt nach der Beschwerde - und weit vor dem durch den Kläger forcierten Prozess - die minimalen Adaptierungen veranlasst, um die Barrierefreiheit des Restaurants rechtskonform zu gewährleisten", hieß es in der schriftlichen Stellungnahme. "Da das Restaurant immer schon regulär über separate, rollstuhlgerechte Toilettenräume verfügt, war ein Umbau allerdings nicht erforderlich."
Behindertenverbände begrüßen Urteil
"Das Urteil zeigt deutlich, dass Menschen mit Behinderungen einen Anspruch auf gleichwertige Teilhabe haben", sagte Theresa Hammer, Geschäftsführerin des Klagsverbands. "Restaurants müssen sicherstellen, dass auch ihre WC-Anlagen barrierefrei zugänglich sind." Der Kläger und Präsident des ÖZIV-Burgenlands betonte in der Aussendung: "Barrierefreiheit ist keine Wahlmöglichkeit, sondern eine Verpflichtung für alle seit 2006. Das Urteil zeigt, dass Menschen mit Behinderungen keine Menschen zweiter Klasse sind - aber leider noch immer für ihren Status als Kundinnen und Kunden kämpfen müssen!"
Martin Ladstätter, Obmann der Beratungsstelle für behinderte Menschen BIZEPS, betonte in einer Aussendung, dass fehlende Barrierefreiheit nicht länger ignoriert werden darf. "Es reicht nicht, nur Gleichstellungsrechte im Gesetz zu verankern - man muss sie auch nutzen", sagte er.
Zusammenfassung
- Ein Wiener Gourmetrestaurant wurde zu 1.700 Euro Schadenersatz verurteilt, weil ein Rollstuhlnutzer und seine Frau den Besuch wegen nicht barrierefreier WC-Anlagen absagen mussten.
- Das Bezirksgericht Leopoldstadt und das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien bestätigten das Urteil, das dem Kläger 1.000 Euro und seiner Frau 700 Euro zusprach.
- Behindertenverbände begrüßen das rechtskräftige Urteil und betonen, dass Barrierefreiheit seit 2006 verpflichtend ist.