Journalistinnen undercover: So versucht man in Österreich Homosexualität zu "heilen"

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Verena Bauer begab sich sechs Wochen in eine Konversionstherapie, um ihre Homosexualität zu "heilen". Ihr Ziel: Die Vorgehensweise dort aufzudecken. Zusammen mit Daniela Breščaković von der "Kleinen Zeitung" spricht sie bei PULS 24 über ihre Erfahrung.

Daniela Breščaković recherchierte für die "Kleine Zeitung", wie sicher das Leben für queere Menschen in Österreich ist. Dabei stieß sie zufällig auf Infos zu Konversionstherapien und war erstaunt, dass solche "Behandlungen" in Österreich überhaupt noch erlaubt sind, erzählt sie im Interview mit PULS 24. Neugierig geworden, machte sie Hagiotherapie-Zentrum in Graz ausfindig, das Heiligungstherapien für Homosexuelle anbietet.

Mit Meditation zum "richtigen Weg"

Breščaković kontaktierte die freie Journalistin Verena Bauer, zusammen wollten sie Undercover mitmachen. Breščaković spielte die Rolle der Heterosexuellen, die ihrer Schwester eine Therapie nahelegt. Die beiden Journalistinnen wollten die Geschichte von beiden Seiten beleuchten: Einmal aus der Sicht der Patientin, einmal aus der der Angehörigen und waren gespannt, welche Reaktionen sie von den Therapeuten vor Ort erhalten.

Bauer erinnert sich an die erste Therapieeinheit als "relativ intensiv". Ihr seien Meditationsübungen gezeigt worden, die sie jeden Morgen machen sollte. Damit sollte ihr klar werden, was "richtig und falsch" sei. Die weiteren Sitzungen seien "relativ ähnlich" abgelaufen, wichen nur minimal voneinander ab. 

Homosexualität wie Alkoholismus?

Verenas Homosexualität wurde mit einer Krankheit, Alkoholismus oder einem Beinbruch verglichen. Breščaković meinte, es sei erschütternd gewesen, mit welcher Verständlichkeit und wie schnell Begriffe wie "Krankheit", "geistige Störung" oder "Neigung, die korrigiert gehört" gefallen seien.

Bauer hatte vier persönliche Sitzung mit ihrer Therapeutin Heidi (Name von der Redaktion geändert) und vier telefonische Einheiten. Nach ihrer sechswöchigen "Behandlung" war für Heidi klar, dass Bauer auf dem Weg der Besserung sei. Die Journalistinnen täuschten einen Rückfall vor und kritisierten die Therapie, um zu sehen, wie "Heidi" darauf reagiert. Schließlich sei die Therapeutin in Erklärungsnot geraten.

Erzkonservative Gemeinschaft statt Freunde

"Ich hab mich schon oft zsamreißen müssen", schildert Bauern. Die Journalistin erzählt, sie habe versucht, sich emotional von der Therapie zu distanzieren. Trotzdem habe sie Spuren hinterlassen. Es sei nicht immer leicht gewesen, in ihrer Rolle zu bleiben.

Pflicht als Frau nachkommen

Im Laufe der "Behandlung" wurde ihr nahelegt, sich von ihrem sozialen Umfeld abzukapseln und stattdessen der Loretto-Gemeinschaft anschließen. Dort hätte sich die Journalistin einen Mann suchen sollen, um ihrer Pflicht als Frau nachzukommen und Glück zu finden. Die Loretto Gemeinschaft vertritt die Ansicht, dass Homosexualität eine Krankheit sei.

Undercover bei "Umpolungstherapie"

Gesetzesentwurf für Verbot liegt bei der ÖVP

In Einrichtungen wie dem Hagiotherapie-Zentrum in Graz würde man mit der Verunsicherung von Menschen spielen, die sich gerade in einer Outing- oder identitätssuchenden Phase befinden, fasst Breščaković ihre Erfahrungen zusammen.

Finanziert wurde das Zentrum über Spenden und obwohl sich die katholische Kirche von dem Angebot distanziert, wurde es von einem katholischen Pfarrer begründet. Inzwischen scheint das Hagiotherapie-Zentrum geschlossen zu sein, sagten Bauer und Breščaković im "Café Puls"- Interview, mit Sicherheit könne man das aber nicht sagen.

In Österreich wird seit Jahren darüber gesprochen, Konversionstherapien zu verbieten. Ein fertiger Gesetzesentwurf liegt bei der ÖVP. Aber wann dieser umgesetzt wird und wie er aussieht, ist unklar.

ribbon Zusammenfassung
  • Verena Bauer begab sich sechs Wochen in eine Konversionstherapie, um ihre Homosexualität zu "heilen".
  • Ihr Ziel: Die Vorgehensweise dort aufzudecken.
  • Zusammen mit Daniela Breščaković von der "Kleinen Zeitung" spricht sie bei PULS 24 über ihre Erfahrung.