Hack von Kryptonetzwerk ermöglichte 1.800 Festnahmen

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Der Hack des Kryptohandyanbieters Encrochat hat laut einem "Spiegel"-Bericht zur Festnahme von rund 1.800 mutmaßlichen Schwerverbrechern in ganz Europa geführt. Zusätzlich seien gut 130 Millionen Euro beschlagnahmt worden, die aus kriminellen Geschäften stammen sollen, berichtete das Magazin am Freitag unter Berufung auf eine Aufstellung von EU-Innenkommissarin Ylva Johansson. Mehr als 200 Menschen seien davor bewahrt worden, Opfer von geplanten Mordangriffen zu werden.

Französischen Spezialisten war es bereits im Frühjahr 2020 gelungen, die verschlüsselten Handys der Firma Encrochat zu knacken. Im Juli zerschlugen französische und niederländische Ermittler das Netzwerk mit der Festnahme von mehr als 800 Verdächtigen in Europa. Nach ihren Angaben war Encrochat fast ausschließlich vom organisierten Verbrechen genutzt worden.

Die Fahnder kopierten laut "Spiegel" Millionen Chatnachrichten, die sich Verbrecher gegenseitig in dem Glauben geschickt hatten, ihre Spezialtelefone seien abhörsicher. Seither rollen Ermittler in vielen Ländern die schwerkriminelle Szene auf. In Österreich gebe es "nach derzeitigem Stand und in diesem Zusammenhang" bisher keine Festnahmen, erfuhr die APA im Bundeskriminalamt.

"Die extremen Zahlen zeigen, dass sich Europa gegen die organisierte Kriminalität deutlich besser aufstellen muss", sagte der FDP-Europaabgeordnete Moritz Körner dem deutschen Nachrichtenmagazin. "Europol muss endlich zu einem eigenständigen europäischen Kriminalamt weiterentwickelt werden, um grenzüberschreitende Verbrechen effizient und grundrechtskonform verfolgen zu können." Bisher darf die europäische Polizeibehörde mit Sitz in Den Haag keine eigenen Ermittlungen führen.

Schon bei der Bekanntgabe des großen Schlags gegen die Organisierte Kriminalität in Europa im vergangenen Sommer hatte es geheißen, unmittelbar habe es Hunderte Festnahmen gegeben, 19 Drogenlabore wurden ausgehoben, Tausende Kilo Kokain, Crystal Meth und andere Drogen beschlagnahmt. Der Polizei in den Niederlanden und Frankreich war es gelungen, mehr als 20 Millionen geheimer Nachrichten abzuschöpfen, hatte damals die europäische Justizbehörde Eurojust berichtet. Das Eindringen in die technische Infrastruktur des Anbieters von verschlüsselten Kurznachrichten habe "Schockwellen durch organisierte Verbrecherbanden quer durch Europa" geschickt.

Der mit der Aktion geschlossene Kurznachrichtendienst Encrochat habe 60.000 Nutzer weltweit gehabt, er sei ausschließlich zu illegalem Handel, Geldwäsche und für Mordkomplotte gegen rivalisierende Kriminelle genutzt worden. Das Hacken der Chatnachrichten erfolgte auf Grundlage behördlicher Genehmigungen.

Die Zahl 1.800 Festgenommener hatte EU-Kommissionsvize Margaritis Schinas bereits am Mittwoch genannt, als er mit Johansson eine Strategie gegen organisierte Kriminalität vorstellte. Zudem konnten demnach infolge des Encrochat-Hacks 1.500 neue Ermittlungen aufgenommen werden. Die Kriminellen seien schließlich zum verschlüsselten Kommunikationsdienst Sky ECC gewechselt, der ebenfalls von Europol geknackt worden sei, sagte Schinas. Dies wiederum habe zur Beschlagnahmung von 28 Tonnen Drogen in Belgien und den Niederlanden, zu weiteren Festnahmen und verhinderten Straftaten geführt.

ribbon Zusammenfassung
  • Der Hack des Kryptohandyanbieters Encrochat hat laut einem "Spiegel"-Bericht zur Festnahme von rund 1.800 mutmaßlichen Schwerverbrechern in ganz Europa geführt.
  • Zusätzlich seien gut 130 Millionen Euro beschlagnahmt worden, die aus kriminellen Geschäften stammen sollen, berichtete das Magazin am Freitag unter Berufung auf eine Aufstellung von EU-Innenkommissarin Ylva Johansson.