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Großbritannien: Coronavirus-Mutation "außer Kontrolle" - Österreich verhängt Landeverbot - EU will gemeinsames Vorgehen

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Nach ersten Erkenntnissen der Forscher ist die entdeckte Variante um bis zu 70 Prozent ansteckender als die bisher bekannte Form. Österreich verhängt Landeverbot für Flüge aus Großbritannien. Merkel, Macron und Co. erörterten gemeisames Vorgehen der EU.

Besorgt blicken Wissenschafter und Politiker auf eine neue Variante des Coronavirus, die sich im Südosten Englands ausbreitet. Das Land stehe vor einer enormen Herausforderung, sagte Gesundheitsminister Matt Hancock am Sonntag. Nach ersten Erkenntnissen der Forscher ist die entdeckte Variante um bis zu 70 Prozent ansteckender als die bisher bekannte Form.

"Außer Kontrolle"

"Sie (die Pandemie, Anm.) ist außer Kontrolle, und wir müssen sie wieder unter Kontrolle bekommen", sagte Hancock der BBC.  Es gebe aber keine Hinweise darauf, dass die Variante schwerere Krankheitsverläufe auslöse oder eine höhere Sterblichkeitsrate. Zudem gehen die Behörden bisher davon aus, dass Impfstoffe auch gegen die Mutation wirksam sind.

Minister Hancock sagte, er mache sich große Sorgen um das Gesundheitssystem. Derzeit seien mehr als 18.000 Infizierte in den Krankenhäusern, das seien fast so viele wie zum Höhepunkt der ersten Infektionswelle im Frühjahr. "Das ist ein weiterer Grund dafür, dass alle sich an die neuen Regeln halten und persönlich Verantwortung übernehmen müssen", sagte er. Dem Sender Sky News sagte Hancock, jeder müsse sich so verhalten, als sei er mit Corona infiziert. "Das ist der einzige Weg, wie wir das Virus unter Kontrolle bekommen können."

Harter Shutdown

Um das Virus einzudämmen, gilt seit Sonntag in der Hauptstadt London und weiten Teilen Südostenglands ein harter Shutdown mit Ausgangssperren, auch über die Weihnachtstage. Mehr als 16 Millionen Menschen sind betroffen. Hancock schloss nicht aus, dass die schärferen Maßnahmen "in den kommenden Monaten" in Kraft blieben.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) twitterte in der Nacht auf Sonntag, sie stehe mit Großbritannien in engem Kontakt. Die britischen Behörden würden weiter Informationen und Ergebnisse ihrer Analysen und Studien teilen. "Wir werden die Mitgliedstaaten und die Öffentlichkeit auf dem Laufenden halten, sobald wir mehr über die Merkmale dieser Virus-Variante und deren Auswirkungen erfahren." Die WHO riet, weiter alle Schutzmaßnahmen zu ergreifen, um eine Ausbreitung des Virus zu verhindern.

Österreich verhängt Landeverbot für Flüge aus Großbritannien

Österreich verhängt nach der Entdeckung der Mutation ein Landeverbot für Flüge aus Großbritannien. Das kündigte am Sonntag nach dem Gesundheitsministerium auch das Außenministerium gegenüber an. "Rasche Maßnahmen sind in dieser gefährlichen Situation das Gebot der Stunde", ließ Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) wissen, Österreich werde daher ein Landeverbot für alle Flüge aus Großbritannien verhängen.

"Wir müssen mit allen Mitteln verhindern, dass diese gefährliche Virus-Mutation zu uns eingeschleppt wird", argumentierte Schallenberg in einer Mitteilung an die APA. "Wir haben Großbritannien bereits darüber informiert, dass wir zum Schutz unserer Bevölkerung diese einschneidende Maßnahme treffen müssen.

Bereits bisher gibt es strenge Auflagen, betonte das Gesundheitsministerium in Wien: Großbritannien wird als Staat mit erhöhtem Infektionsrisiko angesehen, weshalb für Einreisende eine Quarantänepflicht gilt. Ein Freitesten aus der zehntägigen Quarantäne ist frühestens nach dem fünften Tag möglich.

Die neue Variante des Coronavirus  ist in Österreich bisher nicht aufgetaucht. "Diese Virusmutation wurde in Österreich bisher nicht nachgewiesen", hieß es am Sonntag auf APA-Anfrage aus dem Gesundheitsministerium.

Merkel, Macron und Co. erörterten Lage

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel, EU-Kommissionspräsidenten Ursula von der Leyen und Charles Michel, Präsident des Europäischen Rates, erörterten in einem Telefonat die neue Corona-Lage in England. Nach Angaben aus Elysée-Kreisen sei im Mittelpunkt der Gespräche am Sonntag ein gemeinsames Vorgehen angesichts der dort aufgetretenen neuen Variante des Coronavirus gestanden.

Macron hat noch für Sonntagabend einen Verteidigungsrat einberufen. Auch Deutschland prüft Schutzvorkehrungen im Luftverkehr. Einschränkungen der Flüge aus Großbritannien und auch aus Südafrika seien "eine ernsthafte Option", hieß es am Sonntag aus Kreisen des Gesundheitsministeriums in Berlin. Man verfolge die Entwicklung sehr genau, stehe mit europäischen Nachbarstaaten in Kontakt

Die Niederlande reagierten bereits und untersagten alle Flüge nach und aus Großbritannien. Auch Belgien kappt die Flug- und Zugverbindungen aus Großbritannien ab Mitternacht, kündigte ein Regierungsvertreter in Brüssel am Sonntag an. Der italienische Außenminister Luigi di Maio erklärte in einem Facebook-Post: "Als Regierung haben wir die Pflicht, die Italiener zu schützen." Deswegen sei man dabei, Das Landeverbot zusammen mit dem Gesundheitsministerium umzusetzen.

ribbon Zusammenfassung
  • Nach ersten Erkenntnissen der Forscher ist die entdeckte Variante um bis zu 70 Prozent ansteckender als die bisher bekannte Form.
  • Um das Virus einzudämmen, gilt seit Sonntag in der Hauptstadt London und weiten Teilen Südostenglands ein harter Shutdown mit Ausgangssperren, auch über die Weihnachtstage.
  • Österreich verhängt Landeverbot für Flüge aus Großbritannien.
  • Merkel, Macron und Co. erörterten gemeisames Vorgehen der EU.

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