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G7-Gesundheitsminister beraten über Omikron-Variante

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Die Ausbreitung der neu entdeckten Omikron-Variante des Coronavirus sorgt weltweit für Beunruhigung.

Um die aktuellen Entwicklungen zu diskutieren, hat Großbritannien für Montag ein außerplanmäßiges Treffen der Gesundheitsminister der führenden westlichen Wirtschaftsnationen (G7) einberufen, wie die britische Regierung am Sonntagabend mitteilte. Zahlreiche Staaten reagieren mit Reisebeschränkungen auf die zuerst im südlichen Afrika festgestellte, neue Virusvariante.

Die Uhrzeit der G7-Beratungen und in welcher Form sie stattfinden, war zunächst unklar. Großbritannien hat noch bis Ende des Jahres den Vorsitz der sieben wichtigsten Industrienationen inne. Neben Deutschland und Frankreich gehören auch Italien, die USA, Kanada und Japan zu dem Bündnis.

Mittlerweile sind in etlichen Ländern Fälle der Variante aufgetaucht. Großbritannien, Israel, Kanada, Dänemark, Belgien, Tschechien, Deutschland und Italien meldeten Fälle. In den Niederlanden wurden bei 13 Reisenden Omikron-Infektionen festgestellt. Zuletzt kam in der Schweiz ein Verdachtsfall dazu.

Von Laer: Verdachtsfall in Tirol bestätigt, 30 weitere Fälle liegen vor

Der Tiroler Omikron-Verdachtsfall ist nach Angaben der Innsbrucker Virologin Dorothee von Laer bestätigt. Dies berichtete die ORF-Sendung "Im Zentrum" am Sonntagabend. Demnach sei die neue Virusvariante mittels Sequenzierung nachgewiesen worden, und es würden 30 weitere Verdachtsfälle untersucht. Eine Bestätigung vom zuständigen Gesundheitsministerium liegt bisher nicht vor.

EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen reif angesichts der neuen Coronavirus-Variante zu Vorsorgemaßnahmen und raschem Handeln auf. "Wir nehmen diese Omikron-Variante sehr ernst und wissen, dass wir uns jetzt in einem Wettlauf gegen die Zeit befinden", sagte sie am Sonntag.

Zuvor hatte die italienische Regierung europaweite Vorbeugungsmaßnahmen verlangt. Von der Leyen sagte, dass Wissenschafter und Hersteller zwei oder drei Wochen bräuchten, um sich ein vollständigen Bild über die Mutation zu mache. Höchste Priorität habe aber, Abstand zu halten, Kontakte zu reduzieren und so viel wie möglich zu impfen. "Wir müssen Zeit kaufen", sagte sie. "Die allgemeine Devise lautet: Hoffe auf das Beste und bereite dich auf das Schlimmste vor."

Von der Leyen sagte weiter, dass die Europäische Union bezüglich des Impfstoffs "auf der sicheren Seite" sei. Der Vertrag mit BioNTech/Pfizer über den Kauf von bis zu 1,8 Milliarden Corona-Impfstoff beinhalte demnach eine Klausel, wonach die Hersteller den Corona-Impfstoff innerhalb von 100 Tagen an neue Mutationen anpassen können.

Drosten "ziemlich besorgt", da viele Unklarheiten

Der deutsche Virologe Christian Drosten sagte am Sonntagabend im "heute journal" des ZDF, er sei wegen der Variante "ziemlich besorgt". Man wisse nicht allzu viel über sie. Berichte über milde Verläufe hätten noch nicht sehr viel Substanz angesichts von nur gut 1000 Fällen, so Drosten. Hier müsse man die klinischen Verläufe abwarten.

Man sehe aber, dass sie häufig bei jungen Leuten in Südafrika auftauche und auch Menschen betreffe, die eine Erkrankung schon hinter sich haben. Er habe die Sorge, dass man die erste wirkliche "Immunfluchtmutante" vor sich habe.

Zuvor hatte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) die zunächst im Süden Afrikas entdeckte Omikron-Variante als "besorgniserregend" eingestuft. Die EU-Gesundheitsbehörde ECDC spricht von ernsthaften Sorgen, dass Omikron die Wirksamkeit der Corona-Impfstoffe erheblich verringern und das Risiko von Reinfektionen erhöhen könnte. Welche genauen Auswirkungen die Mutante hat, steht allerdings noch nicht fest.

Omikron-Variante trägt besonders viele Mutationen

Die überraschend viele Mutationen tragende Variante Omikron könnte Experten zufolge in einem Patienten mit einer Form der Immunschwäche, etwa HIV, entstanden sein. Das sei denkbar und wahrscheinlich, ähnliche Befunde seien in anderen Fällen bereits publiziert worden, sagte Carsten Watzl, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie (DGfI).

Viele HIV-Patienten in Afrika, wo die Variante zuerst auffiel, würden nicht ausreichend therapiert, weshalb ihr Immunsystem deutlich geschwächt sei. In Menschen mit geschwächtem Immunsystem könne sich das Virus über viele Wochen vermehren, so Watzl. "Dabei können immer wieder vereinzelt Mutationen auftreten, die dem Virus eventuell keinen Vorteil bringen, die sich aber aufgrund der fehlenden Kontrolle durch das Immunsystem dennoch weiter vermehren können." Damit könnten zusätzliche Mutationen entstehen, die dann in der Kombination eventuell einen Vorteil brächten.

Zur Vermeidung der Ausbreitung so umfangreich veränderter Varianten wie Omikron wäre es demnach wichtig, infizierte immungeschwächte Menschen zu identifizieren und sie zu isolieren, bis sie nicht mehr infektiös sind. "Denn selbst wenn das Virus in einer solchen Person stark mutiert, erst die Weitergabe des mutierten Virus ist wirklich gefährlich."

Schärfere Reisebeschränkungen in zahlreichen Ländern

Viele Länder, darunter die USA, Großbritannien oder Israel, haben wegen Omikron wieder schärfere Reisebeschränkungen eingeführt. Österreichische Reiserückkehrer aus südafrikanischen Ländern müssen einen negativen PCR-Test vorweisen und eine bis zu zehntägige Quarantäne antreten.

Das Bundesheer kontrolliert und hat dabei Umsteige-Flughäfen im Blick. Zuletzt kündigte Regierungschef Fumio Kishida für Japan an, dass Ausländer ab Dienstag (30. November) nicht mehr einreisen dürfen. Aus bestimmten Ländern zurückkehrende Japaner müssen in Quarantäne in speziellen Einrichtungen. Auch Israel schloss seine Grenzen am Sonntagabend erneut komplett für Ausländer.

Während sich die Philippinen gegen sieben europäische Länder, darunter Österreich, mit einem Lande- und Einreiseverbot abschotteten, griff Marokko zu einer noch radikaleren Maßnahme. Um die Einschleppung der neuen Variante zu verhindern, werden ab Montag alle Flugzeuglandungen für zwei Wochen komplett untersagt. Ruanda stoppte alle Direktflüge aus und nach Südafrika und verhängte eine verpflichtende eintägige Quarantäne samt PCR-Testpflicht für alle Einreisenden.

Südafrika kritisiert Einschränkungen

Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa kritisierte die Reisebeschränkungen am Sonntagabend als ungerechtfertigt. "Diese Beschränkungen sind eine unfaire Diskriminierung unseres Landes und unserer Schwesterstaaten", sagte Ramaphosa in einer Fernsehansprache und appellierte, die Entscheidungen noch einmal zu überdenken, "bevor sie noch mehr Schaden anrichten".

Es handle sich um eine klare Abkehr von der Erklärung beim G20-Gipfel in Rom, den unterentwickelten Staaten bei der Bewältigung der Auswirkungen der Pandemie auf ihre Wirtschaft zu helfen. Die bisherigen Corona-Einschränkungen hatten bereits verheerende Auswirkungen auf die Wirtschaft in Südafrika. Die verhängten Reisebeschränkungen vieler Länder treffen das Land kurz vor der wichtigen Sommersaison besonders hart.

Vergangenen Donnerstag hatten südafrikanische Virologen die Entdeckung der neuen Variante bekanntgegeben. Sie waren stutzig geworden, weil die landesweite Inzidenz von knapp zwei plötzlich auf neun Prozent in die Höhe geschnellt war.

ribbon Zusammenfassung
  • Um die aktuellen Entwicklungen zu diskutieren, hat Großbritannien für Montag ein außerplanmäßiges Treffen der Gesundheitsminister der führenden westlichen Wirtschaftsnationen (G7) einberufen, wie die britische Regierung am Sonntagabend mitteilte.
  • Zahlreiche Staaten reagieren mit Reisebeschränkungen auf die zuerst im südlichen Afrika festgestellte, neue Virusvariante.
  • Auch Israel schloss seine Grenzen am Sonntagabend erneut komplett für Ausländer.

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