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Fast jeder zweite Betrug wird im Internet verübt

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Betrugsfälle insgesamt - und besonders solche im Internet - nehmen einen immer größeren Teil der kriminalistischen Arbeit in Anspruch. Jedes zehnte im Vorjahr angezeigte Delikt war ein Betrugsfall, und davon wurde knapp jeder zweite im Cyberspace verübt. Und die Zahlen steigen weiter, wie Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) am Montag bei einer Pressekonferenz in Wien sagte.

"Im ersten Halbjahr heuer ist die Zahl der im Internet verübten Betrugsfälle um 30 Prozent gestiegen im Vergleich zum entsprechenden Zeitraum im Vorjahr", betonte der Innenminister. 17.500 dieser Cyber-Delikte wurden heuer in den ersten sechs Monaten bereits zur Anzeige gebracht. "Das sind rund 100 Betrugsfälle im Internet pro Tag", so Karner. Eine der wichtigsten Gegenmaßnahmen ist für die Kriminalisten die Prävention. Anlass der Pressekonferenz ist der Auftakt zu einer "Woche gegen den Betrug", in deren Verlauf das Bundeskriminalamt (BK) jeden Tag über eine der Hauptbetrugsformen informieren will.

Und davon gibt es mehr als genug, wie BK-Direktor Andreas Holzer ausführte. Mehr als 60 Betrugsformen habe man mittlerweile registriert - "Tendenz steigend", so Holzer. Im vergangenen Jahr hätten die bekanntgewordenen Fälle in Österreich einen Schaden von 700 Millionen Euro verursacht. Gleichzeitig registrieren die Ermittler eine "Verlagerung der Straftaten in die digitale Welt - und dafür ist nicht einmal das Darknet oder eine aufwendige Software notwendig", erläuterte der BK-Direktor. "Eine Mail, eine Nachricht oder eine Freundschaftsanfrage genügen."

Holzer nannte einige Eckdaten zu den bekanntesten Deliktsformen. So entstand 2022 beim sogenannten Sohn/Tochter-Betrug ein Schaden von sechs Millionen Euro, dabei registrierte die Polizei rund 3.300 Opfer. Heuer liegt der entstandene Schaden bereits bei 5,7 Millionen Euro. Bei den Betrügereien mit der Masche der falschen Polizeibeamten wurden 2023 bereits sieben Millionen Euro Schaden registriert, im Vorjahr waren es insgesamt 15 Millionen Euro. Dabei gab es eklatante Einzelfälle: Zum Beispiel knöpften die Täter einer älteren Frau allein 700.000 Euro ab.

Hohe Schäden verursachen Investmentbetrügereien. 2022 wurden 60 Millionen Euro Schaden registriert, heuer nahmen Täter ihren Opfern bereits 32 Millionen Euro ab. Ein besonders spektakulärer Fall namens "Juicy Fields" wurde erst in der vergangenen Woche bekannt: Die Betrüger offerierten Anlegern Investments in Plantagen für medizinisches Cannabis, deren Geld wurde aber nicht in die behaupteten Projekte investiert, sondern von einem Konto aufs nächste transferiert und der Verbleib so verschleiert. Dazu kam, dass die Täter an weitere Anleger über ein Pyramidensystem zu kommen versuchten.

Die "Woche gegen den Betrug" hat das BK nun als Aufklärungsoffensive angelegt. Jeden Tag will das Bundeskriminalamt über seine Social-Media-Kanäle über eine andere Betrugsform informieren: Morgen sind beispielsweise die falschen Polizisten an der Reihe, am Mittwoch die Sohn/Tochter-Masche, am Donnerstag der Mietbetrug und am Freitag der Investmentbetrug. Dabei wollen die Ermittler "die Kommunikation an die Zielgruppe anpassen", wie Holzer sagte. Unter anderem sollen auch ältere und potenziell besonders gefährdete Verwandte informiert.

Katja Tersch, Leiterin des Tiroler Landeskriminalamts, appellierte an Geschädigte, Fälle anzuzeigen, sobald sie sie entdeckt haben. "Nach dem Entdecken der Straftat entsteht oft ein immenses Schamgefühl. Dabei ist keine Scham notwendig", sagte Tersch.

Neben der Aufklärung und Prävention setzen Innenministerium und BK auf den Ausbau der Bekämpfung. Karner verwies auf die Reform des Kriminaldienstes, die bis Ende des Jahres abgeschlossen sein soll, deren Umsetzung aber noch nicht gestartet ist. "Wir werden hier die Gespräche vertiefen, um in die Umsetzung zu kommen", sagte der Innenminister. Die Beteiligten zeigten sich nach wie vor optimistisch, dass die Reform bis Jahresende abgeschlossen werden kann.

Die Gespräche mit der Personalvertretung ziehen sich allerdings bereits einige Monate hin. "Ganz normal, bei einem solchen sensiblen und umfangreichen Vorhaben ist die Personalvertretung natürlich sehr bedacht, die Interessen der Vertretenen zu wahren", hieß es am Rande der Pressekonferenz aus dem Ministerium. Bei der Kriminaldienstreform ist der Ausbau der Cybercrime-Kompetenzen im Ermittlungsdienst ein Kernpunkt. Im Bundeskriminalamt wird der Cybercrime-Kompetenzcenter C4 von 60 auf mehr als 120 Kräfte aufgestockt. Dazu sollen in Regionen und Landeskriminalämtern IT-Kriminalitätsdelikte durch spezialisierte Ermittler bekämpft werden, die sogenannte "Cyber-Cobra", wie Karner sie nannte. Zusätzliche Cyber-Module in der Polizeiausbildung und je eine Cyber-HAK in Tamsweg sowie ab September in Horn ergänzen das Programm.

ribbon Zusammenfassung
  • Betrugsfälle insgesamt - und besonders solche im Internet - nehmen einen immer größeren Teil der kriminalistischen Arbeit in Anspruch.
  • "Im ersten Halbjahr heuer ist die Zahl der im Internet verübten Betrugsfälle um 30 Prozent gestiegen im Vergleich zum entsprechenden Zeitraum im Vorjahr", betonte der Innenminister.
  • "Das sind rund 100 Betrugsfälle im Internet pro Tag", so Karner.
  • Heuer liegt der entstandene Schaden bereits bei 5,7 Millionen Euro.