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Vorstoß in Deutschland

Sollten Feiertage in Österreich abgeschafft werden?

Heute, 08:58 · Lesedauer 4 min

Unter dem Vorwand von mehr Produktivität schlagen deutsche Unternehmer gerade vor, den ein oder anderen gesetzlichen Feiertag "abzuschaffen". Auch in Österreich fordern die Industriellen ein Umdenken. Zustimmung ist aktuell noch dünn gesät.

Vor allem der Mai und der Juni sind, was Feiertag anbelangt, Spitzenreiter. Deutsche Wirtschaftswissenschaftler und Unternehmer, etwa der ifo Institut-Präsident Clemens Fuest, hatten daher eine Abschaffung mancher Feiertage in den Raum gestellt. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) forderte nämlich, dass die Bevölkerung mehr arbeiten müsse. 

Prompt hat man den Schuldigen gefunden. Das Institut der deutschen Wirtschaft berechnet für einen gestrichenen Feiertag ein Plus von bis zu 8,6 Milliarden Euro im Bruttoinlandsprodukt (BIP), berichtet der NRD. 

Österreich "Europameister" der Feiertage 

2019 machte der damalige Industriellen-Präsident Georg Kapsch einen ähnlichen Vorstoß. Blau-Schwarz ging dagegen auf die Barrikaden. 

Auf PULS 24 Nachfrage bleibt man auch 2025 bei der Meinung, Österreich sei "Europameister", was die freien Tage betrifft. Man liege mit Estland an der Spitze, heißt es von der Industriellenvereinigung (IV). 

"2019 wurden in Österreich 7,1 Millionen Arbeitsstunden pro Woche geleistet, 2024 waren es nur mehr 6,9 Millionen. Wir sollten deshalb darüber nachdenken, ob es nicht zu Veränderungen kommen sollte".

Es würde schon helfen, wenn Donnerstags-Feiertage auf Freitag verschoben würden. "Feiertage am Freitag oder Montag würden die Produktivität in der Industrie weniger stark beeinträchtigen. Zudem würde das den Unternehmen eine bessere Planbarkeit geben", führt ein Sprecher weiter aus.

Mit weniger Arbeit können "wir unseren Wohlstand nicht halten". Selbst das katholische Italien habe zwei Feiertage weniger, kritisiert man.

Die meisten Feiertage sind "kirchlich"

Zu den harten Fakten: 13 gesetzliche Feiertage gibt es in Österreich. Acht davon sind durch das Konkordat mit dem Heiligen Stuhl festgelegt. Nennen wir sie "kirchliche Feiertage".

Das betrifft: den Neujahrstag (1. Jänner), den Drei-Königs-Tag (6. Jänner), Fronleichnam (60 Tage nach Ostern), Mariä-Himmelfahrt (15. August), Allerheiligen (1. November), den Tag der Unbefleckten Empfängnis (8. Dezember) sowie den Weihnachtsfeiertag (25. Dezember). 

Ostermontag, Stefanitag und Pfingstmontag sind keine "kirchlichen Feiertag". Genau über jene Feiertage wird zumindest in Deutschland diskutiert. 

Auf Anfrage bei Diözesebischof Wilhelm Krautwaschl, der als Sprecher der Sonntagsallianz hierfür in der Bischofskonferenz zuständig ist, erklärt man, dass man den Grund für die schwächelnde Konjunktur nicht in den Feiertagen suchen sollte. Feiertage bestehen immerhin schon viel länger. 

"Der gesellschaftliche und letztendlich wirtschaftliche Nutzen durch die Erholung am freien Feiertag und am Sonntag ist aus kirchlicher Sicht höher als durch eine zusätzliche Belastung mit der Feiertagsarbeit". Außerdem würden viele Menschen bereits am Samstag und Sonntag arbeiten müssen, so Krautwaschl.

Video: Schuldenfalle Feiertage?

AK ortet "Verschlechterung" 

Auch bei der Arbeiterkammer Wien (AK) zeigt man sich von jenem Vorschlag unbegeistert. "Derartige Vorschläge zielen auf eine Verschlechterung der Situation für Arbeitnehmer", sagt Julia Vazny-König, Juristin der AK, zu PULS 24. 

An Feiertagen können sich Arbeitnehmer:innen erholen, was auch die Produktivität steigern würde, führt sie weiter aus.

Sie verweist auf die Abschaffung des Karfreitags als Feiertag für Evangelische und Altkatholiken 2019. Das habe nicht zur Steigerung der Produktivität beigetragen. 

Feiertage seien auch von kultureller Bedeutung. "Die Debatte einseitig, als rein ökonomische Rechnung, zu führen ist der falsche Ansatz", so Vazny-König. 

Eine Ausweitung der Arbeitszeit ohne Rücksicht auf die Gesundheit führe nicht zu mehr Wachstum, sondern zu Ausfällen und Überforderung. "Aus diesem Grund brauchen wir Zeiten der Erholung, die eben auch an den Feiertagen erfolgt!", betont sie. 

Aktuell kein Thema für Regierung 

Und wie sieht das die amtierende türkis-rot-pinke Bundesregierung? 

Aus dem Büro des Sozialministeriums heißt es gegenüber PULS 24: "Wir sind in Österreich mit der Tatsache konfrontiert, dass Arbeitszeit ganz grundsätzlich schlecht verteilt ist: Österreich liegt an 3. Stelle in der EU bei der Anzahl der Arbeitsstunden von Vollzeitkräften; auf der anderen Seite haben wir - insbesondere bedingt durch einen nur schleppenden Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen – eine sehr hohe Teilzeitquote. Das sind Schieflagen, die wir prioritär angehen müssen."

Die Debatte über das Thema Arbeitszeit beginne nicht mit der Streichung von Feiertagen. Im Regierungsprogramm finde sich daher auch kein Ansatz, gesetzliche Feiertage infrage zu stellen, so eine Sprecherin. 

In Österreich braucht man eine ernstzunehmende "Abschaffung" der gesetzlichen Feiertage also (noch) nicht fürchten. 

Zusammenfassung
  • Unter dem Vorwand von mehr Produktivität schlagen deutsche Wirtschaftswissenschaftler gerade vor, den ein oder anderen gesetzlichen Feiertag "abzuschaffen".
  • Österreich sei "Europameister", was die freien Tage betrifft. Man liege mit Estland an der Spitze, heißt es von der Industriellenvereinigung.
  • "2019 wurden in Österreich 7,1 Millionen Arbeitsstunden pro Woche geleistet, 2024 waren es nur mehr 6,9 Millionen. Wir sollten deshalb darüber nachdenken, ob es nicht zu Veränderungen kommen sollte", fordert man.
  • Von AK und Kirche kommt Ablehnung.
  • Auch im Regierungsprogramm der Bundesregierung findet sich ein solcher Ansatz aktuell nicht.