30 Prozent der Inselreptilien vom Aussterben bedroht
Obwohl Inseln weniger als sieben Prozent der Erdoberfläche ausmachen, beherbergen sie einen großen Teil der globalen Biodiversität. Rund ein Drittel der etwa 12.000 bekannten Reptilienarten sind auf Inseln beheimatet, darunter Spezies wie die Galapagos-Riesenschildkröte und der Komodowaran. "Reptilien besitzen mehrere physiologische und verhaltensbedingte Merkmale – etwa eine undurchlässige Haut und die Fähigkeit, lange Zeit ohne Nahrung oder Wasser zu überstehen –, die sie zu besonders guten Inselbewohnern machen", heißt es in der Studie.
Die Analyse zeigt, dass rund 30 Prozent der Reptilien auf Inseln vom Aussterben bedroht sind – im weltweiten Mittel sind es zwölf Prozent. Seit 1960 hätten sich lediglich knapp sieben Prozent der wissenschaftlichen Arbeiten über Reptilien mit bedrohten Inselarten beschäftigt, hieß es auch.
Die Populationen sind vor allem durch landwirtschaftliche Expansion, Abholzung von Wäldern, Umweltverschmutzung und eingeschleppte Arten bedroht. Dramatische Folgen haben zum Beispiel eingeschleppte Katzen auf Inseln.
Kaum Abwehrmechanismen
Denn viele Inselreptilien hätten sich in Abwesenheit von Säugetier-Feinden entwickelt und deshalb keine starken Abwehrmechanismen, erklärte Hauptautor Ricardo Rocha. "Das macht sie zu leichten Zielen für eingeführte Raubtiere wie frei laufende Katzen, die eine der Hauptursachen für das Aussterben auf Inseln sind."
Gleichzeitig seien Reptilien wie Schlangen, Schildkröten und Geckos Schlüsselarten für Inselökosysteme. "Auf der Insel Madeira zum Beispiel - meinem Geburtsort - gibt es überall Mauereidechsen, die Insekten jagen, Pflanzen bestäuben und Früchte fressen." Die Forschungen hätten ergeben, dass eine einzelne Katze auf der Insel in nur einem Jahr mehr als 90 Eidechsen fressen kann. "Ein eindrucksvolles Beispiel dafür, wie eingeschleppte Raubtiere fragile Inselökosysteme aus dem Gleichgewicht bringen können", sagte Rocha.
Beispiel Príncipe-Smaragdnatter
Die Wissenschafter analysierten die Forschung zwischen 1960 und 2021 und stellten fest, dass größere und weiter verbreitete Arten mehr Aufmerksamkeit erhielten, während kleinere und neu entdeckte Inselarten weitgehend unberücksichtigt blieben.
Ein Beispiel ist die Príncipe-Smaragdnatter (Hapsidophrys principis), die nur auf der kleinen Insel Príncipe im Golf von Guinea vorkommt und erstmals 1906 beschrieben wurde. Diese endemische Schlangenart ist ein Paradebeispiel für eine Inselart, die durch ihre Isolation stark gefährdet ist. Trotz ihrer ökologischen Bedeutung als Räuber in diesem empfindlichen Ökosystem sind kaum Forschungsdaten über ihre Lebensweise und Bestandsentwicklung verfügbar.
Die Autoren der Studie, an der auch das Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) beteiligt war, schlagen mehr gezielte Forschung zu Inselreptilien vor, insbesondere zu denjenigen, die am stärksten vom Aussterben bedroht sind. Weitere empfohlene Maßnahmen umfassen die Förderung von Partnerschaften zwischen nationalen Institutionen und Inselgemeinschaften und die Integration von Wissen aus nicht-akademischen Quellen.
Zusammenfassung
- Rund 30 Prozent der Reptilienarten auf Inseln gelten laut einer Studie als vom Aussterben bedroht, während der weltweite Durchschnitt bei nur zwölf Prozent liegt.
- Inseln machen weniger als sieben Prozent der Erdoberfläche aus, beherbergen aber etwa ein Drittel der weltweit rund 12.000 bekannten Reptilienarten, darunter viele einzigartige Spezies.
- Die Hauptgefahren für Inselreptilien sind landwirtschaftliche Expansion, Abholzung, Umweltverschmutzung und eingeschleppte Arten wie Katzen, die beispielsweise auf Madeira jährlich über 90 Eidechsen pro Tier fressen können.
