Josef VotziJosef Votzi/PULS 24

Am Puls der Politik: Die neuen Kickl-Macher

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Andreas Bablers Kampfrhetorik für "Unsere Leute" erinnert nicht nur verbal an FPÖ-Kampagnen. Nach der ÖVP ist auch der SPÖ-Chef dabei, den Blauen den rot-weiß-roten Teppich zu legen.

Der neue SPÖ-Chef macht ein Versprechen wahr. Andreas Babler tourt durchs Land, um sich der SPÖ-Basis vorzustellen. Vergangene Woche machte er den Sozialistischen Studenten seine Aufwartung. Er zeigte sich bei einem Open-Air-Festival der SPÖ in Graz. Vom Sommergrillfest der SPÖ Gmunden am Traunsee setzte er zuletzt diese Botschaft ab: "Der ASKÖ Gmunden ermöglicht die Nutzung des Traunsees auch für unsere Leute, die nicht mit goldenem Löffel im Mund geboren wurden. Danke für den super coolen Grillabend mit schönstem Ausblick, wir kämpfen jetzt gemeinsam für mehr Gerechtigkeit in Österreich!"

Bablers Sommertour mit geballter Faust

Die Orte wechseln, die Tonlage bleibt überall die gleiche. Ob bei einem hochoffiziellen Studentenkongress, einem lockeren Open-Air-Festival oder einem lauschigen Grillabend: Andreas Babler lässt die Hand nie im Hosensack, er ballt sie überall breit sichtbar zu einer Faust. Im parteiinternen Wahlkampf um den SPÖ-Chefsessel war bei jedem Auftritt wie das Amen im Gebet zu vernehmen: "Wir sind keine Bittstellerinnen und Bittsteller."

Seit kurzem dominiert ein neuer Slogan: Der Kampf für "unsere Leute". Selbst Mitarbeiter und Vertraute der unterlegenen roten Rivalen Pamela Rendi-Wagner und Hans Peter Doskozil sagen: Das kommt bei vielen in der SPÖ gut an. Nachdenklichere Gemüter in und außerhalb der SPÖ tun sich mit der extralauten Klassenkampf-Pose schwer, die Andreas Babler in jeder Lebenslage vor sich her trägt.

Blaue Kampfparole in Rot: "Unser Geld für unsere Leute"

Sie irritieren auch seine immer gleichen Parolen: Das permanente Wettern gegen "Die Konzerne", "Die Reichen" und "Die, die mit dem goldenen Löffel aufgewachsen sind". Das alles verbunden mit dem permanenten Schlachtruf des Kampfs für "unsere Leute". 

Sie fühlen sich an Kampagnen politischer Widersacher mit ähnlichen Parolen erinnert: "Unser Geld für unsere Kinder!" Mit diesem Slogan pries die FPÖ nach Start von Türkis-Blau vor fünf Jahren die Indexierung, sprich Kürzung der Familienbeihilfe etwa für im Ausland lebende Kinder von in Österreich tätigen Pflegerinnen an. "Unser Geld für uns're Leut'" gehört seit Jahren zu den beliebtesten Versatzstücken blauer Propaganda-Feldzüge – von FPÖ-Kampagnen gegen die Rettung von Banken in der Finanzkrise bis gegen generell weniger Geld für Feindbilder aller Art.

Spalterisch und verhetzend – oder was?

Die Pflege von Feindbildern und das gleichzeitige Hochhalten der Präferenz für "Unsere Leute'" drohen spalterisch und verhetzend zu wirken. Das dauerhaft zu strapazieren, war daher bis vor kurzem auch für rote Politiker ein No-Go. Bablers Anhänger wollen Einwände gegen diese zusätzliche Dosis an Polarisierung, die ihr Idol jetzt einbringt, nicht gelten lassen. Sie orten vielmehr "einen Klassenkampf von oben", der längst dabei sei die Gesellschaft zu spalten. Der neue SPÖ-Chef mache das mit seiner Rhetorik bloß sichtbar. 

Andreas Babler setzt so unverdrosssen die nächste klassenkämpferische Botschaft ab: "Die einen macht die Inflation reicher, für die ist die Regierung da. Unsere Leute macht die Inflation ärmer - für die sind wir da." Das alles passiert in einem Klima, das schon vor der sommerlichen Hitzewelle massiv aufgeheizt war. Längst nicht mehr allein durch die Blauen.

ÖVP-Offensive für "Normaldenkende"

Die ÖVP versucht seit Monaten zur FPÖ davonlaufende Wähler verzweifelt an sich zu binden oder gar zurückzugewinnen. Erst durch eine Dauerkampagne in Sachen "Asylbremse". Jüngst hat ÖVP-Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner zudem eine Offensive für die "Normaldenkenden" und gegen "Genderwahn" und "Klimakleber" eröffnet. Inzwischen stimmen derart viele in der ÖVP in diesen Chor für die "Normalos" ein, dass sich der Koalitionspartner nur noch mit einer scharfen Konterattacke helfen zu können glaubte. Für Grünen-Chef Werner Kogler ist Johanna Mikl-Leitners Wortwahl "präfaschistoid". 

Blaue Kampf-Rhetorik durch Nachahmer in SPÖ & ÖVP legitimiert

Es spricht vieles dafür, dass diese immer schärferen Wortgefechte 14 Monate vor dem regulären Wahltermin erst der Anfang sind. Sie werden weder dem politischen Klima noch dem ganzen Land nachhaltig gut tun. 

Denn je öfter und ungehemmter nun auch Rot und Türkis-Schwarz den verbalen Dreschflegel auspacken, desto mehr legitimieren sie die bereits herrschende blaue Kampf-Rhetorik. Diese kannte schon bisher nur noch wenige Grenzen, gegen alles und jeden auszuteilen. Andreas Babler, Johanna Mikl-Leitner & Co drohen nun die letzten Schranken für eine grenzenlose Eskalation zu öffnen.

Josef Votzi ist Kolumnist des Magazin "Trend" und Kommunikationsberater (www.linkedin.com/in/josef-votzi). Seine wöchentliche Kolumne "Politik Backstage" erscheint jeden Freitag neu auf trend.at.

ribbon Zusammenfassung
  • Andreas Bablers Kampfrhetorik für "Unsere Leute" erinnert nicht nur verbal an FPÖ-Kampagnen.
  • Nach der ÖVP ist auch der SPÖ-Chef dabei, den Blauen den rot-weiß-roten Teppich zu legen.