Das Ringen um die Schulen: Droht ab Montag Distance Learning?

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Die Infektionszahlen bei Schülern steigen weiter. Immer mehr Politiker und Experten sprechen nun davon, Schulen wieder ins Distance Learning schicken zu müssen. Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) ist dagegen.

Die türkis-grüne Regierung will an den offenen Schulen nicht rütteln. Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) betonte immer wieder, dass Distance Learning Schüler aus "bildungsfernen Schichten" benachteiligen würde und nicht gut für die psychische Gesundheit sei. 

Unterdessen steigen die Infektionszahlen derzeit vor allem bei Schülern. Hunderte Schüler und Pädagogen sind wegen einer Corona-Infektion erkrankt oder zumindest daheim in Quarantäne. Bei den Sechs- bis 14-Jährigen nahm die Inzidenz laut Daten der AGES um 59,75 Prozent innerhalb einer einzigen Woche zu - innerhalb der letzten 14 Tage gab es ein Plus von 99,74 Prozent.

Salzburg und Oberösterreich wollten die Schulen bereits bei der Lockdown-Verhängung am vergangenen Freitag schließen - das Bildungsministerium verhinderte das. Laut PULS 24 Informationen planen mehrere Bundesländer, die Schulen ab Montag ins Distance Learning zu schicken.

"Ein trauriger Rekord"

Dafür spricht sich auch der Linzer Bürgermeister Klaus Luger (SPÖ) aus: In der oberösterreichischen Landeshauptstadt wurde bei der Zahl der Neuinfektionen am Mittwoch "ein trauriger Rekord" erreicht. 300 neue Fälle innerhalb eines Tages, 100 davon seien Schüler. Daher forderte er von Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP), sofort auf Distance Learning umzustellen. 800 Schüler seien in Linz derzeit abgesondert, ein Drittel aller Neuinfektionen der vergangene Woche betreffe Schüler. "Distance Learning ist besser als Null-Learning", sagt er im PULS 24 Interview. Man sollte die Länder entscheiden lassen, denn nun herrsche "Chaos".

"Die Maskenpflicht an den Schulen wurde gerade eingeführt, und einige Kinder bleiben doch zuhause. Aber wenn die Zahlen nicht fallen, werden auch die Schulen schließen müssen", sagte auch die Virologin  Dorothee von Laer im Interview mit dem "Profil". Mehrere Schulsprecher forderten in einem offenen Brief, zurück ins Distance Learning zu gehen, weil die Schulen nicht sicher seien.

Direktorin Rollet: "Distance Learning ist nicht die Schwierigkeit"

Derzeit würde sich die Anzahl der Schüler, die zur Schule kommen, täglich ändern, schildert Ilse Rollet, Direktorin der AHS Rahlgasse in Wien. Das sei organisatorisch eine Herausforderung, obwohl es immer etwa 95 Prozent der Schüler seien, die kommen. Aber eben nicht immer die selben. Bei so vielen anwesenden Kindern gebe es auch Angst vor Infektionen: "Natürlich macht mir das Sorgen", sagt Rollet.

Verwirrung bei den Eltern

Die Direktorin kritisiert, dass die Eltern wegen der Kommunikation der Regierung Anfang der Woche verwirrt gewesen seien, ob sie die Kinder in die Schule schicken sollen oder nicht. Nun stehen Schulschließungen im Raum - sie fordert, dass die endgültige Entscheidung so bald wie möglich getroffen werden soll. Distance Learning sei nicht das Problem, aber die Eltern übers Wochenende zu befragen, wer Betreuung braucht, sei ein Aufwand. Für sie gibt es gute Argumente für Home Schooling, aber auch gute Argumente für Präsenzunterricht.

Ab Montag drohen Schulschließungen

Stimmen für offene Schulen

Für Wien jedenfalls schließt Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr (NEOS) Schulschließungen derzeit noch aus. Offene Schulen mit einem Sicherheitskonzept seien eine "wichtige Lösung in der Pandemiebekämpfung". In Wien habe man schon länger schärfere Maßnahmen auch an den Schulen. In Wien wird zweimal die Woche PCR-getestet. Ob Schularbeiten stattfinden sollen, müsse am Schulstandort entschieden werden, so Wiederkehr. 

Auch Tirols Bildungslandesrätin Beate Palfrader (ÖVP) sowie die Österreichische Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie (ÖGKJP) haben sich am Donnerstag für ein Offenhalten der Schulen ausgesprochen. "Wir halten daran fest, vom flächendeckenden Distance Learning Abstand zu nehmen", betonte Palfrader im APA-Gespräch. Die ÖGKJP betonte, dass Kinder nicht beschränkt werden dürften, "um eine Dynamik abzufangen, die durch die solidarische Maßnahme der Impfung vermeidbar wäre".

Wiederkehr: "Offene Schulen mit Sicherheitskonzept sind wichtige Lösung"

Unterdessen hat die Bundesregierung die Sonderbetreuungszeit dahingehend präzisiert, dass sie künftig auch vereinbart werden kann, wenn Regelunterricht stattfindet. Ein Rechtsanspruch besteht aber weiterhin nur dann, wenn Schulen behördlich geschlossen sind und keine alternative Betreuungsmöglichkeit zur Verfügung steht.

Im Burgenland starteten "virtuelle Klassen". Über die Lernplattformen erhalten Schülerinnen und Schüler, die im Lockdown zu Hause bleiben, Videos und Unterrichtsmaterialien, die sie daheim bearbeiten können. Damit sollen sie beim Lernen unterstützt und Unterschiede zu den Kindern in der Schule ausgeglichen werden. 

Wer muss ins Distance Learning?

Am Dienstag haben sich Gesundheits- und Bildungsministerium auf einheitliche Regeln zum Distance Learning geeinigt. Grundsätzlich darf derzeit jeder Schüler ohne Entschuldigung vom Unterricht fernbleiben. Für Schüler, die K1-Kontaktpersonen oder infiziert sind, ist nun nicht mehr die jeweilige Gesundheitsbehörde zuständig. 

Die allgemeine Regel für Schüler: Sollte in einer Klasse ein Infektionsfall auftreten, muss nur das betroffene Kind daheimbleiben. Für alle anderen Kinder läuft der Unterricht weiter, sie müssen aber fünf Tage lang täglich testen.

Ab dem zweiten Fall in der Klasse wechselt die gesamte Klasse nach Rücksprache mit der jeweiligen Bildungsdirektion ins Distance Learning. Dort verbleiben die Kinder für fünf Tage, auch Kinder, die am Tag des positiven Testes nicht anwesend waren. "Das gilt immer für die ganze Klasse", teilt ein Ministeriumssprecher mit. Anschließend muss ein Test absolviert werden - wenn möglich ein PCR-Test. Dann können die (negativen) Kinder wieder zurück in den Präsenzunterricht. 

Für Lehrer gelten alte Quarantäneregeln

Für Lehrer gelten weiterhin die jeweiligen Quarantäne - bzw. Kontaktpersonenregeln der Gesundheitsbehörden, wie das Bildungsministerium gegenüber PULS 24 klarstellte. Das heißt, ein geimpfter Lehrer einer Klasse, die ins Distance Learning muss, muss nicht von zuhause aus unterrichten und darf auch in andere Klassen gehen. Auch ob die Lehrkraft Maske trug und Abstand hielt, soll bei der Entscheidung der Gesundheitsbehörden berücksichtigt werden. Ungeimpfte Lehrer müssen freilich eher in Quarantäne.

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  • Die Infektionszahlen bei Schülern steigen weiter. Immer mehr Politiker und Experten sprechen nun davon, Schulen wieder ins Distance Learning schicken zu müssen. Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) ist dagegen.