APA/APA/HERBERT PFARRHOFER/HERBERT PFARRHOFER

Pöltl will mit neuer Rolle in San Antonio "etwas aufbauen"

0

Jakob Pöltl hat die beste Saison seiner Karriere in der nordamerikanischen Basketball-Profiliga NBA hinter sich. Der 25-Jährige ist bei den San Antonio Spurs zum Stammspieler in der Startformation avanciert. "Ich habe schon gespürt, dass sich der Stellenwert ändert", erklärte Pöltl am Dienstag bei einem Pressegespräch im Rahmen seines Heimataufenthaltes in Wien. "Die Verantwortung im Team steigt, meine Meinung zählt mehr."

Pöltl hatte sich vor seinem Sommerurlaub in Österreich noch in San Antonio mit Chefcoach Gregg Popovic und anderen Schlüsselkräften ausgetauscht. "Ich bin jetzt auch mehr investiert in das Spurs-Projekt", betonte der Center. "Wir können echt auf etwas aufbauen." Zweimal in Folge haben die Texaner zuletzt die Play-offs verpasst. Die Ansprüche beim fünfmaligen Meister seien aber nach wie vor hoch. "Es ist eine lange Reise zurück ins Finale", meinte Pöltl. Ein NBA-Titel bleibt aber sein Karriereziel.

In San Antonio ortet der 2,13-Meter-Mann ein ausreichend talentiertes Team, um darauf hinzuarbeiten. In welche Richtung es geht, wird der Sommer zeigen. Offen ist etwa, ob die Spurs die Verträge von Topscorer DeMar DeRozan sowie der Routiniers Rudy Gay und Patty Mills verlängern. "Wir haben durchaus Gehaltsspielraum, um neue Spieler reinzubringen", sagte Pöltl. Das ist auch ihm selbst geschuldet. Der Wiener hatte im Vorjahr einen mit 26,25 Mio. Dollar (22,1 Mio. Euro) dotierten Dreijahresvertrag unterschrieben. Damals war er Reservist und noch kein Schlüsselspieler.

In der kommenden Saison verdient Pöltl 8,75 Mio. Dollar - für einen Stammcenter in der NBA vergleichsweise wenig. "Die Vertragsverhandlungen würden ein bisschen anders aussehen, wenn sie diesen Sommer wären", meinte Pöltl. Es sei mit seinem Gehalt aber zufrieden. "Es gibt keinen Grund, sich zu beschweren. Ich arbeite jetzt auf meinen nächsten Vertrag hin." In San Antonio hätte er dafür eine gute Ausgangsbasis. "Und nachdem mir Geld nicht so wichtig ist, stört es mich nicht, dass ich vielleicht ein bisschen unterbezahlt bin."

Er sei bei den Spurs, die sich im Saisonverlauf von Center-Routinier LaMarcus Aldridge getrennt haben, sehr schnell in seine neue Rolle hineingewachsen. Das Aus kam im Mai im Play-in-Turnier gegen die Memphis Grizzlies. Je mehr Zeit seit dieser Enttäuschung vergangen sei, schilderte Pöltl, "desto mehr habe ich die Entwicklungsschritte gesehen, die ich fast schon für selbstverständlich gehalten hatte". Weitere sollen folgen. Der Österreicher geht in sein sechstes NBA-Jahr. "Da muss auch mehr kommen von meiner Seite."

Pöltl gilt bereits als einer der besten Verteidiger der Liga. An seinem grundsätzlichen Spielertyp werde sich nichts ändern. Er arbeite aber daran, auch in der Offensive mehr Selbstvertrauen zu zeigen und "facettenreicher" zu werden. "Ich will mein Repertoire auf allen Levels steigern." Seit seiner Berufung zum Starter im Februar punktete Pöltl im Schnitt zweistellig, die zu Beginn enorm schwache Freiwurfquote stabilisierte sich im Saisonverlauf bei knapp über 50 Prozent.

Beim Heimtraining in der Halle seines Ex-Clubs D.C. Timberwolves in Wien arbeitet Pöltl viel an seiner Wurftechnik. "Es sind sehr viele Freiwürfe dabei." Auch ein Exemplar des neuen Balles, mit dem in der NBA ab der nächsten Saison gespielt wird, hat er bereits mit dabei. Im August erfolgt der Rückflug in die USA. Davor würde Pöltl gerne auch an einem Trainingscamp des ÖBV-Nationalteams teilnehmen. Dafür wartet er aber noch auf eine Freigabe seines Clubs und der NBA.

Ob er auch nächste Saison mit Trainer-Legende Popovich zusammenarbeiten kann, ist noch nicht endgültig gesichert. "Ich habe das Gefühl, er könnte es noch zehn Jahre machen, so wie er drauf ist", sagte Pöltl über den 72-Jährigen. Schon in den vergangenen Jahren hätten sich die Gerüchte um einen möglichen Rücktritt des Startrainers nicht bewahrheitet. Pöltl würde sich einen Verbleib wünschen - für die junge Generation der Spurs und für ihn selbst. "Er ist eine Führungspersönlichkeit, die man nicht so schnell bekommt."

Als solche soll Popovich das US-Team in Tokio auch zum vierten Olympia-Gold in Serie führen. Der Spurs-Coach steht an der Spitze eines hochkarätigen Trainerstabes, auch der von Kevin Durant angeführte Kader kann sich sehen lassen. Es sei "vielleicht kein Dream Team wie 2012", meinte Pöltl - damals standen in London neben Durant noch Superstars wie LeBron James und Kobe Bryant im Aufgebot. "Aber es ist ein sehr talentiertes Team. Sie sind wie jedes Mal der Favorit."

Im NBA-Finale zweier Außenseiter, das in der Nacht auf Mittwoch beginnt, setzt Pöltl auf die Phoenix Suns - auch wenn er den tief besetzten Kader der Milwaukee Bucks um deren angeschlagenen Topstar Giannis Antetokounmpo lobte. "Es ist cool, es ist ein bisschen frischer Wind drinnen", sagte der Wiener über die Finalisten fernab des NBA-Establishments. "Das macht Hoffnung für die Zukunft, dass ein bisschen eine neue Generation reinkommen kann." Auch jene aus San Antonio.

Seit seiner Rückkehr nach Österreich hat Pöltl auch die Fußball-EM intensiv verfolgt. Auf die Leistungen des ÖFB-Teams könne man "sehr stolz" sein. Achtelfinal-Bezwinger Italien sei enorm stark - und nun auch sein Favorit auf den EM-Titel. Das öffentliche Fußball-Schauen mit Freunden will er weiterhin genießen. Die erfolgte Corona-Impfung bezeichnete der NBA-Legionär bei der Rückkehr zu einer gewissen Normalität auch für ihn selbst als "Knackpunkt". Er werde in der Heimat nun auch immer öfter erkannt. "Das spüre ich jeden Sommer." Darauf hingearbeitet hat der Riese nicht. "Ich bin eher der Typ, der gern unter dem Radar unterwegs ist."

ribbon Zusammenfassung
  • Jakob Pöltl hat die beste Saison seiner Karriere in der nordamerikanischen Basketball-Profiliga NBA hinter sich.
  • Der 25-Jährige ist bei den San Antonio Spurs zum Stammspieler in der Startformation avanciert.
  • "Ich habe schon gespürt, dass sich der Stellenwert ändert", erklärte Pöltl am Dienstag bei einem Pressegespräch im Rahmen seines Heimataufenthaltes in Wien.
  • "Wir haben durchaus Gehaltsspielraum, um neue Spieler reinzubringen", sagte Pöltl.

Mehr aus Sport