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Mahomes, die Chiefs und die Dynastie-Frage

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Mit 27 ist Patrick Mahomes zum zweiten Mal Super-Bowl-Champion. Die Arbeit der Kansas City Chiefs ist jedoch noch nicht beendet. Muss gar Tom Brady zittern?

"Let’s keep going!", forderte Head Coach Andy Reid nur wenige Minuten nach dem Triumph der Kansas City Chiefs im Super Bowl LVII. Wer so kurz nach dem größtmöglichen Erfolg in seiner Sportart bereits an die nächste Wiederholung dieser Heldentat denkt, hat fraglos einiges vor. Das Wort Dynastie machte schon im Vorfeld des NFL-Endspiels gegen die Philadelphia Eagles immer wieder die Runde. Mit dem zweiten Titelgewinn in der Ära von Reid und Superstar-Quarterback Patrick Mahomes wird die Diskussion erst recht nicht verstummen.

Brady-Rekord doch nicht für die Ewigkeit?

Es gehört zum Sport-Business dazu, dass Rekorde faszinieren. Besonders natürlich jene, von denen man glaubt, dass sie nicht zu brechen sind. Wie die sieben Super-Bowl-Titel von Tom Brady. Keine Frage: Selbst wenn es Mahomes und den Chiefs jemals gelingen sollte, diese Marke zu erreichen, wird es noch Jahre dauern. Der Punkt ist: Schon vor dem Triumph in Glendale war der frischgebackene MVP der Regular Season und nunmehr zum Super-Bowl-MVP gekürte Superstar jener Spielmacher, den man es am ehesten zutrauen konnte. Jetzt natürlich erst recht.

Mahomes: Noch keine Dynastie

Mahomes selbst steigt zwar auf die verbale Bremse, nur um gleich im nächsten Satz wieder aufs Gaspedal zu drücken. "Ich denke nicht, dass wir schon eine Dynastie sind", sagt der Spielmacher, "aber wir sind ein junges Team und noch nicht fertig. Ich mag unsere Chancen auch in der kommenden Saison." Einige Fakten: Die Chiefs standen mit Mahomes in fünf der letzten fünf AFC-Championship-Games, dabei erreichten sie drei Mal die Super Bowl. Alleine diese Ausbeute fühlt sich schon ein wenig nach New England Patriots zu Bradys Glanzzeiten an. 

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Bittere Pleiten gegen Brady

An der Motivation, auf Brady-Jagd zu gehen, scheitert es bestimmt nicht, denn zwei der bittersten Niederlagen in der aktuellen Erfolgs-Ära passierten gegen den GOAT. 2019 setzte es im ersten Championship-Game von Mahomes eine Niederlage gegen die Patriots mit Brady. Vor zwei Jahren verpasste Kansas City die Titelverteidigung im "Big Game" gegen Brady, der inzwischen zu den Tampa Bay Buccaneers übersiedelt war und sich über seinen sage und schreibe siebenten Super-Bowl-Titel freuen durfte. Wer weiß, ohne diese Niederlagen könnte es jetzt schon 3:6 oder 4:5 aus Sicht von Mahomes stehen.

Mit 27 bereits zweifacher Champion

Keine Frage, dies ist natürlich Hättiwari. Doch auch die tatsächliche Ausbeute liest sich für den Chiefs-Spielmacher alles andere als schlecht. Mit 27 Jahren ist er bereits zweifacher Super-Bowl-Champion und zweifacher NFL-MVP. Mahomes ist in einem Alter, in dem man meinen könnte, dass er gerade erst in seine Prime-Jahre gekommen ist. Und selbige wird er in Kansas City verbringen. Die Chiefs bedachten das Gesicht ihrer Franchise schon 2020 mit einem unglaublichen Zehn-Jahres-Vertrag für 477 Millionen Dollar. Bei speziellen Talenten benötigt es eben spezielle Maßnahmen.

Der humpelnde Mahomes

Wie speziell Mahomes ist, lässt sich nicht nur an seinem beeindruckenden NFL-Lebenslauf ablesen, sondern war in Super Bowl LVII abermals zu beobachten. Und dabei geht es gar nicht einmal nur um seine drei Touchdown-Pässe, sondern auch die Art und Weise, wie er sein Team in der zweiten Halbzeit anführte und half, den Zehn-Punkte-Pausen-Rückstand aufzuholen. Und das, obwohl er kurz vor dem Ende des ersten Durchgangs einen Schlag auf den ohnehin schon lädierten Knöchel bekommen hat – der humpelnde Mahomes ist sicherlich eines der prägenden Bilder der diesjährigen NFL-Playoffs. "Er ist der MVP. Mehr muss man nicht sagen. MVP. Ihr alle habt es heute gesehen", lobt Reid.

Man frage Rodgers oder Manning

Auch wenn Brady es so aussehen hat lassen: Es ist nicht leicht, die Super Bowl mehrmals zu gewinnen. Man frage nach bei Aaron Rodgers, der früh in der Karriere mit den Green Bay Packers triumphierte und seither trotz famoser Regular-Season-Leistungen auf eine Rückkehr ins NFL-Endspiel wartet. Man frage nach bei Peyton Manning, der mit den Indianapolis Colts nur ein Mal zuschlug und erst in seinem letzten Karriere-Spiel – inzwischen in Diensten der Denver Broncos – eine zweite Vince-Lombardi-Trophy gewann. Man frage nach bei vielen, vielen anderen Superstars – so blieb etwa mit Dan Marino einem der fraglos besten Quarterbacks aller Zeiten ein Super-Bowl-Triumph ganz verwehrt.

Den Chiefs winken weitere Chancen

Umso schwieriger ist es, eine Dynasty zu starten. In den 70ern waren es die Pittsburgh Steelers, die mehrmals jubeln durften, die 80er gehörten den San Francisco 49ers, die 90er den Dallas Cowboys – dies alles geschah, bevor Brady im neuen Jahrtausend ganz neue Maßstäbe gesetzt hat.

Wir wollten diesen Sieg so dringend für Andy Reid.

Travis Kelce

Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Team wie Kansas City, das fünf Saisonen in Folge in der hart umkämpften AFC im Finale stand, weitere Titel-Chancen haben wird, ist groß. Ein QB wie Mahomes alleine garantiert die Chance, ein genialer Chef-Stratege wie Reid vergrößert selbige.

Hill? Am Ende hatten die Chiefs recht

Auch andere Stars wie Travis Kelce wirken nicht gerade satt – der Superstar-Tight-End ist übrigens auch auf der Jagd nach einem Rekord, der inzwischen schon einige Jährchen hält. Sein Touchdown gegen die Eagles war sein 16. in den Playoffs. Damit lässt er Rob Gronkowski hinter sich, ist nun alleiniger Zweiter in der ewigen Bestenliste und hat nur noch einen gewissen Jerry Rice (22) vor sich – den besten Wide Receiver aller Zeiten.

Zudem ist der Kader nicht gerade in die Jahre gekommen. Dafür sorgt General Manager Brett Veach, der auch vor unpopulären Maßnahmen wie dem Trade von Superstar-Receiver Tyreek Hill nach Miami nicht zurückscheut. Je erfolgreicher ein Team, desto schwieriger wird es, alle finanziellen Wünsche zu erfüllen. So sehr die Chiefs gerade für diesen Move zerrissen wurden, so recht hatten sie am Ende.

Ein Sieg für Reid

Dass auch der bald 65-jährige Reid keine Amtsmüdigkeit erkennen lässt, ist eine Drohung für die Konkurrenz. 2013 heuerte er nur wenige Tage nach dem Ende bei seiner ersten "Lebens-Franchise" in Kansas City an – besagte erste "Lebens-Franchise" waren bekanntlich die Philadelphia Eagles. "Wir wollten diesen Sieg so dringend für ihn", verdeutlicht Kelce, dass seine Spieler nicht nur sonst eh auch immer für ihn gewinnen wollen, aber ganz besonders dieses Duell mit dem Ex-Team, das Reid von 1999 bis 2012 erfolgreich, aber ohne Super-Bowl-Triumph betreute. "Sein Vermächtnis in Philly wird ewig leben. Ich weiß, wie sehr ihn diese Stadt und die Organisation der Eagles lieben", so Kelce weiter, "man kann sehr stolz sein, mit zwei Teams erfolgreich zu sein, aber dieser Erfolg war der beste."

"Not just yet"

Auch ein erneutes Wiedersehen mit den Eagles in einer Super Bowl erscheint nicht ausgeschlossen, schließlich verfügt Philly wohl über den noch ausgeglicheneren Kader und Jalen Hurts ist noch relativ frisch in der Superstar-Riege der NFL – er hat weiter Luft nach oben. Und auch die Chiefs sind an der Spitze angekommen, um zu bleiben. Zwischen den ersten beiden Super-Bowl-Triumphen 1970 und 2020 avancierte man zwischenzeitlich fünf Jahrzehnte lang zu einer zumeist recht erfolglosen Franchise. "Not just yet", sagt Mahomes nun zur Dynastie-Frage. Die Betonung liegt dabei wohl auf dem "noch" und der bedingungslosen Bereitschaft, weitere Titel nachlegen zu wollen.

Hinweis: Dieser Artikel ist zuerst auf laola1.at erschienen.

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  • Mit 27 ist Patrick Mahomes zum zweiten Mal Super-Bowl-Champion. Die Arbeit der Kansas City Chiefs ist jedoch noch nicht beendet. Muss gar Tom Brady zittern?