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Iga Swiatek kürt sich erstmals zur Wimbledonsiegerin

Heute, 16:17 · Lesedauer 3 min

Im einseitigsten Frauen-Endspiel bei einem Tennis-Grand-Slam-Turnier seit 37 Jahren hat sich Iga Swiatek am Samstag in Wimbledon erstmals zur Wimbledon-Siegerin gekürt. Die 24-jährige Polin demontierte im Duell zweier Finaldebütantinnen die drei Monate jüngere US-Amerikanerin Amanda Anisimova im Endspiel in 57 Minuten 6:0,6:0. Swiatek holte nach vier French-Open- und einem US-Open-Titel auch auf Rasen ihren ersten Major-Triumph und hält nun bei sechs Trophäen.

Swiatek hat ihrem Heimatland Polen damit erstmals überhaupt in der offenen Ära (seit 1968) einen Einzel-Titel in Wimbledon beschert, das war vor ihr auch bei den Männern noch niemandem gelungen. Sie kehrt im WTA-Ranking auf Rang drei zurück und kassiert 3 Mio. Pfund (3,47 Mio. Euro).

Zur Bedeutung für ihre Heimat, wo sie ohnehin schon eine Nationalheldin ist, befragt, war Swiatek nach ihrem ersten Rasen-Titel überhaupt, ratlos. "Ich weiß es noch nicht, es scheint surreal für mich. Ich habe nicht einmal davon geträumt, es war zu weit weg. Ich bin bereits eine erfahrene Spielerin, aber ich hätte nie gedacht, dass ich hier gewinnen kann", gestand die Polin und bedankte sich bei ihrem Team. "Ihr habt mehr an mich geglaubt als ich selbst."

Sie fand auch kurze Worte des Trostes für Anisimova. "Du solltest stolz sein, egal, was hier heute passiert ist", bezog sie sich auf die Performance der US-Amerikanerin im Turnierverlauf.

Eingeflogene Mama nicht an Niederlage schuld

Anisimova hatte zuvor trotz tränenerstickter Stimme eine gefühlt längere Rede gehalten, als sie im Match auf dem Platz gestanden war. "Danke, Iga. Du bist eine unglaubliche Spielerin, du hast das heute gezeigt. Du bist eine Inspiration für mich." Zu sich selbst hatte sie eine einfache Erklärung. "Mir ist das Benzin ausgegangen. Leute, es tut mir so leid. Ich wünschte, ich hätte heute eine bessere Performance zeigen können." Als sie dann Worte an ihre Familie und ihre erst am Samstag eingeflogene Mutter richtete, brach sie in ein Schluchzen aus. "Ich habe definitiv nicht deshalb verloren", sagte sie zu ihrer Mama.

Viel mehr war es neben der abgebrühten und reiferen Gegnerin wohl die große Bühne. Anisimova war von Beginn an die große Nervosität anzumerken, während die bei solchen Ereignissen weit erfahrenere Swiatek eiskalt jede Chance nutzte. Der "schwere Arm", der der Außenseiterin anzusehen war, und das lange Warten auf ein Game schienen sich zu multiplizieren. Dem Break im Auftaktgame folgten jene zum 3:0 und 5:0. In den letzten beiden Games des ersten Satzes machte Anisimova keinen Punkt.

Die 23-jährige US-Amerikanerin und Tochter russischer Einwanderer konnte einem leidtun, denn sie fand einfach nicht ins Spiel. Nach nur 42 Minuten lag sie bereits 0:9 (0:6,0:3) zurück. Keine Spur von ihrer großen Qualität zum Beispiel im Semifinale, als sie die Nummer eins der Welt, Aryna Sabalenka, 6:4,4:6,6:4 ausgeschaltet hatte.

Schon einmal gab es ein 6:0,6:0 im Paris-Finale

Kurioserweise hatte Anisimova in der ersten Runde die Kasachin Julia Putinzewa mit 6:0,6:0 vom Court geschossen. Nun wurde ihr dasselbe Schicksal auf der größten Bühne vor einem Millionenpublikum zuteil. Es war übrigens das zweite Frauen-Endspiel der offenen Ära, das mit einem im Tennisjargon "Brille" genannten Resultat ausging. 1988 hatte Steffi Graf bei den French Open die Russin Natascha Zwerewa in nur 34 Minuten mit zweimal 6:0 gedemütigt. Historiker blätterten in den Wimbledon-Annalen und fanden ein Frauen-Finale im Jahr 1911, das ebenfalls ohne Game für die Verliererin ausging.

Swiatek ist die erste Spielerin seit Serena Williams (2002), die Grand-Slam-Titel auf allen drei Belägen gewonnen hat. Außerdem haben in der Profiära (seit 1968) vor ihr nur Margaret Court und Monica Seles ihre sechs ersten Grand-Slam-Finale allesamt gewonnen.

Zusammenfassung
  • Iga Swiatek gewinnt als erste Polin in der Open Era das Wimbledon-Einzel und besiegt Amanda Anisimova im Finale mit 6:0, 6:0 in nur 57 Minuten.
  • Mit ihrem sechsten Grand-Slam-Titel und einem Preisgeld von 3 Millionen Pfund kehrt die 24-Jährige auf Rang drei der WTA-Weltrangliste zurück.
  • Das Endspiel ist das einseitigste Frauenfinale seit 37 Jahren und erst das zweite in der Open Era, das mit dem sogenannten „Brille“-Ergebnis endet.