APA/APA/AFP/AHMAD GHARABLI

Nach Protesten in Jerusalem weitere Zusammenstöße erwartet

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Nach einer Nacht der Gewalt in Ost-Jerusalem haben sich die israelischen Sicherheitskräfte am Samstag auf neue Proteste vorbereitet. Das Hohe Komitee der Araber Israels rief zu landesweiten Solidaritätskundgebungen mit den Palästinensern auf. Zuvor waren bei schweren Auseinandersetzungen zwischen Palästinensern und der Polizei in Ost-Jerusalem und auf dem Tempelberg am Freitagabend mehr als 220 Menschen verletzt worden. Die USA, die UNO und die EU riefen zur Deeskalation auf.

Am letzten Freitag des islamischen Fastenmonats Ramadan hatten sich tausende Gläubige auf dem Tempelberg zum Gebet versammelt. Vor der Al-Aqsa-Moschee auf dem Tempelberg attackierten Palästinenser die Sicherheitskräfte mit Steinen, während die Polizei Gummigeschoße und Blendgranaten abfeuerte. Auch in anderen Teilen der Stadt gab es gewaltsame Zusammenstöße.

205 Palästinenser wurden nach Angaben des palästinensischen Roten Halbmonds verletzt, die israelische Polizei verzeichnete nach eigenen Angaben 17 verletzte Beamte. Nach Angaben der israelischen Polizei, welche die Zugänge zum Tempelberg bewacht, wurden die Beamten von "hunderten Randalierern" mit Steinen, Flaschen und Feuerwerkskörpern beworfen.

Über der Altstadt stieg Rauch auf, dutzende Schüsse waren zu hören. Videoaufnahmen zeigten, wie israelische Sicherheitskräfte Schallgranaten im Inneren der Al-Aqsa-Moschee abfeuerten, wo zahlreiche Gläubige beteten, darunter Frauen und Kinder. Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas machte die israelische Regierung für die Unruhen verantwortlich und bezeichnete die Demonstranten als "Helden".

Zuletzt hatten es im August 2019 gewaltsame Auseinandersetzungen mit mehreren Verletzten auf dem Tempelberg gegeben. Der Tempelberg ist eine heilige Stätte nicht nur des Islam, sondern auch des Judentums und des Christentums.

Die USA äußerten sich "tief beunruhigt" über die Lage in Jerusalem. Das Außenministerium rief zur Deeskalation auf und warnte vor Schritten, die zur Verschärfung der Situation führen könnten. Das Ministerium bezog sich dabei auf Zwangsräumungen und Israels Siedlungsaktivitäten. Der UN-Nahost-Koordinator Tor Wennesland rief die Konfliktparteien zur "Verantwortlichkeit" und Ruhe auf. Auch die EU rief die israelischen Behörden am Samstag "dringend" zur Deeskalation auf.

Russland warnte ebenfalls vor einer "Eskalation der Gewalt". Das Außenministerium in Moskau erklärte, es verurteile "Angriffe auf Zivilisten". Das Ministerium bekräftigte die russische Kritik an "Zwangsenteignungen" und am Bau israelischer Siedlungen, der gegen Internationales Recht verstoße.

Jordanien, das Ost-Jerusalem bis 1967 kontrollierte, verurteilte Israels "barbarischen Angriff" in Jerusalem und rief die internationale Staatengemeinschaft auf, die "Eskalation und die Übergriffe" in der Al-Aqsa-Moschee zu stoppen. Auch Ägypten, die Türkei, Katar und Bahrain übten scharfe Kritik am Vorgehen der israelischen Sicherheitskräfte. Der Iran sprach gar von einem "Kriegsverbrechen" des "illegitimen zionistischen Regimes".

Die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) und Bahrain übten ebenfalls Kritik. "Die VAE verurteilen nachdrücklich die Erstürmung der heiligen Al-Aqsa-Moschee durch die israelischen Behörden", sagte der Außenminister des Landes, Khalifa al-Marar, laut der staatlichen Nachrichtenagentur WAM am Samstag. Bahrains Außenministerium verlangte von Israel, Provokationen gegen die Menschen aus Jerusalem zu unterlassen, wie die staatliche Nachrichtenagentur BNA berichtete.

Derzeit gibt es unter anderem wegen drohender Zwangsräumungen für palästinensische Familien im von Israel annektierten Ost-Jerusalem massive Spannungen zwischen Israelis und Palästinensern. Seit einigen Tagen kommt es deswegen täglich zu teils gewaltsamen Protesten. Am Freitag versammelten sich auch zahlreiche Demonstranten im Stadtviertel Sheikh Jarrah, wo mehr als 30 Palästinensern die Zwangsräumung durch die israelischen Behörden droht. Auch dort trieb die Polizei die Menge mit Blendgranaten auseinander.

Anfang des Jahres hatte das Jerusalemer Bezirksgericht entschieden, dass die Häuser der palästinensischen Familien rechtmäßig jüdischen Familien gehörten. Nach israelischem Recht können jüdische Israelis vor Gericht Besitzanspruch auf Häuser in Ost-Jerusalem anmelden, wenn ihre Vorfahren vor dem arabisch-israelischen Krieg (1948-49) dort im Besitz von Grundstücken waren.

ribbon Zusammenfassung
  • Nach einer Nacht der Gewalt in Ost-Jerusalem haben sich die israelischen Sicherheitskräfte am Samstag auf neue Proteste vorbereitet.
  • Das Hohe Komitee der Araber Israels rief zu landesweiten Solidaritätskundgebungen mit den Palästinensern auf.
  • Zuvor waren bei schweren Auseinandersetzungen zwischen Palästinensern und der Polizei in Ost-Jerusalem und auf dem Tempelberg am Freitagabend mehr als 220 Menschen verletzt worden.