Wissenschafter warnen vor Angriffen der FPÖ auf NGOs
Rechtspopulistische Parteien wie die FPÖ würden ihre Ziele in einem "schleichenden Prozess vieler kleiner Schritte" verfolgen, erklärte Simsa. NGOs einzuschränken sei einer dieser Schritte, weil zivilgesellschaftliches Engagement und eine kritische Gesellschaft störend für autoritäre Bestrebungen seien.
Auf rhetorische Angriffe auf NGOs - wie etwa die Bezeichnung "NGO-Business" - folge ein eingeschränkter Austausch zwischen Politik und zivilgesellschaftlichen Organisationen. Das sei unter der türkis-blauen Regierung bereits der Fall gewesen. Darauf folgten dann finanzielle Kürzungen im NGO-Bereich und die Einschränkung der Grundrechte, etwa der Versammlungsfreiheit. Simsa erklärte, es sei wichtig, das Muster, das europaweit von rechtspopulistischen Parteien angewandt wird, zu erkennen: "Es ist leichter, dagegen anzukämpfen, wenn der Prozess am Anfang steht." Die Anfrage würde NGOs pauschal verunglimpfen.
Meyer kritisierte die Anfrage scharf. Sie dokumentiere die "Ignoranz der Grundrechte" der FPÖ und ihr "gestörtes Verhältnis zu NPOs und NGOs", da NGOs und NPOs (Non-Profit-Organisations) selten eine deutsch-nationale Gesinnung aufweisen würden. Der Non-Profit-Sektor habe christlich-soziale, sozialdemokratische und ökologisch-menschenrechtliche Wurzeln. Meyer betonte auch ihre wirtschaftliche Bedeutung, da sie knapp 300.000 Menschen beschäftigen und 13 Milliarden Euro erwirtschaften würden.
"Den NGO-Bereich anzugreifen bedeutet, einen wesentlichen Bereich der österreichischen Volkswirtschaft anzugreifen", so Meyer. Der Sektor finanziere sich zu 15 Prozent aus öffentlichen Mitteln. Meyer kritisierte zudem, dass auch Organisationen gelistet sind, die keine NGOs oder NPOs sind, etwa die WU Wien. Außerdem sei eine solche Anfrage kaum beantwortbar, da sie über die Mitgliedschaften aller Kabinetts- und Parteimitglieder in NGOs informiert werden will. Damit verbrauche die Anfrage massive Ressourcen und sei deshalb entweder "unverantwortbar" oder verletze "das Grundrecht der Vereinsfreiheit". Für Meyer ist die Rolle von NGOs und NPOs "unerlässlich für demokratische Systeme" und kompensiere die Schwächen repräsentativer Demokratien.
Anfrage: 200 Seiten und 900 Organisationen
Die FPÖ-Anfrage mit dem Titel: "Wie viel Steuergeldmillionen verschlingt das NGO-Business in Österreich?" enthält über 2.000 Fragen auf über 200 Seiten und listet rund 900 NGOs und andere Organisationen auf. Sie fragt unter anderem nach finanzieller Beteiligung der Ministerien und ob Parteimitglieder Mitglieder der jeweiligen NGO sind. Die FPÖ sieht eine "massive finanzielle Abhängigkeit vom Staat" bei vielen NGOs und fordert daher eine Kontrolle der staatlichen Fördermittel im NGO-Bereich.
Zusammenfassung
- Wissenschafter warnen vor den Angriffen der FPÖ auf NGOs, nachdem die Partei eine über 200 Seiten lange parlamentarische Anfrage mit mehr als 2.000 Fragen zu Förderungen und Mitgliedschaften im NGO-Bereich eingebracht hat.
- NGO-Experten wie Ruth Simsa und Michael Meyer kritisieren das Vorgehen als Versuch, zivilgesellschaftliches Engagement einzuschränken, und warnen vor europaweiten Mustern rechtspopulistischer Parteien zur Schwächung von Grundrechten.
- Der NGO-Sektor beschäftigt rund 300.000 Menschen, erwirtschaftet 13 Milliarden Euro jährlich und erhält etwa 15 Prozent seiner Mittel aus öffentlichen Quellen, was seine wirtschaftliche und gesellschaftliche Bedeutung unterstreicht.