APA/APA/GETTY IMAGES NORTH AMERICA/KENT NISHIMURA

Wen Harry Potter und Darth Vader wählen würden

11. Juli 2025 · Lesedauer 3 min

Menschen projizieren ihre politische Einstellung auch auf fiktive Figuren. Demnach gehen viele davon aus, dass Helden wie Harry Potter oder Spiderman genauso wählen würden wie sie selbst, Schurken wie Darth Vader oder Cruella de Vill dagegen eine gegnerische Partei. Das zeigt eine Umfrage britischer und österreichischer Forscher in den USA und Großbritannien. Sie veröffentlichten ihre Ergebnisse im Fachjournal "Political Science Research html5-dom-document-internal-entity1-amp-end Methods".

Stuart Turnbull-Dugarte von der Universität Southampton und Markus Wagner vom Institut für Staatswissenschaft der Universität Wien sind in ihrer Studie davon ausgegangen, dass Menschen gezielt "politische Projektionen" vornehmen, "wobei die Eigenschaften, die dabei auf eine Zielperson projiziert werden, stark von der Wertigkeit dieser Zielperson abhängen", sagte Wagner gegenüber der APA. Getestet haben sie diese Hypothese in zwei Experimenten.

Sie befragten in Großbritannien und den USA jeweils 1.600 Personen, wen bekannte Figuren aus Filmen bzw. Serien wie Harry Potter, Herr der Ringe, Game of Thrones, Star Wars und dem Marvel- und Disney-Universum wählen würden. Zur Wahl standen dabei Labour oder Tories in Großbritannien bzw. Demokraten und Republikaner in den USA.

"Wenn Befragte einen Helden sehen, projizieren sie auf diesen viel eher ihre eigene politische Einstellung als wenn sie einen Bösewicht sehen - der Unterschied in dieser Tendenz ist mit 20 Prozentpunkten sehr groß", erklärte Wagner. Der Politikwissenschafter erforscht im Rahmen eines "Consolidator Grants" des Europäischen Forschungsrats, wie Menschen einander politisch einschätzen und wie dies mit Stereotypen und Vorurteilen zusammenhängt.

Wohltätiger und korrupter Stadtrat

In einem zweiten Experiment legten die beiden Forscher rund 1.600 Personen in Großbritannien zwei fiktive Artikel über einen lokalen Stadtrat vor. In einem spendete dieser einer regionalen Wohltätigkeitsorganisation Geld, im anderen unterschlug er Geld dieser Organisation. Die Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer sollten dann mehrere Fragen zu diesen Berichten beantworten, darunter nach der Parteizugehörigkeit des Stadtrats - eine Information, die in dem Artikel gar nicht vorkam.

Rund jeder sechste Befragte beantwortete die Frage nach der Partei des Stadtrats. Dabei tendierten diese Personen stark dazu, den wohltätigen Spender als Mitglied der eigenen Partei einzuordnen, den Betrüger dagegen der rivalisierenden politischen Bewegung. Auch Personen, die angaben, diese Information nicht zu kennen, und gebeten wurden zu raten, antworteten ebenfalls entlang der eigenen Parteipräferenzen.

Die Tendenz, Helden auf der eigenen und Schurken auf der anderen Seite zu sehen, war bei Personen mit starker politischer Identität größer. Zudem neigten politisch links eingestellte Personen eher zu einer solchen Projektion als konservative.

Realität ist immer komplexer

Den Forschern zufolge könnte diese politische Projektion die Polarisierung in der Gesellschaft verstärken und uns auch anfälliger für Fehlinformationen zu machen. "Wenn man, nur weil man jemanden mag oder nicht mag, auf seine politische Einstellung schließt, bekommt man ein verzerrtes Bild", plädiert Wagner dafür, "anzuerkennen, dass die Realität immer komplexer und nuancierter ist, als unsere Vorurteile das glauben machen wollen".

Übertragen auf alltägliche Kontexte sei zu erwarten, dass politische Projektion im Vorfeld umstrittener Wahlen oder polarisierender Abstimmungen wie etwa zum Brexit oder bei Corona-Maßnahmen stärker ausgeprägt ist. "In aufgeheizten Debatten werden eher solche Zuschreibungen und Projektionen gemacht", so Wagner.

Ergebnisse in Österreich wohl schwächer

Wagner und Turnbull-Dugarte haben sich in ihrer Studie aufgrund der stärkeren gesellschaftlichen Polarisierung und eines kleineren Parteiensystems auf Großbritannien und die USA konzentriert. Aufgrund der komplexeren Parteienlandschaft in Österreich wäre eine solche Untersuchung hierzulande schwieriger und die Ergebnisse wohl etwas schwächer, sagte Wagner.

(SERVICE - Internet: https://doi.org/10.1017/psrm.2025.10)

Zusammenfassung
  • Der Unterschied in der Tendenz, Helden oder Schurken mit der eigenen beziehungsweise der gegnerischen Partei zu verbinden, beträgt laut den Forschern rund 20 Prozentpunkte.