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Wahl in Usbekistan: Präsident will sich bestätigen lassen

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In der zentralasiatischen Ex-Sowjetrepublik Usbekistan will sich Präsident Schawkat Mirsijojew am Sonntag bei vorgezogenen Neuwahlen im Amt bestätigen lassen. Knapp 20 Millionen Bürger sind wahlberechtigt. Gegen Mittag lag die Beteiligung bei mehr als 52 Prozent, die Wahlkommission erklärte den Urnengang damit bereits sieben Stunden vor Schließung der Wahllokale für gültig. Die Wiederwahl des 65-Jährige gilt als so gut wie gesichert.

Keiner der drei Gegenkandidaten hat im Zuge der Wahlkampagne scharfe Kritik an Mirsijojew geäußert. Sie sind auch weitergehend unbekannt. Die Wahllokale öffneten um 08.00 Uhr (05.00 Uhr MESZ), sie sollten um 20.00 Uhr (17.00 Uhr MESZ) schließen.

Mirsijojew hatte im Mai die Vorverlegung der turnusmäßig eigentlich erst 2026 vorgesehenen Präsidentenwahl verkündet. Erst Ende April hatte der Staatschef per Referendum eine neue Verfassung absegnen lassen, die ihm ein erneutes Antreten erst ermöglichte. Damals stimmten die Usbeken mit großer Mehrheit (90,21 Prozent) für die neue Verfassung. Darin wird unter anderem das Parlament verkleinert, aber auch die Amtszeit des Präsidenten von fünf auf sieben Jahre verlängert.

Zwar ist vorgesehen, dass der Präsident auch weiterhin nur zwei Amtszeiten regieren darf. Allerdings werden die beiden bisherigen Amtsperioden des seit 2016 autoritär regierenden Mirsijojew nicht gezählt. Laut Verfassung kann er nun für zwei volle Amtsperioden, die von fünf auf sieben Jahre verlängert wurden, Staatspräsident bleiben, also längstens bis 2037. Dies löste bei Oppositionellen Kritik aus. Sie sehen auch die Rolle der Parteien im Vergleich zu den Kompetenzen des Staatsoberhauptes noch immer als zu schwach an. Mit einem ähnlichen Verfahren hatte sich 2021 Russlands Präsident Wladimir Putin die Möglichkeit einer ansonsten verfassungswidrigen Wiederwahl gesichert.

Mirsijojew hatte das Amt 2016 nach dem Tod seines autoritär regierenden Vorgängers Islam Karimow übernommen, unter dem er als Ministerpräsident gedient hatte. Mirsijojew stellt sich selbst als Reformer dar, der ein "Neues Usbekistan" schaffen will. Er hat Zwangsarbeit auf den Baumwollfeldern des Landes beendet und unter Karimow inhaftierte langjährige politische Gefangene freigelassen.

Der Botschafter von Usbekistan in Österreich, Abat Fayzullaev, nannte im Vorfeld der Wahl gegenüber der APA "Demokratie, Menschenrechte und bürgerliche Freiheiten" als prioritäre Ziele der neuen Verfassung. "Erstmals erhält das Parlament Usbekistans auch exekutive Vollmachten. Angespornt durch die Reformen nehmen die Bürger verstärkt am politischen Prozess teil", so Fayzullaev. Eine eigene Abteilung beim Staatspräsidenten sammelte hunderte Anregungen und Vorschläge aus der Bevölkerung.

Der private Wirtschaftssektor wurde ebenfalls gefördert. Investoren aus dem Ausland wurden angelockt mit niedrigen Steuern, einer Lockerung der Wechselkurspolitik und ungehinderter Mitnahme von Gewinnen. Mehr als 900 Betriebe im Staatsbesitz wurden inzwischen privatisiert. Land aus Staatsbesitz wurde an Bauern übertragen. Anstelle des in der früheren Sowjetrepublik Usbekistan massiv geförderten Baumwollexports sind Textilbetriebe entstanden, deren Produkte aus eigenem Baumwollanbau exportiert werden, auch in die EU. Usbekistan startete auch eine eigene Fahrzeugindustrie. Der Tourismus floriert nach der Corona-Pause.

Usbekistan gilt mit den UNESCO-Weltkulturerbe-Stätten an der antiken Seidenstraße wie Samarkand, Buchara und China als sicheres Reiseland, da gegen islamistischen Terror hart vorgegangen wurde.

Nach einem ersten Verfassungsentwurf wäre die Autonomie der nordwestlichen Region Karakalpakstan eingeschränkt worden, was im Vorjahr dort Proteste und Unruhen mit mindestens 20 Todesopfern ausgelöst hat. Präsident Mirsijojew sah daraufhin von Änderungen am Autonomiestatut ab.

Mirsijojew gelang es, sein Land als Führungsmacht in Zentralasien zu positionieren. Er initiierte mit den Amtskollegen der Nachbarstaaten regelmäßige informelle Treffen, auch um langjährige Konflikte zu beenden. So wurde Anfang dieses Jahres mit Kirgisistan ein Grenzstreit durch einen Gebietstausch beigelegt.

Jetzt sind neue Infrastrukturprojekte in Zentralasien geplant. Darunter der Bau einer neuen Eisenbahnlinie von Taschkent über Bischkek in Kirgisistan weiter nach China. Auch neue Straßen sollen den Warenverkehr vergrößern helfen. Usbekistan ist als weltweit eines von nur zwei doppelten Binnenländern, dessen Nachbarländer auch keinen Zugang zum Meer haben, von längeren Transportwegen abhängig. Usbekistan teilt auch eine gemeinsame Grenze mit Afghanistan.

Der wichtigste Exportmarkt ist weiterhin Russland, wobei die westlichen Sanktionen zu Umgehungsgeschäften geführt haben. Mit China ist Usbekistan über das Seidenstraßenprojekt und die politisch-wirtschaftliche und militärische Vereinigung "Shanghai Cooperation Organisation" (SCO), der neben China und Russland auch die fünf zentralasiatischen Länder angehören, verbunden.

Mit den Bodenschätzen Uran, Erdgas, Kupfer, Kohle und Gold finanziert das Land seine Entwicklung. Für den Umweltschutz und den Kampf gegen den Klimawandel sind neue Initiativen im Gang, vor allem auch gegen die Austrocknung des Aralsees im Nordwesten des Landes.

Im Wahlkampf legte Mirsijojew den Schwerpunkt auf die Themen Wirtschaft und Bildung. Der 65-Jährige sagte zu, sein an Gas reiches Land stärker für ausländische Investitionen und den Tourismus zu öffnen.

Nach Einschätzung von Menschenrechtsorganisationen ist die Menschenrechtslage unter Mirsijojew besser als unter Karimow, es bleibe aber noch viel zu tun. Eine echte Opposition habe sich bisher nicht entwickeln können.

Mirsijojews Gegenkandidaten seien "unbekannt und unbeliebt", sagte der Usbekistan-Experte Farchod Talipow vor der Präsidentschaftswahl der AFP. Ihre Kandidatur sei "eine künstliche Art, einen politischen Kampf zu demonstrieren", der in Wirklichkeit nicht existiere. Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) erklärte, der Wahlkampf in Usbekistan habe "einen Mangel an Opposition gegen den Amtsinhaber" gezeigt.

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  • In der zentralasiatischen Ex-Sowjetrepublik Usbekistan will sich Präsident Schawkat Mirsijojew am Sonntag bei vorgezogenen Neuwahlen im Amt bestätigen lassen.