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Van der Bellen will in Klimakrise "keine Ruhe geben"

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Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat in seiner traditionellen Fernseh-Ansprache zum Nationalfeiertag den Österreichern versichert, dass er beim Kampf gegen den Klimawandel "keine Ruhe geben wird".

Er wolle das seinige dazu beitragen, "für unsere Kinder und Enkelkinder eine gute Zukunft sicherzustellen". Gleichzeitig rief er die Gesellschaft zur Überwindung entstandener Gräben auf.

Die Regierungskrise und die sie ausgelöst habenden Chats streifte das Staatsoberhaupt nur am Rande, denn heute am Nationalfeiertag wolle er "bewusst auf Dinge blicken, die unser Land langfristig betreffen". Dazu gehöre die während der Pandemie entstandene Spaltung im Land, die ihm in der Seele weh tue: "Ein Riss ist durchs Land gegangen. Mitten durchs Land. Mitten durch Freundschaften. Mitten durch Familien". Dieser müsse und werde geheilt werden.

Van der Bellen zeigte Verständnis für Angst, die auf allen Seiten entstanden sei. Diese werde nur durch Versöhnung verschwinden. Da müssten beide Seiten mittun: "Das ist keine Einbahnstraße. Sehen wir doch das Gute im jeweils anderen", forderte der Bundespräsident die Österreicher auf.

Als wichtigste Herausforderung schilderte Van der Bellen die Klimakrise: "Jeder und jede weiß es. Wir alle wissen, was los ist." Manche würden vielleicht sagen, der Alte soll eine Ruhe geben, ich kann's schon nicht mehr hören: "Aber diese Freude kann ich Ihnen nicht machen."

Die Menschheit habe es an die "Spitze der Evolution" geschafft: "Wir sind nicht so weit gekommen, um jetzt innerhalb weniger Generationen alles wieder wegzuschmeißen." Er wolle, dass auch die Kinder noch fühlen und lernen können, was es heiße, barfuß über eine Wiese zu laufen, den frischen Schnee auf der Zunge schmelzen zu lassen, die Sonne als Wohltat und nicht als Bedrohung zu erleben: "Ich werde keine Ruhe geben bis ich sicher bin, dass für unsere Kinder gesorgt ist. Dass der Planet, den wir übergeben, in Ordnung übergeben wird", versprach der Präsident.

Ganz kam auch Van der Bellen nicht an der Coronakrise vorbei. Die Pandemie werde vorbei gehen und die Impfung helfe dabei, gab das Staatsoberhaupt nur eine versteckte Empfehlung ab. Während des Feiertags hatte er ja bereits die Hofburg als "Impfburg" zur Verfügung gestellt und Impfwilligen damit auch eine Besichtigung seiner Arbeitsstätte ermöglicht.

Die Rede von Van der Bellen im Wortlaut:

Guten Abend, liebe Österreicherinnen und Österreicher und alle die in Österreich leben.

Viel könnte man im Augenblick sagen über die Lage der österreichischen Innenpolitik. Und die Erschütterungen der letzten Wochen. Und viel wird darüber noch zu sprechen sein. Wie ich an anderer Stelle gesagt habe: Wir werden nicht zur Tagesordnung übergehen.

Aber heute, heute ist Nationalfeiertag.

Und bei aller Tagespolitik darf uns der Blick auf das langfristige Wohl unseres Landes niemals verloren gehen. Ich möchte heute bewusst auf Dinge blicken, die unser Land langfristig betreffen.

Meine Damen und Herren,

wir befinden uns jetzt im zweiten Jahr der Pandemie.

Und es tut mir in der Seele weh zu sehen, wie gespalten wir sind. Ein Riss ist durchs Land gegangen. Mitten durchs Land. Mitten durch Freundschaften. Mitten durch Familien. Wir müssen diesen Riss heilen. Und wir werden diesen Riss heilen.

Wir werden ihn aber nur dann heilen, wenn jede und jeder von uns einen Schritt auf den Anderen und die Andere zu macht. Egal, wo wir stehen, wir müssen aufeinander zugehen. Ja, manche von uns haben Angst. Und ich spreche hier von beiden Seiten. Diese Angst wird nicht einfach verschwinden, indem die jeweils andere Seite sie ignoriert oder belächelt. Diese Angst wird nur durch Versöhnung verschwinden. Durch Gespräche, durch Respekt voreinander. Und da müssen beide Seiten mittun. Das ist keine Einbahnstraße. Sehen wir doch das Gute im jeweils anderen. Und das gibt es. In jedem Menschen. Nur, wenn wir wieder lernen, dieses Gute im anderen zu sehen, haben wir eine Chance, den Riss zu heilen. Gehen wir aufeinander zu!

Denn wir werden einander brauchen, um die eigentliche, große Herausforderung zu bewältigen. Die wichtigste von allen.

Die Nachrichten sind voll davon. Wenn nicht gerade eine Regierungskrise davon ablenkt, sehen, hören und lesen Sie jeden Tag davon, in welch schlimmen Zustand sich das Klima unseres Planeten befindet. Ich könnte jetzt erzählen, was sich alles ereignet, von Waldbränden, Wirbelstürmen und Überflutungen, vom Anstieg der Meere, vom Aussterben ganzer Tierarten. Ich erspare Ihnen das jetzt.

Jeder und jede weiß es. Wir alle wissen, was los ist. Manche von ihnen werden vielleicht sagen: Der Alte soll eine Ruhe geben, ich kann‘s schon nicht mehr hören. Aber diese Freude kann ich Ihnen nicht machen:

Ich werde keine Ruhe geben.

Ich will das Meinige dazu beitragen, für unsere Kinder und Enkelkinder eine gute Zukunft sicherzustellen.

Sehen Sie, das Leben auf unserem Planeten ist gegen jede Wahrscheinlichkeit entstanden. Wie erstaunlich und wie unwahrscheinlich ist es, dass durch Millionen von Jahren aus einem galaktischen Sternenhaufen ein Sonnensystem entstanden ist, in dem ein Planet entstanden ist, auf dem eine Atmosphäre entstanden ist, Leben entstanden ist, menschliches Leben, schließlich unsere Gesellschaft, unsere Kultur, unsere Wissenschaft?

Der simple Umstand, dass aus den Millionen von Möglichkeiten wir, gerade wir es sind, die sich jetzt hier befinden, erfüllt mich mit Staunen - und Dankbarkeit. Wir haben als Menschheit auf diesem unwahrscheinlichen Planeten - Seuchen überstanden, - Katastrophen überlebt, - Kriege hinter uns gelassen, - uns entwickelt, - wir haben es, wie man so sagt, an die „Spitze der Evolution“ geschafft. Wir sind nicht so weit gekommen, um jetzt innerhalb weniger Generationen alles wieder wegzuschmeißen. Das Leben auf diesem Planeten ist zu wunderschön, zu einzigartig, zu wertvoll.

Liebe Österreicherinnen und Österreicher und alle, die hier leben:

Mich hat die Natur dieses Planeten und speziell unserer wunderschönen Heimat geprägt. Ich bin barfuß als Kind durch die Wiesen und Wälder des Kaunertales gelaufen, ich bin als junger Mann auf die Gipfel der Berge gestiegen und habe ins Land geblickt, ich habe diese tiefe Verbindung zur Natur gespürt.

Dieses Land - im wahrsten Sinne des Wortes - hat mich positiv geprägt. Und ich will, dass es auch unsere Kinder positiv prägt. Ich will, dass auch unsere Kinder noch fühlen und lernen können,  was es heißt, barfuß über eine Wiese zu laufen, den frischen Schnee auf der Zunge schmelzen zu lassen, die Sonne als Wohltat und nicht als Bedrohung zu erleben. Richtig naturverbunden zu sein. Dieses Land kann uns so viel Kraft geben. Ich will das auch für unsere Kinder.

Und ich werde keine Ruhe geben, bevor ich nicht sicher bin, dass unsere Kinder ok sind.

Dass auch sie den Adler aus der echten Natur kennen und nicht nur von unserer Nationalflagge. Dass sie wissen, es geht weiter. Es kommt ein Frühling, es werden die Bäume wieder blühen, es wird die Pandemie vorbei gehen, und die Impfung hilft uns dabei - wir werden eine neue, gerechtere, gesündere, naturverbundene Gesellschaft bauen.

Ich werde keine Ruhe geben bis ich sicher bin, dass für unsere Kinder gesorgt ist. Dass der Planet, den wir übergeben, in Ordnung übergeben wird.

Und das ist, unter all den wichtigen Herausforderungen unserer Zeit die allerwichtigste.

Bitte helfen Sie mit.

Ich danke Ihnen.

ribbon Zusammenfassung
  • Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat in seiner traditionellen Fernseh-Ansprache zum Nationalfeiertag den Österreichern versichert, dass er beim Kampf gegen den Klimawandel "keine Ruhe geben wird".
  • Er wolle das seinige dazu beitragen, "für unsere Kinder und Enkelkinder eine gute Zukunft sicherzustellen".
  • Gleichzeitig rief er die Gesellschaft zur Überwindung entstandener Gräben auf.

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