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Van der Bellen und NGOs für rasche Besetzung der BVwG-Spitze

NGOs aus verschiedenen Bereichen haben in einer gemeinsamen Pressekonferenz am Montag die rasche Besetzung der Spitze des Bundesverwaltungsgerichts (BVwG) gefordert. Vor mittlerweile 165 Tagen habe die Personalkommission eine Empfehlung abgegeben, dennoch sei "politischer Spielereien" zwischen den Regierungsparteien ÖVP und Grüne wegen keine Ernennung erfolgt. Auch Bundespräsident Alexander Van der Bellen mahnt die Regierung zu einer raschen Entscheidung.

Das Staatsoberhaupt sehe "den langen Zeitraum bei der Besetzung von Schlüsselstellen der Republik sehr kritisch", hieß es laut "Vorarlberger Nachrichten" und anderen Medien aus der Präsidentschaftskanzlei. "Im Fall des Bundesverwaltungsgerichts scheinen alle Voraussetzungen für eine rasche Besetzung gegeben", teilte Van der Bellens Sprecher mit. Die "unabhängige Kommission unter dem Vorsitz von Höchstrichtern" habe eine "eindeutige Empfehlung an die Bundesregierung" abgegeben, erinnerte er. Der lange Zeitraum der Nichtbesetzung schade "dem Ansehen dieses wichtigen Amtes und trägt nicht zur Stärkung des Vertrauens in zentrale Institutionen in unserem Land bei", meinte Van der Bellens Sprecher. "Die Bundesregierung ist gut beraten, hier rasch eine Entscheidung zu treffen."

Zuvor hatten sich Vertreter von Amnesty International, epicenter.works, Ökobüro und asylkoordination an die Öffentlichkeit gewandt: Die Nichtbesetzung erschüttere das Vertrauen in die Justiz und gefährde die Funktion und Unabhängigkeit des BVwG. Weder dürften parteipolitische Zugehörigkeit noch eine etwaige Junktimierung mit anderen Besetzungen, wie zuletzt kolportiert etwa mit der Leitung der Bundeswettbewerbsbehörde, eine Rolle spielen. Sachlich gebe es nämlich keinen Grund, die Ernennung herauszuzögern, hieß es unisono.

Für Nicole Pinter von Amnesty International drängt sich der "Verdacht der Postenschieberei" auf. Denn die Empfehlung der Personalkommission sei bereits vor sechs Monaten erfolgt, dennoch ist die Leitung des BVwG nach wie vor nur interimistisch besetzt. Das sei "besorgniserregend" und untergrabe das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Justiz. Offenbar seien politische Interessen wichtiger als das Funktionieren des Rechtsstaates.

Ähnlich auch die Kritik von Gregor Schamschula von Ökobüro, einer Allianz der Umweltbewegung, der zudem darauf hinwies, dass das BVwG etwa bei Umweltverträglichkeitsprüfungen von Relevanz sei. Dort würden große Projekte und Verfahren wie etwa die Errichtung von 380-kV-Hochspannungsleitungen oder der Semmeringtunnel ressortieren. Die Besetzung schleifen zu lassen, sei "nicht hinnehmbar", kritisierte auch Daniel Lohninger von epicenter.works. Schließlich sei das BVwG auch für seine auf Datenschutz ausgerichtete NGO relevant. Überhaupt stelle es eine Kontrollinstanz im Bereich der Verwaltung dar.

Die fortgesetzte Nicht-Besetzung sei "respekt- und verantwortungslos", tadelte Lukas Gahleitner-Gertz von der asylkoordination: Dass die Besetzung von "politischen Spielereien" abhängig sei, "wollen wir nicht mit einem Schulterzucken hinnehmen". Die Respektlosigkeit bestehe nicht nur gegenüber der Ernennungskommission, die die Vorarbeiten erledigt und eine Empfehlung abgegeben habe, sondern auch gegenüber den Bewerbern für das Amt. Insgesamt sei es "kein Aushängeschild" dafür, dass man eigentlich die besten Bewerber bekomme wolle.

Aber auch gegenüber der Richterschaft am BVwG, das mit Abstand größte Gericht Österreichs, sei die Nicht-Ernennung respektlos, so Gahleitner-Gertz. Das schaffe Unruhe am Gericht. "Wir sehen keine sachliche Begründung, warum hier auf eine interimistische Besetzung beharrt werden sollte", betonte Gahrleitner-Gertz. Zudem würden zwischenzeitlich mit Entscheidungen im BVwG Fakten geschaffen. Die neue Leitung sollte aber nicht vor vollendete Tatsachen gestellt werden.

Auch die NEOS schlossen sich abermals der Kritik an. "Es ist absurd, dass das Bundesverwaltungsgericht seit mittlerweile 165 Tagen ohne echte Leitung ist", sagte die pinke Mandatarin Stephanie Krisper. Den Vorschlag der Kommission aus parteitaktischen Gründen liegen zu lassen, sei eine "Verhöhnung der Bestgereihten". Die "renommierte und bestgeeignete Kandidatin", die Präsidentin der Richtervereinigung, Sabine Matejka, gehört endlich ohne weitere Verzögerung bestellt, so Krisper, die eine parlamentarische Anfrage ankündigte.

Die Grüne Klubchefin Sigrid Maurer hatte am Sonntag in der ORF-"Pressestunde" gemeint, dass der Ministerratsvortrag seit Februar bei der ÖVP liege. "Es ist aus unserer Sicht zu jedem Zeitpunkt einfach zu beschließen." Dass sich die Regierungsparteien gegenseitig ausbremsen, weil die Grünen wiederum den als ÖVP-nahe geltenden Kandidaten für die Spitze der Bundeswettbewerbsbehörde verhindern wollen, stellte Maurer in Abrede. "Alle Ministerratsvorträge brauchen Einstimmigkeit. Aktuell gibt es Besetzungen, wo die Koalition nicht einig ist - diese gehört dazu", sagte ein Sprecher von Finanzminister und Koordinator Magnus Brunner (ÖVP) zu den "VN" zur offenen Leitung des Bundesverwaltungsgerichts.

ribbon Zusammenfassung
  • NGOs aus verschiedenen Bereichen haben in einer gemeinsamen Pressekonferenz am Montag die rasche Besetzung der Spitze des Bundesverwaltungsgerichts (BVwG) gefordert.
  • Vor mittlerweile 165 Tagen habe die Personalkommission eine Empfehlung abgegeben, dennoch sei "politischer Spielereien" zwischen den Regierungsparteien ÖVP und Grüne wegen keine Ernennung erfolgt.
  • Schließlich sei das BVwG auch für seine auf Datenschutz ausgerichtete NGO relevant.