UNICEF-Sprecher in Gaza: Du hörst sie schreien
In den Krankenhäusern würde der UNICEF-Sprecher "herzzerreißende Geschichten" hören. Diese seien aber "nicht außergewöhnlich", denn vielen Kindern im Gazastreifen erginge es ähnlich. Er habe mit einer 9-Jährigen gesprochen, der beide Beine abgenommen wurden, sagt Elder. Oft hätte er gehört, dass ganze Familien getötet wurden.
Für die mehrtägige Reise in den Gazastreifen habe Elder eine Genehmigung vom israelischen Militär gebraucht. Mit gepanzerten Fahrzeugen könne er sich dann jedoch frei bewegen. Die Kontrollen seien teils "entspannt", noch am selben Tag gebe es aber wieder Bombardement aus Israel. Die Menschen in Gaza seien hauptsächlich hungrig, fühlten sich zudem gedemütigt und erschöpft. Selbst wenn manche äußerlich unversehrt seien: "Innen drinnen sind sie tot."
Die Situation werde stündlich schlimmer, sagt Elder. Es sei ein "Kampf gegen das Verhungern". Den Mangel an Nahrungsmitteln bezeichnet er als "menschengemacht". Auch der Strom würde im Gazastreifen oft ausfallen, das gefährde die Wasserversorgung. Viele Menschen würden krank vom dreckigen Wasser, was sie anfälliger für ansonsten harmlose Krankheiten mache.
Hier setze UNICEF an, der Betrieb von Wasseraufbereitungsanlagen sei ein wichtiger Teil der Arbeit. Außerdem leiste die Organisation psychologische Unterstützung und verteile die wenigen Hilfsgüter, die sie noch habe. Nachschub wäre nur fünf Kilometer entfernt, so Sprecher Elder, doch dürfe er nicht in den Gazastreifen gebracht werden.
Kritik an Verteilung der Hilfen durch die GHF
Insgesamt kämen nur etwa 5 bis 10 Prozent der nötigen Waren über die Grenze. "Die Blockade wurde nicht komplett aufgehoben", sagt Elder. Die Verteilung über die neue Gaza Humanitarian Foundation (GHF) sieht das UNO-Hilfswerk kritisch. Bei einer "Handvoll" Verteilzentren werde eine "winzige Menge" an Hilfsgütern ausgegeben. Die Bevölkerung werde in den Süden des Gazastreifens gedrängt, nur die "fittesten und stärksten" könnten die langen Wege auf sich nehmen. Elder: "Das ist keine humanitäre Hilfe."
Durch die Knappheit würden viele Lebensmittel am Schwarzmarkt landen. "Wenn man den Markt flutet, gibt es keinen Schwarzmarkt." UNICEF und andere Hilfsorganisationen hätten Verteilstellen und Erfahrung, um schneller und effektiver zu handeln. Bei der GHF käme es hingegen zu "Massakern" und "viel mehr Leid als zuvor". Einen Waffenstillstand fände Elder maßgeblich, nur dann könnten Geiseln nach Hause und Hilfe geliefert werden.
(Das Gespräch führte Jonatan Gerstbach/APA)
Zusammenfassung
- UNICEF-Sprecher James Elder berichtet, dass in den Krankenhäusern des Gazastreifens aufgrund fehlender Schmerzmittel Schreie von Kindern mit Amputationen zu hören sind.
- Nur etwa 5 bis 10 Prozent der benötigten Hilfsgüter erreichen den Gazastreifen, während die meisten Menschen unter Hunger, Wassermangel und Stromausfällen leiden.
- UNICEF kritisiert die ineffektive Verteilung der Hilfen durch die neue Gaza Humanitarian Foundation (GHF) und fordert einen Waffenstillstand, um die Versorgung zu verbessern.