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Tausende wollen Afghanistan auf dem Landweg verlassen

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Nach dem Ende der Luftbrücke aus Afghanistan wagen viele Menschen die Flucht auf dem Landweg. Am Übergang Islam Qala an der Grenze zum Iran drängten sich Tausende, teilten Augenzeugen am Mittwoch mit. An einem Grenzübergang zu Pakistan unweit des Khyber-Passes wartet laut einen pakistanischen Behördenvertreter eine große Zahl von Menschen darauf, dass die Tore geöffnet werden. Die militant-islamistischen Taliban ließen mit einer Regierungsbildung indes weiter auf sich warten.

Ein ehemaliger US-Militärvertreter erklärte, Überlandverbindungen seien riskant, aber zurzeit die einzige Möglichkeit zur Flucht. Nach der Machtübernahme der radikal-islamistischen Taliban Mitte August waren über 122.000 Personen ausgeflogen worden. Laut UNO könnten bis Jahresende bis zu eine halbe Million Menschen fliehen.

"Ich höre in den Nachrichten und von Verwandten, dass Tausende an der afghanischen Grenze zu Pakistan warten", sagte ein Mann, der einen US-Pass besitzt und für das amerikanische Militär gearbeitet hat. Seine Versuche, mit seinen sechs Töchtern in eine der Evakuierungsmaschinen zu gelangen, blieben erfolglos, wie er der Nachrichtenagentur Reuters mit Hilfe eines Übersetzers sagte. Die US-Botschaft habe nur ihm, aber nicht seinen Kindern die Ausreise zusagen können.

Das zentralasiatische Nachbarland hat die Aufnahme von 100.000 Flüchtlingen zugesagt. Wie aus dem Umfeld von privaten Evakuierungsmissionen verlautete, zieht es viele Afghanen auch nach Usbekistan. Das Land hat erklärt, Amerikanern und unter Umständen auch anderen Staatsangehörigen die Durchreise zu ermöglichen. Wie viele Menschen beide Ex-Sowjetrepubliken bereits ins Land gelassen haben, war zunächst unklar. Pakistan, wo bereits Hunderttausende Flüchtlinge aus Afghanistan untergekommen sind, hat nach Informationen aus Diplomatenkreisen zuletzt 2.000 Afghanen einmonatige Transit-Visa ausgestellt.

Mit einer Regierungsbildung ließen die Taliban indes weiter auf sich warten. Es gebe noch keine exakten Informationen über den Zeitpunkt, sagte Taliban-Sprecher Sabiullah Mujahid der dpa. Einer möglichen Beteiligung früherer Regierungsmitglieder erteilte ein hochrangiges Mitglied der Islamisten jedoch bereits eine Absage. "Wir versuchen, eine Regierung zu bilden, die sowohl intern als auch international unterstützt wird", sagte der Vizechef des politischen Büros der Taliban in Katar, Sher Mohammad Abbas Stanikzai. "Aber natürlich werden die Personen, die in den letzten 20 Jahren Ministerien unter ihrer Kontrolle hatten, nicht Teil der neuen Regierung sein", sagte Stanikzai im BBC-Interview am Dienstag.

Nahe dem Panjshirtal lieferten sich Widerstandskämpfer nach Angaben der Taliban in der Nacht erneut Gefechte mit den Islamisten. Die Provinz Panjshir ist die einzige von 34 Provinzen des Landes, die nach den Eroberungen der Taliban noch nicht unter Kontrolle der Islamisten steht. Verhandlungen hätten bisher keine "positiven Ergebnisse" gezeigt, sagte Mujahid.

Das Terrornetzwerk Al-Kaida gratulierte den Taliban unterdessen zur Machtübernahme und sprach mit Blick auf den US-Abzug aus dem Land von einem "historischen Sieg". Das "Generalkommando" Al-Kaidas verbreitete über seinen Propagandaflügel Al-Sahab am Dienstagabend eine zweiseitige Mitteilung. "Das afghanische Debakel Amerikas und der NATO markiert den Anfang vom Ende einer dunklen Ära westlicher Vorherrschaft und militärischer Besatzung islamischer Länder", hieß es. Das afghanische Volk sei aufgerufen, den Taliban zu vertrauen und sie zu unterstützen.

Die Taliban hatten von 1996 bis zu ihrem Sturz durch die US-geführten Truppen 2001 Afghanistan beherrscht und aus Sicht des Westens Menschenrechte massiv beschnitten. An der Spitze eines NATO-Bündnisses intervenierten die USA kurz nach den Anschlägen vom 11. September 2001. Unter Ex-Präsident Donald Trump handelten sie dann mit den Taliban den Abzug aus. Die Islamisten brachten das Land rasch wieder unter ihre Kontrolle.

ribbon Zusammenfassung
  • Nach dem Ende der Luftbrücke aus Afghanistan wagen viele Menschen die Flucht auf dem Landweg.
  • Am Übergang Islam Qala an der Grenze zum Iran drängten sich Tausende, teilten Augenzeugen am Mittwoch mit.
  • An einem Grenzübergang zu Pakistan unweit des Khyber-Passes wartet laut einen pakistanischen Behördenvertreter eine große Zahl von Menschen darauf, dass die Tore geöffnet werden.
  • Die Islamisten brachten das Land rasch wieder unter ihre Kontrolle.